01.06.2021 Aufrufe

flip-Joker_2021-06

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

10 KULTUR JOKER KUNST

Wie richtige Bilder

Das Museum für Neue Kunst Freiburg widmet Friedmann Hahn eine Ausstellung

Es war wohl nur eine Frage

der Zeit bis Friedemann Hahn

Bob Ross entdecken würde. Der

bekannte TV-Star hat unzählige

zu Hobbymalern gemacht. Jeder,

so war sein Credo, ist in der

Lage ein Bild zu malen. Und so

hat nicht nur er, sondern auch

die Besucher seiner Kurse und

die Zuschauer seiner Fernsehsendungen

unzählige kitschige

Sonnenauf- und -untergänge

sowie das bekannte Spektrum

idealtypischer amerikanischer

Landschaften reproduziert.

„Make it look like a real painting“

lautete sein Slogan. Diese

unerschütterliche Gewissheit

etwas zu schaffen, was wie ein

richtiges Bild aussieht, muss

für Maler zumindest ambivalent

sein. Bei Friedemann Hahn

jedoch kommt hinzu, dass der

ehemalige Dreher-Schüler

sich an Illusionisten aller Art

abarbeitet: Filmschaffende,

Literaten und die Landschaft.

Die Auseinandersetzung mit

unserem kulturellen Archiv einerseits,

andererseits wirkliche

Bilder zu schaffen, könnte eine

Lebensaufgabe sein.

Friedemann Hahn geriet vor

einigen Jahren dann doch in

eine Schaffenskrise. Er rettet

sich aus ihr durch das Schreiben,

was immer seine zweite

Lebensaufgabe war und durch

die Auseinandersetzung mit

Vorbildern. In der Ausstellung

Friedemann Hahn „Foresta

Nera“, die derzeit im Museum

für neue Kunst gezeigt wird,

sind also einige neue Arbeiten

zu sehen. Und auch die beiden

Bilder „Bergsee“ (2003) und

„Foresta Nera“ (2009) sind

darunter. Wüsste man nichts

von diesem Einfluss, man sähe

darin ein Exempel der malerischen

Mittel Friedemann

Hahns. Eine grüne, mit Ocker

und Blau durchzogene Fläche

durchbricht etwa in der horizontalen

Mitte das Bild. Vor

ihr scheinen die senkrechten

Pinselstriche zurückzutreten,

an denen kurze Zweige sind.

Die Grundfarbe ist von einem

tiefen Blau. Wer hier einen

Bergsee sehen will, sieht ihn,

doch man hat es eben auch mit

abstrakter Malerei zu tun. Die

kleine Einzelschau, die das Museum

dem Künstler widmet, der

lange mit dem Schwarzwald

verbunden war, ihn seit einigen

Jahren nun schon mit Norddeutschland

eingetauscht hat,

wirkt wie eine Studienausstellung.

Manche der Bilder lehnen

an Tischen ausgestellt an

der Wand, vor sich die entsprechenden

Kataloge zum Weiterlesen.

Und zugleich schafft sie

Zusammenhänge, etwa indem

sie seine malerischen Auseinandersetzungen

mit Filmplakaten

zusammen zeigt.

Das alles ist noch immer

großes Pathos. Man erinnere

sich an die Bilder erhabener

Kinomomente, die Friedemann

Hahn stürmisch und plakativ

malte. Nun sind sie anderen

Figuren gewichen, etwa dem

Kriminalautor Friedrich Glauser,

dem Mordopfer Elisabeth

Short, dem japanischen Autor

Yukio Mishima. Sie kannten

sich mit etwas aus, was vermutlich

nicht in Bob Ross‘ Wortschatz

vorkam, dem Scheitern.

Foresta Nera. Eine Ausstellung

zu ausgewählten Werken

von Friedemann Hahn. Museum

für neue Kunst, Marienstr.

10a, Freiburg. Di-So 10-17

Uhr, Do 10-19 Uhr. Bis 29. August.

