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Credit Suisse bulletin, 2007/02

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Credit Suisse Engagement 47<br />

Salzburg Wo die Kultur zu Hause ist<br />

Die Nachtseite<br />

der Vernunft<br />

Text: Andreas Schiendorfer<br />

Auf Peter Ruzicka folgt bei den Salzburger Festspielen Jürgen Flimm.<br />

Und was folgt, vom 27. Juli bis zum 31. August, auf das grosse Mozartjahr?<br />

Die neue künstlerische Leitung stellte kürzlich in Zürich den Freunden<br />

der Salzburger Festspiele das vielversprechende neue Programm vor.<br />

Jürgen Flimm und Eva Liebau – hier anlässlich<br />

der Programmpräsentation in Zürich –<br />

werden in den kommenden Jahren an den<br />

Salzburger Festspielen zweifellos für<br />

viele musikalische Höhepunkte sorgen.<br />

Foto: Keith Guenthardt<br />

Die Nachtseite der Vernunft: Diesen Titel<br />

haben Jürgen Flimm, der neue Intendant<br />

der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser,<br />

Konzert, und Thomas Oberender,<br />

Schauspiel, dem Sommerprogramm 20<strong>07</strong><br />

gegeben.<br />

Nach einer beschwerlichen Anreise aus<br />

Salzburg erläuterte uns Jürgen Flimm kürzlich<br />

in Zürich diese Titelwahl, sichtlich müde<br />

noch, doch ausführlich und überzeugend.<br />

Wenig später aber trat er im Zunfthaus zur<br />

Meisen den Freunden der Salzburger Festspiele<br />

bereits wieder in gewohnter Frische<br />

und Eloquenz entgegen. Ein Sprachgenie,<br />

immerfort Bezüge quer durch die Welt der<br />

Kultur schaffend, 66 Jahre alt, am 17.Juli<br />

genau genommen, ganz schön weise und<br />

ganz schön gewinnend.<br />

Abschied von Marie Zimmermann<br />

Doch manchmal beginnt man mit der Niederschrift<br />

eines Artikels etwas zu spät. Die<br />

Nachtseite der Vernunft, das ist plötzlich<br />

nicht mehr nur die Antwort Flimms auf das<br />

«Da ragione guidar si far», auf die vielen<br />

Opern von Mozart und anderen Komponisten,<br />

die mit Aufrufen an die Vernunft enden.<br />

Der Nachtseite ist, unter Depressionen leidend,<br />

vor wenigen Wochen Marie Zimmermann<br />

erlegen, die grosse Theater-Ermöglicherin,<br />

die designierte Nachfolgerin Jürgen<br />

Flimms als Intendantin der RuhrTriennale.<br />

Momente trauernder Besinnung.<br />

Es gehört indes zu den Stärken der<br />

Musik, gerade schwierige Situationen zu<br />

meistern und Brücken zu bauen, über die<br />

man ins Leben zurückfindet.<br />

Eva Liebau singt sich nach oben<br />

Sang nicht, im Zunfthaus zur Meisen, die<br />

österreichische Sopranistin Eva Liebau aus<br />

«Le nozze di Figaro» eine Arie der Susanna<br />

und bewies damit zukunftweisend, dass sie,<br />

die in Salzburg die Barbarina gibt, auch<br />

diese andere Rolle problemlos beherrscht?<br />

Und war es nicht köstlich, wie sie als Adele<br />

mit dem Herrn Marquis, Jürgen Flimm,<br />

kokettierte, ein keckes Fledermäuschen<br />

gewissermassen? Eva Liebau wird ihren<br />

Weg machen, sehr schnell wohl, doch<br />

braucht man dies in Zürich, wo sie seit 2004<br />

zum Ensemble des Opernhauses gehört,<br />

nicht weiter zu betonen.<br />

Auch Jürgen Flimm kennt man in der<br />

Schweiz natürlich bestens. In der letzten<br />

Saison inszenierte er in Zürich gleich drei<br />

Opern: «Fidelio», «Il Trionfo del Tempo e del<br />

Disinganno» und «La Traviata». In Salzburg ist<br />

Flimm ebenfalls seit 20 Jahren regelmässiger<br />

Gast. Dort begann er 1987 mit Raimunds<br />

«Der Bauer als Millionär», und von 20<strong>02</strong> bis<br />

2004 wirkte er als Schauspieldirektor.<br />

Premiere für «Benvenuto Cellini»<br />

Die Credit Suisse, die seit 2006 zu den<br />

Hauptsponsoren der Salzburger Festspiele<br />

zählt, unterstützt diesen Sommer insbesondere<br />

die 1838 in Paris uraufgeführte, in<br />

Salzburg aber noch nie gespielte Oper<br />

«Benvenuto Cellini» von Hector Berlioz.<br />

Auch hier dominiert die Nachtseite der Vernunft.<br />

Dazu Jürgen Flimm: «So kommt, was<br />

in der Oper kommen muss: Mord und Totschlag,<br />

Theater, Revolte und Gewalt – und<br />

zum Schluss gar: Kunst! Also alles, was die<br />

Schaubühne hergibt!» Allerdings bringt zuletzt<br />

der Deus ex Machina et Cathedra segnend<br />

Sanftmut und Ruhe in die taumelnden<br />

Gemüter der Nacht …<br />

Dieses «masslose Werk» wird ab dem<br />

10. August aufgeführt, und das Duo Valery<br />

Gergiev als Dirigent und Philipp Stölzl als<br />

Regisseur und Bühnenbildner – Stölzl machte<br />

sich mit Musikvideos einen Namen – wird<br />

ohne Zweifel dafür sorgen, dass die Nachtseiten<br />

in allen Farben ausgeleuchtet und<br />

ausgekostet werden. <<br />

www.salzburgfestival.at; ein Porträt<br />

von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler<br />

finden Sie im Bulletin Spezial «Nachfolge».<br />

Credit Suisse Bulletin 2/<strong>07</strong>

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