Filmakademie Baden-Württemberg Campus Magazin 21/22
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und künstlerisch weitergebracht, sondern auch das Miteinander<br />
innerhalb der Gruppe gestärkt haben. Wir Studierende<br />
haben also nicht nur von den Professor*innen<br />
gelernt, sondern auch viel voneinander.<br />
Cata: Wir waren zwar immer sehr konzentriert auf unsere<br />
eigenen Projekte, aber durch unsere Freundschaft<br />
wussten wir, was die andere macht und mit welchen<br />
Themen sie sich beschäftigt. Wir haben uns oft ausgetauscht<br />
und über die Themen der Projekte gesprochen.<br />
Der Raum, den uns die Aka gegeben hat, um unsere<br />
Filmprojekte zu entwickeln, war groß, geschützt und erfüllt<br />
von Wissen, Austausch und Betreuung.<br />
Ihr habt 2010 und 2011 eure Regie-Diplome abgelegt.<br />
Wie habt ihr euer Studium an der FABW empfunden?<br />
War es eine von Männern dominierte Erfahrung oder<br />
spielte das eher eine geringe Rolle in eurer Ausbildung?<br />
Silvana: Zu Beginn unseres Studiums herrschte vor allem<br />
Aufbruchstimmung - wir wollten Stoffe entwickeln,<br />
drehen und uns ausprobieren. Die <strong>Filmakademie</strong> hat dafür<br />
die Grundlage geschaffen und uns viel Freiraum geboten.<br />
Das Studium an sich war nicht immer einfach<br />
und wir standen natürlich unter Druck, uns als Filmemacher*innen<br />
zu beweisen. Aber die Möglichkeiten waren<br />
riesig.<br />
Was bei unseren Kommilitonen auffiel, war, dass Männer<br />
besser im Netzwerken waren und dass wir Frauen<br />
eher außen vor blieben. Sehr früh im Studium haben<br />
sich bereits Männer-Teams gebildet, die heute noch zusammenarbeiten.<br />
Auf der anderen Seite bin ich überzeugt<br />
davon, dass die <strong>Filmakademie</strong> einem alle Tools in<br />
die Hand gibt, um aus dem Studium das Maximale herauszuholen<br />
und den eigenen Weg zu gehen - egal ob<br />
Mann oder Frau. Dass das aber nicht jedem und jeder<br />
gelingt und die Frauen hier überrepräsentiert sind, hat<br />
vielfältige Gründe. Diese wurden ja auch in den letzten<br />
Jahren sehr genau studiert und analysiert: Oft wird es<br />
darauf geschoben, dass Frauen weniger Selbstbewusstsein<br />
hätten und die Familienplanung vorgeht. Hier ist<br />
ein Test des Schweizer „Migros-Kulturprozent Story Lab“<br />
interessant. Es geht darum, wie sich Jurys entscheiden,<br />
wenn sie nicht wissen, ob eine Frau oder ein Mann das<br />
Drehbuch geschrieben hat. Durch eine Anonymisierung<br />
wurden plötzlich genauso viele Frauen wie Männer gefördert.<br />
Das war zuvor nicht der Fall. Das heißt, in den<br />
Jurys gibt es offensichtlich Vorbehalte gegenüber Frauen.<br />
Es liegt also nicht an der Haltung der Frau zu ihrem Job<br />
oder ihrem Privatleben.<br />
Cata: Ich komme aus Kolumbien, einer Macho-Kultur<br />
per se. Als ich in Deutschland ankam, war für mich zunächst<br />
alles ein Gleichstellungs-Paradies: Männer wussten,<br />
wie man kocht, Wäsche wäscht, sein Zimmer aufräumt<br />
(oder auch nicht) und sein eigenes Essen einkauft.<br />
Deshalb war das Thema zu Beginn meines Studiums an<br />
der <strong>Filmakademie</strong> nicht besonders präsent. Im Laufe<br />
der Jahre stellte ich jedoch fest, dass, obwohl mehr als<br />
50 % der Studierenden Frauen waren, die männlichen<br />
Studenten sichtbarer waren, mehr Unterstützung erhielten<br />
oder mehr präsentiert wurden. Ich erkannte, dass<br />
sie wussten, wie sie für sich werben, sich verkaufen und<br />
ihre Projekte präsentieren müssen. In diesem Moment<br />
war mir auch klar, dass all dies einem globalen Sozialverhalten<br />
entspricht. Auch hier, in der ersten Welt, in der<br />
mir die Geschlechter anfangs so gleichgestellt erschienen,<br />
hatte man den Frauen beigebracht, einen Schritt<br />
zurückzubleiben. Und den Männern, den Schritt nach<br />
vorne zu tun.<br />
Auch an der FABW hat sich in den letzten Jahren viel getan,<br />
um Gendergerechtigkeit zu leben. Neben Programmen<br />
wie „Gender in Progress“ oder einem „Leitfaden<br />
Gendergerechtigkeit“ gibt es auch eine Gleichstellungsbeauftragte<br />
für die Belegschaft und eine Vertrauensperson<br />
für die Studierenden. Hättet ihr euch solche Programme<br />
auch während eures Studiums gewünscht?<br />
Cata: Solche Programme hätte ich herzlich begrüßt! Leider<br />
war das kein Thema, als wir studiert haben. Aber<br />
es geht nicht nur um Programme für Frauen. Ich denke,<br />
vor allem Männer müssen sensibilisiert werden. Wir<br />
sind alle in einer von Männern gemachten und durchdachten<br />
Welt groß geworden. Wir sind aber viel mehr<br />
als nur Männer oder Frauen, wir sind Menschen mit unterschiedlichen<br />
Hautfarben, Kulturen, Religionen, Weltanschauungen,<br />
Glaubensrichtungen, Geschmäckern<br />
und Vergangenheiten. Meiner Meinung nach müsste ein<br />
Verständnis für unsere Verschiedenheiten und Einzigartigkeiten<br />
in Schulen und Hochschulen geschaffen werden.<br />
Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit und der Gründung<br />
von SOILFILMS?<br />
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