BS 11-2017
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Schiffstechnik<br />
Die neue Fähre wird Lasten bis 45 t,<br />
45 Personen und 6 Pkw tragen. Maximale<br />
Einzelgewichte sind auf 12 t und<br />
die Achslast auf 8 t begrenzt.<br />
Der Stapellauf erfolgte am 20. Oktober<br />
am Kai der ehemaligen Volkswerft Stralsund,<br />
die heute Betriebsteil der MV-Werften<br />
Wismar, Rostock-Warnemünde und<br />
Stralsund ist. Zwei Schwerlastkräne hoben<br />
das neue Schiff an und setzten es behutsam<br />
ins Wasser. Anschließend erfolgten<br />
auf dem Strelasund die Erprobungen.<br />
Nach deren erfolgreichem Abschluss<br />
folgte die Überführungsfahrt an Bord<br />
eines Binnenschiffs über die Boddengewässer,<br />
die Oder, über das ost- und westdeutsche<br />
Kanalgebiet auf den Rhein und<br />
von dort die Mosel aufwärts bis Oberbillig.<br />
Dort sind für den 25. November die<br />
feierliche Taufe und die Indienststellung<br />
des neuen Schiffes geplant.<br />
Schiffbauer gut im Geschäft<br />
Die Moselfähre sei das zehnte Elektroschiff,<br />
das bei den beiden Unternehmen<br />
gebaut worden sei, erklärt der Technische<br />
Direktor von Ostseestaal/Formstaal,<br />
Thomas Kühmstedt. Der gelernte Schiffbauer<br />
hatte seine Ausbildung bei der ehemaligen<br />
Volkswerft Stralsund absolviert,<br />
den Meister bei der Warnowwerft erworben<br />
und an der Universität Rostock über<br />
Schiffbau promoviert. Nun ist er für die<br />
beiden, zur niederländischen CIG gehörenden<br />
Unternehmen Ostseestaal und<br />
Formstaal tätig. Die haben sich in den<br />
letzten Jahren einen Namen gemacht,<br />
was innovative Elektro-Solarschiffe angeht.<br />
Zuletzt sorgte der Bau des CO2-neutralen<br />
Seminarschiffs »Orca ten Broke«<br />
für Ausehen (<strong>BS</strong> 04/<strong>2017</strong>).<br />
Schätzungsweise die Hälfte aller Binnenwerften<br />
Ostdeutschlands sind nicht<br />
mehr am Leben. Mit Formstaal ist dafür<br />
ein neues und erfolgreiches Schiffbauunternehmen<br />
dazugekommen. Die Central<br />
Industry Group (CIG) im niederländischen<br />
Groningen ist ein industrieller<br />
Mischkonzern, der auf dem Weltmarkt<br />
für Schiffbau, Bauplanung und Fertigung<br />
für komplexe architektonische Projekte<br />
und erneuerbare Energie agiert. Da sich<br />
in den neuen Bundesländern mit den<br />
Standorten Wismar, Rostock und Warnemünde,<br />
Stralsund und Wolgast fünf<br />
potente Seeschiffswerften befanden, hatte<br />
man in Groningen beschlossen, sich<br />
mit seinem Leistungsportfolio auch hier<br />
im deutschen Osten anzubieten. So entstand<br />
1998 neben der Stralsunder Volkswerft<br />
die CIG-Tochterfirma Ostseestaal<br />
für den Zuschnitt und die Verformung<br />
von Stahlplatten für Schiffe.<br />
Mit der Gründung des zweiten deutschen<br />
CIG-Tochterunternehmens Formstaal<br />
im Jahr 2009 wollte man sich<br />
technisch breiter aufstellen und fertige<br />
Produkte für den maritimen Bereich<br />
wie Offshore-Windkraftanlagen, Wasserkraftanlagen<br />
für Gezeitenkraftwerke,<br />
Elektro-Schiffbau und Sektionsfertigung<br />
für Megayachten anbieten. Zum Portfolio<br />
gehören auch der Bau von Propellerdüsen<br />
und ganze Schiffsantriebe. Neben<br />
dem Elektro-Schiffbau werden auch<br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
Nach dem Absetzen der Fähre auf dem Strelasund<br />
werden die Landeklappen eingehängt<br />
selbstfahrende Hausboote für den gehobenen<br />
Wassertourismus gebaut.<br />
Formstaal ist damit nach eigenen Angaben<br />
ein international führender Hersteller<br />
komplexer, hochwertiger Schweißkonstruktionen<br />
aus dreidimensional<br />
verformten Blechen. Ein Team aus erfahrenen<br />
Ingenieuren, Meistern, Facharbeitern<br />
und Kaufleuten konstruiert und<br />
fertigt kundenspezifische Baupakete für<br />
den Schiff- und Yachtbau, exklusive Fassaden<br />
für die Architektur sowie Schweißkonstruktionen<br />
und Sonderlösungen für<br />
die Luftfahrtindustrie, für regenerative<br />
Energieanlagen und den Sondermaschinenbau.<br />
»Damit haben wir uns gut aufgestellt<br />
und arbeiten an insgesamt 20 Projekten,<br />
also nicht nur im Elektro-Schiffbau, mit<br />
Partnern im gesamten deutschsprachigen<br />
Raum, den Niederlanden, Skandinavien,<br />
Polen und decken so den Markt an Ostsee<br />
und Nordsee ab«, zählt Kühmstedt auf.<br />
Ostseestaal und Formstaal, beschäftigen<br />
zusammen 150 eigene Mitarbeiter,<br />
dazu temporär 30 bis 50 Leiharbeiter.<br />
Für den firmeneigenen Nachwuchs wird<br />
auch gesorgt. Derzeit werden Meister,<br />
Fertigungsmechaniker und Bürokaufleute<br />
ausgebildet. Zusätzlich kooperieren<br />
die Unternehmen mit der Hochschule<br />
Stralsund bei der Ausbildung von Hochschulabsolventen.<br />
»In einem eigenen Gebäude<br />
auf unserem Firmengelände arbeitet<br />
eine eigene Abteilung für Forschung<br />
und Entwicklung, für alle technischen<br />
Lösungen, die wir auf dem internationalen<br />
Markt anbieten. In dem einzigen alten<br />
Gebäude, das noch aus der Vorkriegszeit<br />
stammt und renoviert und neu eingerichtet<br />
ist, ist die Fertigung von Antriebsdüsen<br />
für den Schiffbau untergebracht«,<br />
sagt Kühmstedt.<br />
M<br />
Binnenschifffahrt – ZfB – <strong>2017</strong> – Nr. <strong>11</strong> 35