Filmakademie Baden-Württemberg Campus Magazin 21/22
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Dreharbeiten zu DOS DE TERCIOPELO<br />
Silvana: Das ist schwer zu sagen. Ich habe zum Teil in<br />
Nordafrika mehr Gleichberechtigung zwischen Männern<br />
und Frauen vor und hinter der Kamera erlebt als<br />
in Deutschland. Das ist sicher nicht in jedem Bereich so,<br />
aber Deutschland hinkt in Richtung Chancengleichheit<br />
auch den meisten europäischen Ländern hinterher, daher<br />
ist das nicht überraschend.<br />
Cata: Ich kann nur über den lateinamerikanischen Markt<br />
sprechen und hier ist die Chancengleichheit nicht größer<br />
als in Deutschland. In Deutschland gibt es aber ein<br />
Bewusstsein dafür und es wird aktiv versucht, etwas zu<br />
verändern. In Lateinamerika fängt man gerade erst an,<br />
darüber zu reden. Es fehlen Initiativen, Verbände, organisierte<br />
Gruppen, Mentoring-Programme...<br />
Was wäre eure Forderung, was sich in der Filmbranche<br />
im Verhältnis Mann-Frau schleunigst ändern sollte?<br />
Silvana: Es gibt immer noch zu wenig Frauen, die sich<br />
trauen, selbst Firmen zu gründen und Filme zu produzieren.<br />
Und das, obwohl viele Frauen Produktion studieren.<br />
Es ist aber sehr wichtig, dass Frauen in Führungspositionen<br />
arbeiten, ohne einen Chef über sich zu haben.<br />
Ich habe bei einem tollen Workshop des EPI (Erich Pommer<br />
Institut, Anm. d. Red.) für Frauen in Führungspositionen<br />
teilnehmen dürfen. Von 15 Frauen war ich die<br />
Einzige, die ihre eigene Firma hatte und damit ihr Leben<br />
bestreitet. Alle anderen waren angestellt bei Firmen,<br />
die von Männern gegründet wurden. Doch auch Frauen<br />
wollen unabhängig arbeiten, sie können sich das aber<br />
nicht vorstellen, weil ihnen schlichtweg die Perspektive<br />
und die Aussicht auf Erfolg fehlen. Darüber hinaus<br />
sollte nicht nur der Nachwuchs gefördert werden, sondern<br />
auch erfahrene Filmemacherinnen. Gleichstellung<br />
heißt nicht, nur junge Frauen zu unterstützen, sondern<br />
auch Frauen, die Erfahrung mitbringen, aber im Laufe<br />
ihrer Karriere noch keinen Zugang zu lukrativen Jobs<br />
bekommen haben. Insgesamt sollten mehr unabhängige<br />
Produktionsfirmen - egal ob männlich oder weiblich geführt<br />
- gefördert werden. Das Wort “Förderung” impliziert<br />
ja, dass es um Unterstützung geht, und wer braucht<br />
diese mehr als die unabhängigen Produktionshäuser?!<br />
Cata: Sowohl für Fernsehredaktionen wie für geförderte<br />
Filme sollte es eine Art Quote geben, die direkt proportional<br />
zur Anzahl der von Frauen und Männern eingereichten<br />
Projekte steht. Diese Art von Quote muss auch<br />
in der Führungsspitze der Fernsehsender sowie in den<br />
Redaktionen, Auswahlkommissionen und Jury-Teams<br />
der Filmförderungen vorhanden sein. Wir müssen garantieren,<br />
dass eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern<br />
entscheidet, was produziert wird. Das wäre schon<br />
mal ein Anfang.<br />
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