der motor – Ausgabe 5/21 – Kommunikation für die Branche
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Bei Raketen<strong>motor</strong>en, auch Triebwerke<br />
genannt, wird <strong>die</strong> Antriebskraft<br />
(Schub) durch Ausstoßen von Stützmasse<br />
erzeugt, welche entgegen <strong>der</strong><br />
Antriebsrichtung erfolgt. Raketentriebwerke<br />
saugen keine Materie von<br />
außen an und stoßen <strong>die</strong>se auch nicht<br />
beschleunigt wie<strong>der</strong> aus. Aus <strong>die</strong>sem<br />
Grund funktionieren sie auch unabhängig<br />
von den Umgebungsbedingungen<br />
in einem Vakuum.<br />
Wie in keinem an<strong>der</strong>en Bereich, wird<br />
in <strong>der</strong> Luft- und Raumfahrt hart an einer<br />
ständigen Verbesserung gearbeitet.<br />
Das DLR leistet hier durch seine<br />
Tests Pionierarbeit und beeinflusst<br />
maßgeblich viele zukunftsweisenden<br />
Technologien, welche <strong>die</strong> Menschheit<br />
irgendwann im täglichen Gebrauch<br />
hat. Dabei geht es nicht nur darum <strong>die</strong><br />
Effizienz des Triebwerks deutlich zu<br />
steigern, son<strong>der</strong>n auch um effiziente<br />
Kostenreduzierung bei <strong>der</strong> Nutzung<br />
<strong>die</strong>ser Triebwerke.<br />
Der VULCAIN ® -Prüfstand P5 ist ein<br />
turmähnlicher Betonbau und ist mit<br />
65 Metern das höchste Gebäude am<br />
DLR-Standort Lampoldshausen. Er ist<br />
einer <strong>der</strong> beiden größten Prüfstände <strong>für</strong> kryogene Raketenantriebe<br />
in Europa und wurde 1988-1990 im Rahmen<br />
des ESA-Ariane-5-Programms erbaut. Für <strong>die</strong> Tests des<br />
VULCAIN ® 2.1-Triebwerk<br />
während eines Tests<br />
aktuellen Hauptstufenantriebs wurde <strong>die</strong> Anlage mo<strong>der</strong>nisiert.<br />
Die Leistung, welche durch einen solchen Prüfstand<br />
erbracht wird, ist enorm. Umgesetzt werden hier<br />
alle Bodenversuche an kompletten Antriebssystemen,<br />
unter simulierten Flugbedingungen bei vollem Schub,<br />
sowie bei Teil- und Überlast. Bei <strong>der</strong> Versuchsdauer gibt<br />
es Grenzen, in <strong>die</strong>sem Fall maximal 15 Minuten <strong>für</strong> ein<br />
Triebwerk mit 1.200 Kilonewton Schub. Dabei ermöglicht<br />
<strong>die</strong> strukturelle Schubgrenze Versuche mit Antriebssystemen<br />
bis zu 4.000 Kilonewton.<br />
Am 22. Januar 2018 stellten <strong>die</strong> Ingenieure des Deutschen<br />
Zentrums <strong>für</strong> Luft- und Raumfahrt (DLR) das von<br />
<strong>der</strong> ArianeGroup entwickelte Triebwerk im Prüfstand P5<br />
in Lampoldshausen erstmals erfolgreich auf <strong>die</strong> Probe.<br />
Insgesamt waren <strong>für</strong> <strong>die</strong> erste Testkampagne zwölf Versuche<br />
geplant.<br />
Das aktuelle Triebwerk VULCAIN ® 2.1 <strong>–</strong> mit einem im<br />
3D-Druck gefertigten Gasgenerator, einer neu konstruierten,<br />
vereinfachten Düse und <strong>der</strong> Zündung <strong>der</strong> Brennkammer<br />
mit einem Bodensystem <strong>–</strong> ist sowohl kostengünstiger als<br />
auch effizienter. Mit dem Hochleistungstriebwerk ist es<br />
möglich, mit <strong>der</strong> Ariane 6 in den ersten acht Flugminuten<br />
eine Höhe von 150 Kilometern sowie eine Geschwindigkeit<br />
von über 25.000 km/h zu erreichen.*<br />
Der P5 setzt sich aus einem ganzen Komplex zusammen,<br />
dabei sind mehrere Nebenanlagen mit <strong>der</strong> Testzelle<br />
verbunden. Flüssigkeiten werden über unterirdische<br />
Rohrleitungen von den Zwischen- zu den Fahrtanks geleitet.<br />
Dadurch ist es möglich, <strong>die</strong> Anlieferung von Brennstoff<br />
und Oxidator getrennt vom eigentlichen Prüfstand<br />
*Nur 10% <strong>der</strong> Triebwerksleistung wird gebraucht, um <strong>die</strong><br />
Höhe zu erreichen <strong>–</strong> aber 90% <strong>für</strong> <strong>die</strong> Geschwindigkeit.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 5/20<strong>21</strong><br />
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