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Die Ukraine wird nicht als eigenständiger Staat mit eigener
Sprache und Kultur gesehen, sondern als Teil der ehemaligen
Sowjetunion, am Rande des ehemaligen russischen Reiches.
Dass das so nicht stimmt, müssen Leute in Russland leider
noch lernen“, erklärt die Journalistin.
HUNDEKOT AUF DER
RUSSISCHEN FAHNE
Etwa 11 Millionen Russinnen und Russen haben enge
Verwandte in der Ukraine. So auch die in Wien geborene
Studentin und Halb-Russin Maria. Die 27-Jährige, die eigentlich
anders heißt, hat seit einem Jahr einen ukrainischen
Mitbewohner namens Dima. „Als er bei mir eingezogen ist,
fand meine russische Mama das noch super, damit ich die
Sprache mit ihm besser üben konnte. Wir haben uns gut
verstanden“, erinnert sich Maria. Kurz vor dem russischen
Großangriff reiste Dima mit seinem Vater nach Ägypten – aus
dem Urlaub ging es für die beiden Männer dann direkt in
die Wiener WG zurück. Maria verschweigt ihrer Mutter, dass
Dimas Vater mit ihm in seinem WG-Zimmer lebt. „Obwohl
wir Familie in der Ukraine haben, ist meine Mutter streng
dagegen, dass wir Leute bei uns aufnehmen. Obwohl es ein
Gästezimmer im Haus meiner Eltern gibt!“, berichtet Maria
bei einem Treffen im Wiener Resselpark. Dimas Vater findet
das „typisch russisch“ – eine Aussage, die Maria persönlich
ein bisschen kränkt. Ihre Cousine, die in Kyiv lebt, hat
eine T-Shirt-Aktion gestartet, bei der Geld für die Ukraine
gesammelt wird. „Sie hat verschiedene Motive verkauft und
mich gebeten, auf meinem Insta-Profil darauf aufmerksam
zu machen.“ Eines der Motive war ein Hund, der ein Häufchen
auf die russische Fahne legt. „Das mit der Kacke ging
mir persönlich zu weit und ich wollte die Aktion nicht mehr
unterstützen. Erst, als meine Cousine das Shirt auf der Webseite
entfernte, hab‘ ich die Aktion unterstützt. Meine Mutter
und meine anderen russischen Verwandten habe ich dafür
aber kurzzeitig blockieren müssen.“
Gemeinsam mit Dima und seinem Vater hat Maria auch
schon bei einer Ukraine-Demo am Ring teilgenommen. „Die
beiden waren überrascht, wie normal und friedlich wir in
Wien demonstrieren können. Sie waren anfangs misstrauisch.“
Die Skepsis verflog und schnell grölten die Männer
Parolen wie „Tod den Feinden!“ auf Russisch mit. Für Maria
ein moralisches Dilemma. „Ich habe mich wirklich nicht
wohlgefühlt, dass auf so einer Demo Menschen anderen den
Tod wünschen. Ist das nicht genau das, was wir eigentlich
beenden wollen? Wie ist das besser, als der Hass auf der
anderen Seite?“, wirft sie auf. In diesem Moment tritt eine
junge Mutter an uns heran, die in gebrochenem Englisch
nach dem Weg fragt. Instinktiv erklärt Maria auf Russisch,
dass man zu Fuß am besten ans Ziel kommt. Die Frau atmet
erleichtert auf, bedankte sich und zieht ihrer Wege. „Keine
Ahnung, ob ich meiner Mutter jemals erzählen werde, dass
Dimas Vater bei mir ist. Es ist die Diskussion wahrscheinlich
nicht wert.“ ●
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