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die Ukraine kämpfen kommen kann. Kontaktpersonen hatten
sie dort keine, er kennt auch keine anderen Kämpfer im Territorium.
Während auf der einen Seite des Grenzübergangs
eine lange Autokolonne aus der Ukraine nach Ungarn stand
und unzählige Menschen es aus dem Land schaffen wollten,
wollten Imran und sein Freund hinein.
„Der Krieg ist eine
Art Medizin.“
„WENN DU SO UNBEDINGT STERBEN
WILLST, DANN NICHT SO SINNLOS!“
Zuerst hatten sie den Grenzbeamten erklärt, dass sie dringend
ein Auto in der Ukraine abholen müssen, das haben
ihnen die Beamten aber nicht abgekauft. Sie dürften es
schon geahnt haben. Als sie zugegeben haben, warum sie
hier sind, hat einer der Grenzsoldaten ihnen auf Russisch die
Leviten gelesen: „Du bist so jung, du hast so ein gutes Leben
in Österreich. Du weißt gar nicht, wie gut du es hast. Bitte,
Jungs, fahrt wieder nachhause. Krieg ist nie gut, wir lassen
euch hier nicht durch.“ Er ließ nicht mit sich diskutieren.
„Wenn du so unbedingt sterben willst, dann nicht so sinnlos.“
Das waren seine abschließenden Worte, danach mussten die
Jungs wieder umkehren. Das hat Imran und seinen Freund
verärgert. „Wir hatten uns das halt anders vorgestellt“, gibt
er zu. Als ich ihn frage, ob ihm klar ist, dass dieser Mann ihm
womöglich sein Leben gerettet hat, winkt er ab: „Na und?“
Imran hat eine Lehre zum Installateur gemacht, ist derzeit
arbeitslos. Pläne für die Zukunft hat er nicht wirklich. Wie
Imran sich sein Leben in
zehn Jahren vorstellt?
„Ich sag’s dir ehrlich:
In zehn Jahren bin ich
wahrscheinlich tot.“ Ich
kläre ihn darüber auf,
dass, selbst wenn er
überleben sollte, ein Verfahren
über den Entzug
der Staatsbürgerschaft
eingeleitet werden wird,
sobald er für die Ukraine
kämpft. Auch das
scheint ihn nicht sonderlich
zu beeindrucken,
hingegen gibt er mir
seine Bedenken mit auf
den Weg: „Weißt du, das
ist ja immer dasselbe:
Wenn Muslime sterben,
interessiert es keinen.
Schau dir mal die anderen
Kriege an: Palästina,
die beiden Tschetschenienkriege
und so.“
Er zeigt sich verärgert
über die Doppelmoral
beim Umgang mit
Geflüchteten in Europa.
„Wenn eine muslimische
Frau mit ihren Kindern
irgendwo an einer Grenze stirbt, kümmert es niemanden.
Aber sobald es Österreicher sind, oder eben europäische
Leute, finden es alle auf einmal arg und schlimm. Ich habe
ja die österreichische Staatsbürgerschaft, vielleicht hätte es
dann jemanden interessiert, wenn ich hingegangen wäre“,
resümiert er.
DAS AUFNAHMEVERFAHREN
Wenn sich Menschen aus dem Ausland der Armee anschließen
wollen, werden sie zuerst zu ihrem militärischen
Hintergrund befragt, berichtet der ZDF in der Doku „Ex-
Bundeswehrsoldat: Warum ich im Ukraine-Krieg kämpfe.“ Je
nach Erfahrung wird entschieden, wo der Soldat eingesetzt
wird: ob an der Front, an Kontrollpunkten oder in einer anderen
Funktion. Menschen aus dem Ausland ohne Kampferfahrung
werden nicht benötigt. ZDF-Reporter Jörg Brase nennt
den Grund, weshalb die Fremdenlegion öffentlich aus dem
Blickfeld geholt wurde:
Für eine gerechte Sache kämpfen –
aber zu welchem Preis?
Ein Truppenübungsplatz
der Fremdenlegion in
der Nähe des westukrainischen
Lviv wurde, so
Brase, vor zwei Wochen
von der russischen
Armee angegriffen und
mit Raketen beschossen.
Der ehemalige deutsche
Bundeswehrsoldat
Mehmet ist seit über
einem Monat in der
Ukraine. Er hat viel
Kampferfahrung, war
auch schon in Afghanistan
im Einsatz. Wie viele
Menschen er getötet
hat, weiß er nicht und
will er nicht wissen. Er
will die Ukraine unterstützen,
vor allem die
Kinder, die ihre Eltern
verloren haben, wie er
im Video-Interview mit
der ZDF-Journalistin
Julia Klaus erzählt. Sein
Gesicht ist bis zur Hälfte
verhüllt, seinen Nachnamen
nennt er nicht.
Ob er bezahlt wird? Er
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