ChefHeads-Magazin #07/12
Das gedruckte ChefHeads-Magazin als ePaper zum nachlesen, erschienen im April 2012
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PORTRAIT<br />
Der aktuelle Guide Michelin weist das „L’escalier“<br />
als Sternerestaurant aus. Jens Dannenfeld hatte<br />
diese Auszeichnung für die Kölner Spitzenadresse<br />
in der Brüsseler Straße erkocht – und<br />
Ende 2011 nach Redaktionsschluss des Gastroführers aufgeben<br />
müssen. Das kulinarische Erbe hat am 1. März Maximilian<br />
Lorenz angetreten. Mit gerade einmal 21 Jahren bietet<br />
der neue Patron des „L'escalier“ (frz. die Treppe), der seine<br />
Ausbildung bei Sternekollege und <strong>ChefHeads</strong>-Vizepräsident<br />
Christopher Wilbrand absolviert hat, seinen Gästen dort eine<br />
„neue deutsch-französische Küche“. Seine ruhige und verbindliche<br />
Art und sein Kochtalent hatten ihn im Gourmetrestaurant<br />
„Zur Post“ in Odenthal schnell bis zum Souschef<br />
aufsteigen lassen. Köln ist nun seine erste eigene Adresse.<br />
Nach der ersten Woche in Köln klingt Maximilian Lorenz<br />
atemlos. Das mag zum einen daran liegen, dass die Belastung<br />
für den jungen Patron gewaltig ist. Zum anderen aber<br />
auch am Erstaunen darüber, wie gut das „L’escalier“ nach der<br />
wiedereröffnung angenommen wurde: „Ich hätte nie damit<br />
gerechnet, dass Gäste bei ausgebuchtem Restaurant vor unserer<br />
Tür stehen und sagen: ‚Okay, dann warten wir, bis ein<br />
Tisch frei wird!‘“ 42 Essen hat sein team gerade an diesem<br />
Samstagaben geschickt – bei maximal 30 Plätzen im Restaurant.<br />
Unter der Woche ist der Zuspruch noch eher „verhalten“,<br />
wie Lorenz die abendliche Auslastung von 75 bis 80<br />
Prozent umschreibt. Für Freitag und Samstag hat er seine<br />
Gäste bereits per Facebook gebeten, „frühzeitig zu reservieren.“<br />
„Da hatten wir bislang nie auch nur einen Platz unbesetzt!“<br />
„Altbekanntes wahren und neue Reize schaffen“ lautet<br />
das Motto des jungen Küchenchefs, demensprechend finden<br />
sich keine Molekular-Experimente auf der Karte wieder. Lieber<br />
soll der Wein als Teil des Essens begriffen werden, vom<br />
freundlichen Service-Team um Restaurantleiter Stanislas<br />
Moriani aus einer 400-Positionen-Karte mit feinsten, aber<br />
auch dem einen oder anderen gut bezahlbaren Weinen geschmackssicher<br />
ausgewählt. Der Franzose kommt direkt aus<br />
einem Haus mit großem Namen (Ducasse in Monte Carlo)<br />
und hat „bestimmt 15 Sterne“ bei seinen Service-Stationen<br />
in England, Frankreich und Spanien erlebt. Das gibt ihm die<br />
Souveränität, das junge Küchenteam von Anfang an beim<br />
Gast etwas zu entlasten. Warum er sich für das Engagement<br />
in Köln entschieden hat? Grund 1 ist die Liebe: Seine deutsche<br />
Freundin wollte zurück in die Heimat. Punkt 2: „Die restaurantgröße<br />
und das junge Team – hier kann ich das Flair<br />
hineinbringen, das ich mir von einem ausgezeichneten Restaurant<br />
wünsche!“ Wenn der Service an den ersten Tagen<br />
noch nicht perfekt lief, konnte es der Restaurantprofi sympathisch<br />
überspielen. Mittlerweile hat sich das Serviceteam<br />
aber eingespielt und umsorgt seine Gäste vorbildlich.<br />
Damit schließt die Crew zum Niveau der Küchenmannschaft<br />
auf, die erstaunlich schnell ihre Linie gefunden hat: „In<br />
der Auftaktwoche konnten wir uns vom derzeitigen Degustationsmenü<br />
vor allem für das gedämpfte Filet vom Polarsaibling<br />
begeistern, das durch eine Erbsen-Minz-Creme und<br />
Brunnenkressesalat abgerundet wird. Auch wenn die Brunnenkresse<br />
in ihrer Geschmacksnote eine leichte Dominanz<br />
hatte, in der Summe ein schönes und ausgewogenes Gericht<br />
mit einem Top-Produkt,“ werteten die „Sternefresser“ als<br />
erste die Kochkunst des neuen Küchenchefs an der Brüsseler<br />
Straße: „Dies galt auch für alle weiteren Fischgerichte, die allesamt<br />
von einem sehr guten Konzept und einer feinen Ausführung<br />
zeugten. Beim zweiten Teil des Menüs, den<br />
Fleischgängen, gab es bei unserem Besuch noch Potenzial,<br />
auf das wir uns beim nächsten Besuch freuen. Wenngleich<br />
einschränkend erwähnt werden muss, dass es bei vollem<br />
Haus, wie es bei unserem Besuch der Fall war, eine Meisterleistung<br />
ist aus der nur 16 qm großen Küche konsequent<br />
hohe Qualität und mit Tempo zu schicken.“<br />
Natürlich liest Maximilian Lorenz derlei Lob gerne. Die<br />
Frage, ob er sich und seinem Team denn zutraue, den Stern<br />
für das „L’escalier“ bereits im ersten Jahr zu verteidigen, umgeht<br />
er aber konsequent und mit einem gesunden Maß an<br />
Demut. „Zunächst vorrangig“ sei es, die Gäste zu begeistern,<br />
nicht die Kritiker, heißt es dann zum Beispiel. Und ob es nicht<br />
anmaßend sei, sich schon nach wenigen Wochen mit den<br />
Großen seiner Zunft auf einem Niveau zu wähnen. Dass Maximilian<br />
Lorenz das Zeug dazu hat, auf Augenhöhe zu kochen<br />
– und das Selbstbewusstsein, dies auch rasch bestätigt<br />
zu bekommen, lesen gute Zuhörer aus seiner Reaktion auf<br />
die erste öffentliche Bewertung: „Wir haben natürlich nachgemessen:<br />
Unser Küche ist nur zehneinhalb Quadratmeter<br />
groß!“ Und genau in diesem Moment zeigt Maximilian Lorenz<br />
das schelmische Lächeln, das ihn eben doch als 21-Jährigen<br />
outet, der gerade dabei ist, sich seinen Traum zu erfüllen.<br />
Mittags sorgt im „L’escalier“ knapp außerhalb der vielbe-<br />
50 chefheads Nr. 7