14.09.2021 Aufrufe

Filmakademie Baden-Württemberg Campus Magazin 21/22

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

SPOTLIGHT: 30 JAHRE FABW<br />

die Akademie für Technikfolgenabschätzung in Stuttgart.<br />

Sie hat zehn Jahre existiert, aber wirklich vor sich<br />

hingedämmert, bis sie irgendwann von einem Finanzminister<br />

liquidiert wurde. Jedenfalls hat das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

damals argumentiert: Wir haben jetzt<br />

gerade noch die Universität in Ulm und die Universität<br />

in Konstanz gegründet, das ist vielleicht ein bisschen<br />

viel für uns.<br />

Die Gründung der <strong>Filmakademie</strong> erfolgte also in einer<br />

Zeit der knappen Kassen im Land, auch bedingt durch<br />

die Kosten der Wiedervereinigung, an denen sich das<br />

Land beteiligen musste. Es gab jedoch immer eine kleine,<br />

aber sehr überzeugte Gruppe, die das Projekt unterstützt<br />

hat. Vor allen Dingen der Direktor des Wissenschaftsministeriums<br />

Dr. Ehrhardt und der Ministerialrat<br />

Dr. Bessey.<br />

Zur Klärung der Standortfrage war ich beim Stuttgarter<br />

Oberbürgermeister Rommel, der mir aber nur zwei<br />

weit auseinander liegende Bauplätze in Hedelfingen,<br />

ehemalige Gießereien, anbieten konnte. Dann wurde<br />

ich auf die Kasernen in Ludwigsburg aufmerksam gemacht,<br />

die ich mir ein paar Tage später mit dem damaligen<br />

OB Henke angeschaut habe. Mit Kasernen verbindet<br />

man ja in Deutschland nicht unbedingt einen ganz<br />

glücklichen Zustand. Aber es waren wertvolle und geeignete<br />

Gebäude. Mindestens vier Kasernen entsprachen<br />

meinen Vorstellungen. Wichtig war mir, nicht zu weit<br />

entfernt vom Stadtzentrum zu sein. Ich habe mich dann<br />

für die Mathilden-Kaserne und die anschließende Panzerkaserne<br />

entschieden. Von offizieller Seite wurde das<br />

auch akzeptiert und es hieß: Dann kommt die <strong>Filmakademie</strong><br />

eben nach Ludwigsburg, ins Exil, in die Provinz.<br />

Die Stuttgarter Nachrichten haben dann auch einen Artikel<br />

geschrieben mit der Headline: „Ein Professor der<br />

Kunstakademie und ein Ministerialbeamter wollen in<br />

Ludwigsburg die Landesmedienwüste bewässern.“<br />

Es gab also Widerstände, Spott und Hohn für die kühnen<br />

Pläne. Ich wurde zunächst durchaus als Phantast<br />

und Glücksritter apostrophiert. Das inzwischen erstellte<br />

72-seitige Konzept wurde allerdings vom Ministerium<br />

für Wissenschaft und Kunst gründlich analysiert<br />

und als sehr professionell, absolut sachkundig und aussichtsreich<br />

bezeichnet. Aus dem Staatsministerium hieß<br />

es: „Die Zeichen stehen jetzt auf Start.“ In einem funktionierenden<br />

Staat gibt es eben typische Zeitfenster, in die<br />

neue Ideen passen. Aber alle neuen Ideen haben auch<br />

Konkurrenten, Neider und Besserwisser und auch vernünftige<br />

Gegenargumente.<br />

12<br />

Politisch und finanziell war es also nicht ganz einfach<br />

in diesen Zeiten. Anders sah es mit der Technologie aus.<br />

Denn da fing es gerade mit der Computeranimation an.<br />

Auf einmal wurde alles digital und wir hatten schon einen<br />

Fuß in der Tür. Noch an der Kunstakademie hatte<br />

ich für ein Forschungsprojekt vom Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

1,2 Millionen Mark bekommen. Das war damals<br />

sehr viel Geld. Davon konnten wir einen Animationscomputer<br />

aus England kaufen. Der wurde sogar, ohne<br />

dass es die <strong>Filmakademie</strong> schon gab, in Ludwigsburg<br />

aufgestellt, in der Firma TC Studios. Dort hat Thomas<br />

Haegele (erster Leiter der Animationsabteilung an der<br />

FABW, Anm. d. Red.) gearbeitet, einer meiner ehemaligen<br />

Studenten aus Wuppertal und später auch Assistent<br />

an der Kunstakademie Stuttgart. Als die <strong>Filmakademie</strong><br />

gegründet wurde, habe ich ihn als ersten Lehrenden an<br />

das Institut geholt. Andreas Hykade (heutiger Leiter des<br />

Animationsinstituts, Anm. d. Red.) war ebenfalls Student<br />

an der Kunstakademie und einer von denen, die mit mir<br />

nach Ludwigsburg mitgingen, um an der <strong>Filmakademie</strong><br />

zu studieren.<br />

Wir waren die ersten an einer Filmhochschule, die ein<br />

solches Gerät hatten. Man hat gestaunt, was dieser Computer<br />

alles kann, aber auch, wie kompliziert die Arbeit<br />

mit dem Computer war. Aber man konnte Animationsfilme<br />

machen, die man anders, also handmade, niemals<br />

hätte realisieren können.<br />

Glauben Sie, dass ein solcher Coup unter den heutigen<br />

wirtschaftlichen und politischen Bedingungen noch einmal<br />

möglich wäre?<br />

Einerseits wäre es nicht möglich, weil die Zeiten für solche<br />

Ideen immer anders sind. Heute könnte man keine<br />

<strong>Filmakademie</strong> gründen in der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Weil es genug gibt und eine Gründung deshalb<br />

nicht verständlich wäre. Aber auf der anderen Seite ist<br />

damit ja nicht erledigt, dass irgendjemand eine Akademie<br />

gründet, die nicht gerade dasselbe Thema hat. Aber<br />

derjenige muss kompetent sein und muss ein Konzept<br />

machen können, das funktioniert. In einem einigermaßen<br />

intakten Staat muss es immer möglich sein, dass<br />

Neues entsteht. Das gehört dazu, sonst schläft er ein.<br />

Der Staat muss nur die vielen Schaumschläger abhalten.<br />

Denn in den Ministerien liegen Schränke voller substanzloser<br />

Ideen herum.<br />

Ich habe mein Konzept für eine <strong>Filmakademie</strong> so niedergeschrieben,<br />

wie sie dann später auch realisiert wurde.<br />

Das hat den Überprüfungen über die Jahre standgehalten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!