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BS 12-2021

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SCHIFFSTECHNIK<br />

Kollisionsgrund liegt oft im Ruderhaus<br />

Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht irgendwo auf europäischen Wasserstraßen eine<br />

Havarie zu verzeichnen ist. Häufig handelt es sich um technische Gründe und menschliches<br />

Fehlverhalten im Ruderhaus. Von Hermann Garrelmann<br />

Durch Bedienfehler im Steuerhaus kann es zu gravierenden Schäden wie etwa nach Brückenanfahrungen kommen<br />

© Polizei Oldenburg<br />

Immer wieder landen Berichte über<br />

Havarien mit Binnenschiffen in den<br />

Nachrichten. Ob Kopf-auf-Kopf-An -<br />

fahrung, ob Grundberührung oder Kollisionen<br />

in Schleusen und unter Brücken,<br />

die Palette der Havarien ist so groß wie<br />

die Vielfalt der Ursachen.<br />

Wo die Gründe für Unfälle liegen und<br />

ob sich diese abstellen lassen, wollten das<br />

Niederländische Ministerium für Infrastruktur<br />

und Wasserwirtschaft, die<br />

IVR und die Europäische Binnenschifffahrtsplattform<br />

(ein Gemeinschaftsunternehmen<br />

von ESO und EBU) jetzt<br />

genauer wissen. Sie haben das Untersuchungsbüro<br />

Intergo aus Amersfoort<br />

(NL) mit der Spurensuche beauftragt.<br />

Nun wurden aus dem mehrstufigen<br />

Projekt Ergebnisse vorgestellt. Dass 70 bis<br />

80 % aller Unfälle in der Binnenschifffahrt<br />

auf menschliche Fehler zurückzuführen<br />

sind, ist bekannt. Da war es naheliegend,<br />

weiter zu forschen, ob in der<br />

Zusammenarbeit zwischen Mensch und<br />

Maschine im Steuerhaus, in der Gestaltung<br />

des Steuerhauses oder in der Automatisierung<br />

und die Bereitstellung von<br />

Informationen Havariegründe zu finden<br />

sind. Auch Faktoren wie mangelnde<br />

Kommunikation, Müdigkeit, Stress, spezielle<br />

Navigationsrouten und -situationen<br />

sowie die Qualifikation der Besatzung<br />

wurde untersucht.<br />

Deutlich wurde dabei, dass Unfälle in<br />

der Binnenschifffahrt zum Teil auf fehlende<br />

Standards in den Steuerhäusern, eine<br />

falsche Positionierung der Anzeigegeräte<br />

und ein falsches Sicherheitsgefühl<br />

durch automatisierte Werkzeuge<br />

zurückzuführen sind.<br />

Steuerhäuser oft unübersichtlich<br />

Intergo fand auch heraus, dass die Zugänglichkeit,<br />

die Lesbarkeit und die Klarheit<br />

von Instrumenten manchmal zu gering<br />

sind. Da fast alle Schiffe individuell<br />

gebaut werden, gestalten sich auch die<br />

Ruderhäuser sowie die Arbeitsplätze der<br />

Schiffsführer höchst unterschiedlich. Sie<br />

können daher von Schiff zu Schiff stark<br />

variieren. Auch werden in vielen Ruderhäusern<br />

nach und nach weitere Systeme<br />

eingebaut, deren Anordnung oft nicht<br />

nach optimaler Positionierung, sondern<br />

nach verfügbarem Platz erfolgt.<br />

Eine erkennbare Rolle spielt dabei<br />

auch, so die Experten, dass mit der Zunahme<br />

von Schichtarbeit und Besatzungswechseln<br />

auf Binnenschiffen die<br />

Kontrollinstrumente beim Personal weniger<br />

bekannt und nicht intuitiv zu bedienen<br />

sind. Dies haben die Sicherheitsexperten<br />

nach eigenen Angaben bei Besuchen<br />

auf zehn ausgewählten Schiffe<br />

festgestellt. Selbst die »klassischen« Instrumente<br />

wie Rudersteuerung, Antriebssteuerung<br />

und die Steuerung der<br />

Navigationslichter seien unterschiedlich<br />

angeordnet. Verbindlichen Standards?<br />

Fehlanzeige. Dadurch komme es schneller<br />

zu Fehlverhalten des Personals an<br />

Bord, insbesondere in nicht vorhersehbaren<br />

Verkehrssituationen.<br />

Auf den besuchten Schiffe habe die<br />

Anordnung der primären Bedienelemente<br />

(Ruder, Motor, UKW-Funk) und<br />

der primären Anzeigen (Radar, ECDIS)<br />

26 Binnenschifffahrt <strong>12</strong> | <strong>2021</strong>

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