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Filmakademie Baden-Württemberg Campus Magazin 21/22

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FABW INSIDE – MEET THE STAFF<br />

gewissem Maß ein Vertrauensbildungsprozess notwendig<br />

– gerade bei den häufig externen Projektbeteiligten.<br />

Die zweite große Wandlung kam sicher mit dem Internet<br />

und Plattformen wie YouTube, vor allem durch die<br />

Tutorial-Kultur à la „Frag nicht mich, sieh dir Tutorial<br />

XY an und komm in 10 Minuten wieder!“ Entsprechend<br />

nimmt auch das manchmal nicht ganz ungefährliche<br />

Halbwissen zu…<br />

Die ersten Jahre waren aus heutiger Sicht schon eher<br />

chaotisch oder zumindest mit sehr vielen ungeregelten<br />

Vorgängen verbunden, sicher aufgrund des Neuen für<br />

uns alle, auch etwas emotionaler und leidenschaftlicher.<br />

Aber solche Gründungsphasen bedürfen wirklich jungen<br />

Personals, so wie ich es damals auch war. Sonst übersteht<br />

man das nicht, allein körperlich. Da sind wir wieder<br />

beim Pyramidenbau.<br />

Dank Corona hast Du seit einigen Monaten eine neue<br />

Aufgabe an der FABW als Hygienebeauftragter. Was genau<br />

beinhaltet dieses Jobprofil?<br />

Außer dem ganzen Technik-Profil fallen auch die Arbeitssicherheitsthemen<br />

in meinen Bereich und als „Arbeitsschützer“<br />

ist so ein Corona-Virus erstmal ganz trocken<br />

ein biologischer Gefahrstoff. Gefahrenabwehr<br />

hierzu sehe ich als selbstverständlichen Teil meiner Aufgabe<br />

- und schon hat man den Job. Welche Aufwände<br />

und Ausmaße das Ganze annimmt, war ja wie bei der<br />

ganzen Pandemie nicht vorhersehbar.<br />

Zuerst mal ging es in der aufgekratzten semi-panischen<br />

Stimmung ab April 2020 darum, unser Haus und unsere<br />

Abläufe zu ertüchtigen und dennoch eine größtmögliche<br />

Präsenz vor allem für die längst geplanten Produktionen<br />

praktisch umzusetzen, und das bei einer zunächst<br />

äußert diffusen Regularien-Lage. Da ging es unter großem<br />

Zeitdruck natürlich um die Erstellung passender<br />

Hygienekonzepte und darum, eine Struktur für die Produktionsarbeiten<br />

zu schaffen, um diese unter den neuen<br />

Bedingungen umsetzen zu können. In der ersten Welle<br />

mussten selbst die Bücher „desinfiziert“ werden, d.h.<br />

man musste teilweise in Stoffe eingreifen und Änderungen<br />

veranlassen, da diese, was Nähe und Kontakt anbelangt,<br />

erstmal so nicht umsetzbar waren.<br />

Von der Technik kommend, habe ich natürlich auch die<br />

ganzen Hardware-Themen „an der Backe“, vom tropfenden<br />

Handdesinfektionsmittelspender bis zu den doch<br />

beträchtlichen Investitionen in die Luftfiltergeräte, deren<br />

Support und Einsatz und Ähnliches.<br />

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Die Schulung der hauseigenen „Hygienebeauftragten“,<br />

die wiederum an den Sets für den Infektionsschutz sorgen,<br />

war enorm aufwändig, hat sich aber ebenso gelohnt.<br />

Einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass wir bisher<br />

relativ glimpflich durch diese Zeiten gekommen sind,<br />

hat sicher auch das bewusste, umsichtige und eben geführte<br />

Handeln an den Sets.<br />

Mit den Möglichkeiten der Schnelltests Anfang des Jahres<br />

kam ein neues wirksames Werkzeug „in die Kiste“.<br />

Die Organisation bis hin zur praktischen Durchführung<br />

ist ein weiteres „Add-on“.<br />

Ich hätte nie gedacht, den Mitarbeitenden und Studierenden<br />

mal so nahe zu kommen - manchmal bis zur Rachenwand.<br />

Überhaupt hat diese Tätigkeit durchaus quasi<br />

seelsorgerische Elemente. Wir befinden uns in einer<br />

Krisensituation, und da muss auch in so mancher Projektbesprechung<br />

einiges an Sorge und Bedenken aufgefangen<br />

werden.<br />

Da liege ich aber durchaus im Trend, im berufsgenossenschaftlichen<br />

Regelwerk (gesetzliche Unfallversicherung),<br />

namentlich in der „DGUV Information 206-017“ ist der<br />

betriebliche „Kümmerer“ definiert.<br />

Sind die Studierenden, Dozierenden und die Belegschaft<br />

einsichtig, wenn Du mit den ganzen Vorschriften um die<br />

Ecke kommst? Oder hattest Du auch schon mit Widerständen<br />

zu tun?<br />

Hier bildet sich Vieles ab, was auch im sonstigen gesellschaftlichen<br />

Leben an Befindlichkeiten auftaucht. Wir<br />

haben uns alle neu kennengelernt, mit der Krise ist es<br />

ähnlich wie mit Geld. Zuviel davon verdirbt nicht den<br />

Charakter, sondern verstärkt ihn nur.<br />

Während mein „Meister für Veranstaltungstechnik oder<br />

Fachkraft für Arbeitssicherheit“ klar zuzuordnende Begrifflichkeiten<br />

sind, ist „Hygienebeauftragter“ eher was<br />

Abstraktes. Durch die Notwendigkeiten meiner Tätigkeit<br />

gibt es natürlich auch Friktionen. Ich bekomme<br />

dann schon mit, wenn von „der Hyäne, dem Popelpapst,<br />

Großdesinfektor oder Maskenmarshall“ geunkt wird.<br />

Ich versuche aber, so gut es geht, mit Maßhalten und<br />

Pragmatismus die ganzen Hygienemaßnahmen hier leben<br />

zu lassen, meistens langt dann schon die umfassende,<br />

Hintergründe erläuternde Information. Manchmal<br />

jedoch war die „Breitseite“ notwendig, das hat dann<br />

durch ein Vierteljahrhundert Lagerarbeit schon den entsprechend<br />

wirksamen Klang. So eine Pandemie kann ja<br />

auch mal richtig schiefgehen ... last man standing.

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