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Kunst KULTUR JOKER 13

Fern der Städte

Das Kunstmuseum Basel zeigt Camille

Pissarro als einen Begründer der Moderne

Es würde zu kurz greifen,

Camille Pissarro, dem Maler

des Ländlichen, Edgar Degas,

dem Maler der Stadt gegenüberzustellen.

Pissarro konnte

beides und als er in den 1890er

Jahren sich für Wochen und

Monate in Hotels einmietete,

um etwa den Boulevard Montmartre

oder die Seine-Kais

von Rouen zu malen, machte

sich dies für Pissarro durchaus

bezahlt. Die Bilder, die von der

Dynamik und Lebenslust der

Städte gespeist waren, Handel

und Mobilität vorführt, waren

ein kommerzieller Erfolg.

Erstmals litt die große Familie

keine wirtschaftliche Not.

Doch der 1830 geborene

Camille Pissaro begann seine

künstlerische Laufbahn mit

dem Widerstand gegen Autoritäten.

Wäre es nach seinen Eltern

gegangen Camille Pissaro

hätte das Geschäft der Familie

auf der Antilleninsel St. Thomas

übernommen. Doch so

zog Pissarro 1855 nach Paris,

um zu malen. Dort bemühte er

sich nicht etwa um Anschluss

an der Akademie oder eine

bekannte Schule, sondern besuchte

die Académie Suisse,

die trotz ihres Namens ein offenes

Atelier war. Hier lernt er

Claude Monet, Paul Cézanne

und Armand Guillaumin kennen.

Es ist kein Zufall, dass

im Kunstmuseum Basel viele

Szenen aus dem bretonischen

Dorf Montfoucault zu sehen

sind. Mit seiner Familie verbrachte

er viel Zeit bei dem

Maler Ludovic Piette, mit

dem er befreundet war. Vielleicht

liegt es an dieser Liebe

zum Ländlichen, was ihn im

Vergleich zu seinen Kollegen

weniger bekannt werden ließ.

Sein Misstrauen gegenüber

der herrschenden Meinung

sollte sich immer wieder äußern.

So war Camille Pissarro

ein überzeugter Anarchist, der

die Bewegung auch durch Bilderspenden

unterstützte und

er nahm Partei in der Dreyfus-

Affäre ein, 1894 flieht Pissarro,

der selbst aus einer jüdischen

Familie stammte, nach Belgien,

kann jedoch bald wieder

nach Frankreich zurückkehren.

Und nicht zuletzt ist es

seine impressionistische Malweise,

die sich vom vorherrschenden

akademischen Stil

unterschied.

In Hotelzimmern zu malen,

wäre Pissarro lange nicht in

den Sinn gekommen. Tatsächlich

hatte er im Alter Probleme

mit den Augen bekommen,

und auch zuvor schon als er

die pointillistische Malweise

annahm, zog er sich zum

Arbeiten ins Atelier zurück.

Doch Camille Pissarro war

eigentlich überzeugter Pleinair-Maler,

ganz im Sinne des

Impressionismus. 1873 etwa

malt er ein Kohlfeld, das aufgrund

des „nicht bildwürdigen

Motivs“ auf Ablehnung stößt.

Der Titel der Ausstellung im

Kunstmuseum Basel „Das

Atelier der Moderne“ geht daher

ein bisschen fehl. Es gibt

sie die Kooperationen mit Edgar

Degas und Mary Cassatt

(mehr von ihr ist derzeit in der

Fondation Beyeler zu sehen).

Das Trio schafft Drucke, aber

auch Entwürfe für Fächer, die

sich auf das städtische Leben

beziehen. Doch Pissarros Atelier

ist eigentlich das Land. Er

malt Frauen bei der Apfelernte,

Camille Pissarro: „Portrait de Félix Pissarro“, 1881, Öl auf Leinwand,

Offene Werkstatt

© Tate Images

eine Mutter, die mit der Feldarbeit

beschäftigt ist mit ihrem

Kind, eine Frau mit einem ausgesucht

hübschen Kopftuch.

Die charakteristischen, kegelförmigen

Heuhaufen, wie sie

auch Monet gemalt hat. Ein

bisschen scheint es, als hätten

die Menschen in Paris Freizeit,

die sie mit Theater, Restaurantbesuchen,

Feiern verbrächten,

während das Leben auf dem

Land ausschließlich aus Arbeit

besteht. Pissarro wird sich

dieser Bedeutung bewusst gewesen

sein. Eine anonyme Fotografie

zeigt ihn und weitere

neun Familienmitglieder auf

einem Heuhaufen sitzend und

lagernd. Das Landleben war

nicht nur ein idyllisches Motiv,

es trug auch zum Lebensunterhalt

der Familie bei.

Was die Basler Ausstellung

veranschaulicht, ist der enge

Zusammenhalt der Impressionisten,

die sich draußen zum

Malen trafen und oft die Staffelei

nebeneinander aufstellten.

Indem das Kunstmuseum

Basel nicht ausschließlich

Werke von Pissarro zeigt, sondern

auch Vergleichsbeispiele

seiner Kollegen, wird deutlich,

was ihn auszeichnete: den

Menschen in der Landschaft

und eine Malweise, die oft

flächiger ist als die der anderen

Impressionisten. Da sind

Verwandtschaften, doch wie

Pissarro etwa Stillleben mal,

in Basel ist eine Reihe mit

Chrysanthemen in einer chinesischen

Vase, mit Birnen sowie

Äpfeln vor immer der gleichen

Tapete mit dem Rosenmuster,

sollte man gesehen haben.

Camille Pissarro, Das Atelier

der Moderne. Kunstmuseum

Basel, St. Alban-Graben

16, Basel. Dienstag bis Sonntag

10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch

10.00 bis 20.00 Uhr. Bis

23. Januar 2022.

Annette Hoffmann

Fr–So, 05.–07.11.2021, 12–18 Uhr

Fr–So, 12.–14.11.2021, 12–18 Uhr

und nach Absprache jederzeit möglich

Mit Arbeiten von

Sebastian Derksen, München

Im großen Atelierraum mit Hygienekonzept

können wir uns sicher begegnen.

Ich freue mich auf Sie!

Camille Pissarro: „Les Glaneuses“, 1889, Öl auf Leinwand,

© Kunstmuseum Basel - Jonas Haenggi

Burgdorfer Weg 19, 79108 Freiburg

Tel: 0761–2859954, info@saskia-derksen.de

www.saskia-derksen.de

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