Weitere Infos zur Corona-

Lage unter freiburg.de/museen

Annette Hoffmann

Friedemann Hahn: „Der Tod des Malers“, 2020

Foto: Ina Steinhausen

Der Untergrund als Erfahrungsraum

Die Galerie Marek Kralewski zeigt mit der Ausstellung „Raum ohne Fenster“ die Arbeiten des Künstlers Jochen Damian Fischer

Die Galerie Marek Kralewski

scheint aktuell sowohl

tagsüber als auch nachts geöffnet

zu sein. Von der Basler

Straße aus gesehen, zieht ein

beleuchteter Kreisausschnitt

die Aufmerksamkeit der Fußgänger

auf die rote Flügeltür

der Galerie im Innenhof. Der

ansonsten offene Ausstellungsraum

wirkt in diesen Tagen

kleiner, intimer und zum Teil

überraschend beklemmend.

In der aktuellen Ausstellung

„Raum ohne Fenster“ mit Arbeiten

von Jochen Damian Fischer

transportiert der Künst-

Schopfheimerstraße

2

ler die unwirtliche Umgebung

des urbanen Untergrundes in

die Räume der Galerie.

Aufgewachsen in der Subkultur

setzt sich der Künstler

schon seit Jugendjahren intensiv

mit gesellschaftlichen Themen

wie Isolation, Untergrund

und der Position des Menschen

in einer sich zunehmend von

ihm entfremdenden Umwelt

auseinander. Er begegnet den

sich aus diesem Themenkomplex

ergebenden existentiellen

Fragen mit einer unbequemen

und gattungsübergreifenden

künstlerischen Arbeit zwischen

Installation, Bildhauerei

und Architektur.

Dabei bedient er sich vornehmlich

an Elementen des

urbanen Umfeldes: Aus Materialien

wie Beton, Metall und

tiefschwarzer Offsetfarbe entstehen

in seinen Werken Parallelwelten,

die die Erlebniswelt

des Künstlers für sein Publikum

direkt erfahrbar machen.

Eine große, raumbestimmende

und -bildende Installation,

die eigens für diese Ausstellung

konzipiert wurde, teilt

Jochen Damian Fischer: „Höhle“ 2010

die Präsentationsfläche in zwei

separate Räume und entfaltet

in Verbindung mit der Projektion

der Arbeit subterran eine

ungeheure Sogwirkung. Über

die Eisenstufen der begehbaren

Installation gelangt man

in einen intim abgedunkelten

Raum, wo die Besuchenden atmosphärisch

beleuchtete Bronzearbeiten

erwarten. Sie sind

als eigenständige Kunstwerke

zu verstehen, welche das architektonische

Raumverständnis

des Künstlers verdeutlichen

Foto: Jochen Damian Fischer

und mit ihren einzigartigen

Raumkonzeptionen ein Wechselspiel

zwischen Partizipation

und Isolation anstoßen.

In der Ausstellung stellt Jochen

Damian Fischer jedoch

nicht nur aktuelle Werke vor,

sondern gibt anhand sorgfältig

ausgesuchter und kombinierter

Objekte auch einen Überblick

über sein abwechslungsreiches

und doch homogenes OEuvre.

So entführt der Blick in einen

Lichtbildbetrachter die Besuchenden

in die klaustrophobische

Enge eines Kanalrohrs

und bietet so die Möglichkeit,

die ansonsten unzugängliche

Arbeitshöhle zu erleben,

wo zerlaufene Quadrate aus

schwarzer Offsetfabe Erinnerungen

an archaische Höhlenmalereien

wachrufen. Diese

frühe Installation kontrastiert

der Künstler mit der Arbeit

„re-carré“. Die vier rechteckigen

Platten, grundiert mit

derselben Offsetfarbe, kombiniert

mit den Überresten

der zerstörten Arbeit „carré“,

bieten Anreiz über Wandel,

Symbiosen und Vergänglichkeit

zu sinnieren und spannen

so einen Bogen von den frühen

zu den aktuellen Werken des

Künstlers.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!