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Von wegen Lost Generation Focus on | Alarmierende Schlagzeilen und unüber- sehbare psychische Belastungen bei vielen Jungen, aber auch beruhigende Expertise aus berufenem Mund: Die Auswirkungen der Pandemie auf junge Menschen sind noch nicht völlig klar. Aber in Salzburg überwiegt die Zuversicht. Autor: Andreas Aichinger. Fotos: i-Stock, Paracelsus Uni 8 paracelsus today 1 | 22 08-10 FocusOn_Pandemiekinder.indd 8 18.03.22 13:57
„ D as ist schon ganz eindeutig eine extreme Belastung für Jugendliche gewesen“, sagt Wolfgang Sperl über die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf junge Menschen. Und der Rektor der Paracelsus Universität und langjährige Primar der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde hat zu diesem Thema viel zu sagen, das sich der tagespolitischen Pandemie-Aufgeregtheit entzieht. Aber der Reihe nach: Dass die vergangenen beiden Jahre für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedenen Gründen nicht gerade die einfachste Zeit ihrer jungen Leben waren, liegt auf der Hand. Über das Ausmaß und die wahren Ursachen der Negativfolgen, die in fast allen Familien in der einen oder eben der anderen Form Thema waren, scheiden sich jedoch die Geister. Einer der jüngsten Weckrufe in diesem Zusammenhang kam aus der Politik: „Es brennt an allen Ecken und Enden“, schlug Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm bei einer Pressekonferenz Mitte Februar Alarm und stellte ein „Maßnahmenpaket zur Bewältigung der psychosozialen Folgen der Covid-19 Krise bei Kindern und Jugendlichen“ vor. Im Beisein des damaligen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein und von Bildungsminister Martin Polaschek befand Plakolm, dass die Zahlen „leider eindrucksvoll zeigen, dass diese Unterstützung dringend notwendig ist und dass es nicht nur ein paar wenigen jungen Menschen in Österreich nicht gut geht“. Demnach hätte die Hälfte der jungen Menschen in Österreich mit depressiven Symptomen zu kämpfen, sechs von zehn mit Essstörungen, 16 Prozent gar mit Suizidgedanken. Basis der von der Politik kommunizierten Zahlen war im „Natürlich wird jetzt sehr viel auf die Pandemie zurückgeführt. Also ich bin da immer sehr vorsichtig.“ BELINDA PLATTNER Wesentlichen eine Studie der Donau-Uni Krems, für die Schüler im Alter von 14 bis 20 Jahren einmalig befragt worden waren. Aussagekräftiger dürfte die jüngste Befragungsrunde der deutschen COPSY-Studie („Corona und Psyche“) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sein, immerhin international eine der wenigen Längsschnittstudien zum Thema. Das ebenfalls im Februar präsentierte Kurz-Fazit: Die psychische Belastung von Jugendlichen und Kindern ist weiterhin hoch – aber leicht rückläufig. „Ganz eindeutig hat die COVID-Zeit etwas mit den Kindern, den Jugendlichen und den Adoleszenten gemacht,“ knüpft Wolfgang Sperl an sein Eingangs-Statement an. Eine valide Quantifizierung und Objektivierung des tatsächlichen Schadensausmaßes sei allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. So wie man nach einem „Sturm erst eine gewisse Zeit der Aufräumarbeiten“ benötige, um sich ein klares Bild machen zu können. Nachsatz: „Aber es ist ganz eindeutig, das war in allen Bereichen schon etwas Besonderes.“ Und das übrigens auch auf der medizinischen Ebene, wie der Paracelsus-Rektor zu Beginn der Pandemie – damals auch noch als Vorstand der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde – aus eigener Anschauung miterlebt hat. Sperl: „Wir hatten damals einen erstaunlichen Rückgang der Ambulanzbesuche durch kranke Kinder auf 20 bis 30 Prozent des normalen Niveaus.“ Österreichweit wären versäumte Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und verspätete Diagnosen etwa von Diabetes die Folge gewesen. Bemerkenswert: Sperl, der in wissenschaftlicher Hinsicht Spezialist für Mitochondriale Medizin und somit für die gleichnamigen Zell-Kraftwerke ist, verweist im Gespräch mehrmals auf gänzlich anders gelagerte menschliche Energiequellen: „Bindungen und Beziehungen sind grundlegend für die menschliche Entwicklung“, weiß Wolfgang Sperl, und Lebensenergie würde eben nicht nur über die Ernährung und somit die Mitochondrien gewonnen. Seine einprägsame Formel dazu: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern auch von Begegnungen und Beziehungen.“ Gerade zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr sei ein umfassender, „biopsychosozialer Ansatz“ entscheidend. Zwar hätten Social Distancing und Lockdowns während der Pandemie in vielfältiger Hinsicht Niederschlag gefunden, gleichzeitig würden sich 20 bis 30 Prozent der Jugendlichen besonders während der Pubertät ohnedies „nicht so wohl in ihrem Körper“ fühlen, so Sperl. Zugleich hätten Befindlichkeitsstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen und andere psychosomatische Symptome während der Pandemie „massiv“ zugenommen, und fallweise müssten die Probleme auch in einem ambulanten Setting aufgearbeitet werden. Gleichzeitig will der Rektor der Paracelsus Universität die Probleme aber „nicht überbewerten“ und hat generell eine sehr zuversichtliche Sicht: „Jugendliche haben in ihrer Entwicklung eine wahnsinnig hohe Heilungskompetenz und ein hohes Potential, wieder in die Normalität zu paracelsus today 1 | 22 9 08-10 FocusOn_Pandemiekinder.indd 9 18.03.22 13:57
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