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Die MUNDOLOGIA-Vorträge sind zurück! November 2021 bis März 2022
REINHOLD MESSNER: 15. & 16. November
Die Bergsteigerlegende live im Konzerthaus Freiburg
Er gehört zu den größten und bekanntesten Abenteurern und Bergsteigern unserer Zeit. Auf Einladung der
MUNDOLOGIA kommt Reinhold Messner für zwei Abende ins Konzerthaus nach Freiburg. In seiner neuen
Live-Show setzt er sich noch einmal mit dem Nanga Parbat - seinem Schicksalsberg auseinander. Wir
haben im Vorfeld ein Interview mit ihm geführt.
Herr Messner, Sie haben kürzlich
Ihren 77. Geburtstag gefeiert.
Hätten Sie gedacht, dass Sie
so alt werden?
Nein, ich habe in meiner starken
Zeit gedacht, wenn ich 40
werde, wäre das ein Glück.
Über die 40 Jahre hinaus habe
ich lange Zeit nicht gedacht
und damals auch in keine Pensionskasse
eingezahlt. Aber
inzwischen bin ich ein braver
Bürger geworden, der ab und
zu ein kleines Abenteuer wagt.
Was braucht ein Abenteurer, um
alt zu werden?
Ich habe viel Glück gehabt, das
spielt auf jeden Fall eine Rolle.
Andere hatten weniger Glück.
Aber ich gehe auch nur dann
los, wenn ich sehr gut vorbereitet
bin. Denn ich bin ein sehr
vorsichtiger Mensch, das glaubt
zwar niemand, aber das ist so.
Trotzdem bleibt natürlich immer
ein Restrisiko.
Aber da gab es doch folgendes
Ereignis: Bei der Besteigung des
Mount Everst im August 1980
sind Sie in eine Gletscherspalte
geraten und haben sich geschworen:
Wenn ich wieder
rauskomme, kehre ich um. Sie
sind herausgekommen - und
Reinhold Messner, Nanga Parbat.
weiter gen Gipfel gestiegen.
Warum?
Weil die Motivation in diesem
Moment viel stärker war, als die
Verzweiflungsentscheidung da
unten in der Gletscherspalte
Verraten Sie uns Ihre größte
Schwäche?
Ich habe jede Menge Schwächen.
Zum Beispiel bin ich sehr
fokusiert auf neue Ziele und
Herausforderungen. Dadurch
haben es die Mitmenschen um
mich herum manchmal nicht
einfach.
Welcher ist für Sie der größere
Glücksmoment: wenn Sie den
Gipfel erreicht haben, oder
wenn Sie wieder heil im Tal
sind?
Wenn ich heil zurück im Tal und
in Sicherheit bin. Wir Menschen
brauchen Sicherheit, das war
schon immer so. Aber die meisten
Staaten sind nicht mehr in
der Lage, ihren Bürgern Sicherheit
zu geben. Wir sind derzeit
in einer unguten Lage auf dieser
Welt, es gibt Spannungen
wie selten zuvor. Und wir Europäer
wissen nicht, wohin wir uns
orientieren sollen. Alles driftet
auseinander.
Was halten Sie davon, dass es
in den Bergen immer mehr Tourismus
gibt?
In den wirklichen Bergen gibt
es weniger Tourismus als früher.
Die meisten Kletterer sind
heute in der Halle. Es gibt zwar
viel mehr Wanderer als früher,
aber die machen nichts kaputt.
Die Alpen gehen nicht kaputt
wegen der Wanderer, sondern
weil es in den großen Ballungszentren
viel Verkehr und Energieverbrauch
gibt. Und wenn
behauptet wird, die Alpen seien
überlaufen, dann sage ich:
das ist nur an wenigen Stellen
so, 99 Prozent der Alpen sind
kaum überlaufen. Ich treffe nie
jemanden, wenn ich auf den
Berg gehe.
Was denken Sie darüber, dass
eher ungeübte Bergwanderer
inzwischen die höchsten Gipfel
ansteuern?
Der Mount Everest wird jedes
Jahr präpariert für den Massentourismus.
Da gehen 150
Sherpa hin und bauen eine Piste,
sonst würden die Leute gar
nicht hochkommen. Und in jedem
Lager gibt es einen Koch.
Ich beschreibe lediglich wie die
Situation ist, ich bewerte sie
nicht. Für alle Aktivitäten am
wilden Berg gilt: wir gehen da
hin, wo der Mensch nicht hingehört.
Die Natur ist dort die
Gesetzgeberin und die ist erbarmungslos.
Gibt es einen Berg, der Sie besonders
geprägt hat?
Ja, der Nanga Parbat. Er hat
mir beigebracht, wie Mensch
und Bergnatur funktionieren.
Bergsteiger sind keine besseren
Menschen, sondern ganz normale
Menschen.
Sie sind auch als Motivationstrainer
aktiv. Was möchten Sie
da Ihren Mitmenschen vermitteln?
In meinen Vorträgen über Risikomanagement
und Motivation
geht es um die Auseinandersetzung
mit einer anderen Welt.
Ich erkläre da Leuten auch wie
Erfolgsmodelle funktionieren.
Es gab zu meiner Zeit sicher
Alpinisten, die besser waren als
ich und gute Ideen hatten, aber
sie haben es am Ende nicht
gewagt, sondern gezögert und
gezögert - und am Ende sind
sie nicht losgegangen. Ich habe
die Gabe, es zu wagen. Natürlich
nur gut vorbereitet und
körperlich trainiert. Man muss
alle Schritte zum Losgehen vorbereiten,
seine Ängste minimieren
und dann den ersten Schritt
machen. Dann schrumpfen die
Ängste und sollte es einen Vorfall
geben, dann kann man ja
immer noch umkehren.
Herr Messner, welche Pläne haben
Sie für die Zukunft?
Bei Fragen, die die Zukunft
betreffen, bin ich ziemlich zugeknöpft.
Wenn ich Projekte
plane, will ich nicht zu früh zu
viel verraten, sonst verliert die
Idee an Kraft. Was ich voraussehe,
ist nur eine Anfangsidee,
ich bin jemand der Stückchen
für Stückchen plant. Aus einer
Kopfgeburt wird langsam etwas
Konkretes. Das schenkt mir gelingendes
Leben.
Mögen Sie das Meer?
Ich bin ab und zu dort gewesen,
aber es ist nicht meine Welt.
Das Interview führte Annette
Clauß. Tickets und Infos zu den
Vorträgen gibt es im Internet
unter:
mundologia.de