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0831 - Das Kemptener Stadtmagazin (März/April 2023)

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Mehrwert

WIE GEHT ES UNSERER ZUKUNFT?

KRISE AUF KRISE

UND DIE JUGEND

MITTENDRIN

# : Pio Mars

Von Dominik Baum

TRIGGERWARNUNG: In den nachfolgenden zwei Interviews

geht es auch um psychische Erkrankungen junger Menschen.

Falls dich das belastet, lies bitte nicht weiter.

Es geht im Leben nicht nur bergauf. Eine Erkenntnis,

die der breiten Masse der Bevölkerung bis vor

wenigen Jahren – zumindest im Großen und

Ganzen – noch relativ fremd gewesen sein

dürfte. Es war eine Zeit, in der wir Pandemien

nur aus Hollywood-Filmen kannten, eine Zeit,

in der Frieden auf unserem Kontinent herrschte

und eine Zeit, in der der Klimawandel nicht wie

ein Damoklesschwert omnipräsent über uns schwebte.

Wohl jede:r von uns ist auf irgendeine Weise von den letzten

globalen Ereignissen betroffen.

Wen wir bei all unseren eigenen Sorgen schnell mal aus den Augen

verlieren: die Jüngsten unter uns. Kinder und Jugendliche,

deren Kindheit und Jugend inzwischen ganz anders aussieht

als noch vor wenigen Jahren. Auch sie müssen sich von Krise

zu Krise hangeln und die vielen Eindrücke, mit denen sie auf

diesem Weg konfrontiert werden, auf ihre Weise verarbeiten.

psychische Gesundheit verschlechtert hat. Antriebslosigkeit, Depressionen

und Suizidgedanken drohen zum Massenphänomen

zu werden. Kurzum: Es ist nicht einfach, heutzutage jung zu sein.

Inwieweit trägt Social Media zu diesem Phänomen bei?

Mit der Pandemie hat der Konsum digitaler Medien um ein Vielfaches

zugenommen. Junge Menschen, die auf Instagram und

anderen Plattformen unterwegs sind, werden mit der Illusion

konfrontiert, dass es allen anderen besser geht als ihnen selbst.

Sie schauen auf ihrem Smartphone in gefilterte Gesichter und

anschließend in den Spiegel und fühlen sich unzureichend. Das

kann Stress auslösen und mit Ängsten verbunden sein, die so

weit führen, dass Jugendliche das Haus nicht mehr verlassen.

Das hat wiederum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, weil

sich junge Menschen psychisch nicht dazu in der Lage fühlen,

den Schritt in die Berufswelt zu gehen. Wir nutzen Smartphones

auf eine Weise, auf die das menschliche Gehirn nicht

vorbereitet ist und geraten in eine ungesunde Abhängigkeit.

Aufklärung erfolgt – wenn überhaupt – viel zu spät.

Pandemie, Klimawandel, der Krieg in der Ukraine, Rekordinflation

– die aktuellen Krisen sind vielfältig. Haben diese

unterschiedliche Auswirkungen auf junge Menschen?

Wie gut dies im Speziellen der Jugend gelingt, das hat der renommierte

Kemptener Jugendforscher Simon Schnetzer untersucht.

Im Interview gibt er uns einen Einblick in die Welt der

nächsten Generation. Es ist eine düstere.

„Jugend im Dauerkrisenmodus – Klima, Krieg, Corona“

heißt die Trendstudie, die du zusammen mit deinem Jugendforscherkollegen

Prof. Dr. Klaus Hurrelmann im Sommer

letzten Jahres herausgegeben hast. Ganz offen gefragt: Wie

geht es denn unserer Jugend momentan?

Die Jugend ist gestresst. Dieses Gefühl wird nochmal dadurch

verstärkt, dass junge Menschen nicht die Chance erhalten, sich

zu beteiligen. Bei all den Krisen, deren Auswirkungen auch sie

zu spüren bekommen, haben Jugendliche keine Möglichkeit,

Lösungen aktiv mitzugestalten. Die Folgen sind messbar: Fast die

Hälfte der 14- bis 29-Jährigen gab in der Studie an, dass sich ihre

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Das Kemptener Stadtmagazin Ausgabe März/April 2023

Welche Bedrohung welche Folgen mit sich bringt, lässt sich pauschal

nicht beantworten. Wir sind schließlich alle Individuen, die

auf Herausforderungen unterschiedlich reagieren. Eines haben

all die genannten Krisen jedoch gemeinsam: Sie kommen näher

an uns heran – und das spürt auch die Jugend. Dass der Klimawandel

keine Fiktion ist, merken wir seit Jahren auch im Allgäu

– immer mal wieder wird das Trinkwasser in einigen Regionen

knapp und die Bevölkerung wird gebeten, Wasser zu sparen. Die

Pandemie hat das gesamte Schulsystem auf den Kopf gestellt

und den Aktionsradius Jugendlicher über lange Zeit auf die

eigenen vier Wände beschränkt. Dass der Krieg in der Ukraine

und eine atomare Gefahr real sind, merken wir an den Flüchtlingsströmen,

die bis ins Allgäu reichen. Und die Inflation führt

dazu, dass sich Kinder und Jugendliche vielleicht erstmals in

ihrem Leben mit Verzicht befassen müssen. Der alljährliche

Urlaub in den Ferien ist plötzlich nicht mehr möglich oder das

Bio-Produkt ist zu teuer geworden.

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