DER BIEBRICHER, Nr. 366, Mai 2022
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich
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„Alle für einen und einer für alle“ – 100 Jahre Siedlergemeinschaft<br />
Rosenfeld und Selbsthilfe<br />
Die Bewohner der Biebricher<br />
Siedlungen Rosenfeld und<br />
Selbsthilfe sind in der Siedlergemeinschaft<br />
Rosenfeld und<br />
Selbsthilfe organisiert. Und da<br />
die Mitglieder der Siedlergemeinschaft<br />
ein stark ausgeprägtes<br />
Gemeinschaftsleben<br />
pflegen, veranstalteten sie alljährlich<br />
ihr traditionelles Siedlerfest<br />
am Gemeinschaftshaus in<br />
der Zaberner Straße. In diesem<br />
Jahr wird am 4. Juni besonders<br />
groß gefeiert, denn es gilt das<br />
100-jährige Jubiläum nachzufeiern,<br />
das coronabedingt im<br />
vergangenen Jahr ausfallen<br />
musste.<br />
Grund genug, um einen kleinen<br />
Blick auf die Geschichte<br />
der Siedlung und der Siedlergemeinschaft<br />
zu werfen: Am<br />
19. April 1919, in einer Zeit<br />
von Not und Entbehrung, fand<br />
die Gründungsversammlung<br />
der Krieger-Heimstätten Siedlung<br />
Biebrich am Rhein statt.<br />
Biebrich hatte zu dieser Zeit<br />
noch Stadtrechte. Die Krieger-<br />
Heimstätten Siedlung gründete<br />
sich innerhalb der Ortsgruppe<br />
Biebrich des Reichsbundes der<br />
ARCHIV FRANK HENNIG<br />
Kriegsgeschädigten und ehemaligen<br />
Kriegsteilnehmer. Ein<br />
Jahr später, am 28. April 1920,<br />
kam es zu einem Erbbauvertrag<br />
zwischen dem preußischen<br />
Staat und Siedlern mit einer<br />
Erbbaupacht über 99 Jahre. Es<br />
wurde sogenanntes Domänenland<br />
neben der Hindenburgkaserne<br />
zur Verfügung gestellt<br />
mit dem Flurnamen „Im Rosenfeld“<br />
und zur Bebauung mit<br />
50 Wohneinheiten für je eine<br />
Familie. Das Gelände wurde daraufhin<br />
in Parzellen von je 750<br />
Quadratmetern aufgeteilt. Außerdem<br />
wurden für den ersten<br />
Bauabschnitt „Entwässerung,<br />
Zugangswege und Erdarbeiten<br />
für Gas- und Wasserleitungen“<br />
Fördermittel durch Sparkassenhypotheken<br />
zur Verfügung<br />
gestellt – die Arbeiten wurden<br />
von den Siedlern eigenhändig<br />
ausgeführt. Der Erstbezug der<br />
Wohngebäude, die in Doppelhaushälften<br />
ausgeführt waren,<br />
erfolgte 1921.<br />
Am 12. September 1922 erfolgte<br />
die Gründung des Garten-<br />
und Heimstätten Vereins<br />
„Selbsthilfe e.V.“. Der Arzt Dr.<br />
Jacob Paul Naab – nach ihm ist<br />
heute eine Verbindungsstraße<br />
zwischen Äppelallee und Metzer<br />
Straße benannt – stiftete<br />
dazu zusammen mit seiner Ehefrau<br />
20.000 Mark, in der Hoffnung,<br />
dass alle Mitglieder nach<br />
dem Grundsatz wirken sollten:<br />
„Alle für einen und einer für<br />
alle“. Am 19. September 1922<br />
traten daraufhin 22 Siedler und<br />
elf Kleingärtner dem Verein bei.<br />
Die frühere Vorsitzende der Siedlergemeinschaft Rosenfeld und Selbsthilfe Birgit Großer zusammen mit<br />
dem damaligen „harten Kern“ des Bauteams der Siedlergemeinschaft bei der Einweihung des Vereinsheims<br />
an der Zaberner Straße im Jahr 2008: Hans Platzke, Michael Fischer, Manfred Däubner, Alfons<br />
Bartnik, Albert Fuidl, Dietger Dexheimer, Wolfgang Essig, Herbert Bär und Peter Kraus (v.l.).<br />
Bauarbeiten für ein neues Haus in der Siedlergemeinschaft im Jahr<br />
1954.<br />
Im April 1923 war erneut Baubeginn<br />
von weiteren 36 Heimstätten,<br />
auf mündliche Genehmigung,<br />
mit Grundsteinlegung<br />
am 25. <strong>Mai</strong> 1923. Die zweite<br />
Baugruppe durch 26 Siedler begann<br />
ebenfalls in 1923, erstes<br />
Richtfest konnte am 5. Juli 1924<br />
gefeiert werden und der Bezug<br />
der ersten Häuser erfolgte am<br />
1. April 1925. 1934 trennte sich<br />
die Siedlerabteilung von der<br />
Kleingartenabteilung. Im Frühjahr<br />
1935 wurde weiteres Baugelände<br />
erworben, der Baubeginn<br />
der ersten drei Häuser war<br />
1936. Bis zum 1. <strong>Mai</strong> 1940 wurde<br />
das letzte von 20 Häusern<br />
und damit das 86. Siedlerhaus<br />
bezogen.<br />
Während des Krieges kam es<br />
zur Einstellung der Bautätigkeiten.<br />
Anfang 1945 missachtete<br />
man den „Führerbefehl“ zur<br />
Räumung der Städte und der<br />
Zerstörung der Versorgungseinrichtungen.<br />
Bis auf wenige<br />
Schäden blieben so die Heimstätten<br />
der Siedlungen von einer<br />
Zerstörung verschont. Ebenfalls<br />
während des Krieges formierten<br />
sich die Siedler, nach Liquidierung<br />
der Genossenschaft in<br />
der Siedlergemeinschaft Rosenfeld.<br />
Im Herbst 1946 wurden<br />
die Bautätigkeiten wieder aufgenommen<br />
und im September<br />
1946 erfolgte der erste Spatenstich<br />
zur vierten Baugruppe.<br />
Am 9. August 1947 feierte<br />
man Richtfest am ersten Haus.<br />
Bis 1959 erfolgte die Errich-<br />
SIEDLERGEMEINSCHAFT<br />
12 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / MAI <strong>2022</strong>