rik April/Mai 2022
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MUSIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
MICHAEL<br />
BUBLÉS<br />
großer Moment<br />
Der Weltstar aus Vancouver hat<br />
nach schweren Zeiten wieder Tritt<br />
gefasst und veröffentlicht mit „Higher“ sein<br />
stärkstes Album seit langer Zeit.<br />
Jede Künstlerin und jeder Künstler, so die<br />
Theorie von Michael Bublé, hat im Laufe<br />
der Karriere zwei, wenn es richtig gut läuft,<br />
vielleicht drei wirklich große Momente. Der<br />
kanadische Crooner, 46 ist er inzwischen,<br />
geht aber mit dem immer noch jungenhaften<br />
Äußeren für locker zehn Jahre jünger<br />
durch, zählt seine beruflichen Höhepunkte<br />
kurz auf: Das 2009 veröffentlichte „Crazy<br />
Love“-Album mit der Single „Haven’t Met<br />
You Yet“, zwei Jahre später sein sich bis<br />
heute alle Jahre wieder prächtig verkaufende<br />
„Christmas“, und, Tusch und Trommelwirbel,<br />
das neue Album „Higher“. „Ich<br />
bin superzuversichtlich, so Michael Bublé<br />
beim Zoom-Gespräch aus seinem Anwesen<br />
in Vancouver, „dass ich hier wirklich ein<br />
absolutes Highlight in meiner Laufbahn<br />
hinbekommen habe. Ich könnte jedenfalls<br />
nicht stolzer und zufriedener sein.“<br />
In der Tat hat Bublé lange nicht mehr<br />
so überzeugend und leidenschaftlich<br />
geklungen und gesungen wie auf dem<br />
überwiegend zu Hause – aber auch in den<br />
Londoner „Abbey Road“-Studios sowie in<br />
New York – entstandenen „Higher“. „Die<br />
Lieder sind in einer sehr familiären und sehr<br />
entspannten Atmosphäre entstanden“,<br />
schwärmt Michael. „Ich war sagenhaft<br />
viel mit meinen Kindern und meiner Frau<br />
zusammen. Homeschooling war weniger<br />
lustig, als ich anfangs dachte, doch vermisst<br />
habe ich ansonsten gar nichts. Ich fand<br />
es sogar richtig schön. Über diese ganzen<br />
reichen Säcke, die in ihren Villen gesessen<br />
haben und sich öffentlich darüber beklagten,<br />
wie eingesperrt sie sich fühlten, konnte<br />
ich jedenfalls nur den Kopf schütteln.“<br />
Zumal Bublé tatsächlich Schlimmeres hat<br />
durchmachen müssen als eine zweijährige<br />
kollektive gesellschaftliche Vollbremsung.<br />
Ende 2016 wurde bei seinem damals<br />
dreijährigen Sohn Noah Leberkrebs festgestellt,<br />
die Monate der Behandlung, der<br />
Ungewissheit und der Angst seien für ihn<br />
und seine Frau, die argentinische Schauspielerin<br />
Luisana Lopilato, die mit Abstand<br />
schrecklichste Zeit ihres Lebens gewesen,<br />
und selbst nach der Genesung des Jungen<br />
wirkte das Trauma noch lange nach. „Erst<br />
jetzt bin ich wirklich wieder so weit, dass ich<br />
meinen Kopf zu hundert Prozent frei habe<br />
für die Musik und die Karriere.“<br />
Für „Higher“, das neben beseelt interpretierten<br />
Standards und Coversongs auch drei<br />
Eigenkompositionen beinhaltet, arbeitete<br />
Michael Bublé mit alten Vertrauten wie<br />
dem Produzenten Bob Rock, aber auch<br />
mit für ihn neuen Leuten zusammen. Die<br />
Pop-Experten Greg Wells und Ryan Tedder<br />
sind beteiligt. Mit Justin-Bieber-Songwriter<br />
Michael Pollack schrieb er „I’ll Never Not<br />
Love You“, einen ehrlichen und leidenschaftlichen<br />
Uptempo-Lovesong für die<br />
Gattin, „weil Biebers ‚Holy‘ das Lieblingslied<br />
meines Sechsjährigen Eli ist.“ Und die Refrainzeile<br />
des potenziellen Sommerhits „Higher“<br />
stammt von Noah, inzwischen acht,<br />
der für seinen Beitrag an den Einnahmen<br />
beteiligt werden möchte, wie der stolze<br />
Vater lachend erzählt. „Ich habe ihm gesagt,<br />
wenn es gut läuft, finanziert ihm das Geld<br />
das College, aber Noah besteht darauf, von<br />
seinen Tantiemen Süßigkeiten zu kaufen.“<br />
Nur die Dritte im Bunde, Töchterchen Vida,<br />
ist mit ihren drei Jahren noch nicht aktiv am<br />
Schaffensprozess beteiligt gewesen.<br />
Stattdessen sind einige echte Legenden<br />
mit dabei. „Crazy“ singt Bublé zusammen<br />
mit dem Originalinterpreten Willie Nelson,<br />
und für „My Valentine“, ein zehn Jahre<br />
junges Liebeslied von Paul McCartney an<br />
seine Ehefrau Nancy, konnte er den Sir<br />
höchstselbst als Produzenten gewinnen.<br />
„Paul hat mir geholfen, noch mehr Tiefe<br />
und noch mehr Gefühl aus diesem Song<br />
herauszukitzeln“, so Michael. „Ich bin mir<br />
sicher, ich brauchte genau die 20 Jahre an<br />
Erfahrung, den Respekt der Menschen und<br />
das Selbstvertrauen, das ich heute habe,<br />
um dieses Album genauso verwirklichen<br />
zu können, wie es mir jetzt gelungen ist.<br />
Ich sage das nicht leichtfertig, aber ich bin<br />
wirklich stolz auf mich für diese Arbeit.“<br />
*Steffen Rüth