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PLOPP - Ausgabe 04-2023

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aus den Bezirken und Kreisen 57<br />

Dieses Ziel hatten sich die „Wildunger Jungs“ um die Brüder Alexander<br />

und Waldemar Hoyer sowie Alexander Abdo gesetzt als sie<br />

2020 vom Verbandsligisten Eintracht Felsberg in die Niederungen<br />

des Tischtennissports hinabstiegen, um den VfL wieder in höhere<br />

sportliche Gefilde zu führen. „Wir haben in Bad Wildungen mit dem<br />

Tischtennis angefangen und wollen hier wieder etwas aufbauen“,<br />

sagte Alexander Hoyer damals. Als die Pandemie den Sport ausbremste<br />

sprang Alexander Abdo aber wieder ab und kehrte nach<br />

Felsberg zurück. Er wurde aber gut durch Bernd Nagel ersetzt,<br />

der vom TTC Kellerwald kam. Auch wenn Hoyer & Co derzeit fast<br />

alles mit links machen, neigen sie weder zum Leichtsinn noch<br />

zum Ausruhen auf den Meisterlorbeeren. „Wie trainieren regelmäßig<br />

zwei bis dreimal pro Woche“, erzählt Alexander Hoyer.<br />

Vermutlich ist allein schon das Training ein Wettbewerbsvorteil für<br />

sie, denn das ist im Tischtennissport nicht immer selbstverständlich.<br />

Aber auch die Wildunger haben keinen Trainer, das wiederum<br />

ist selbstverständlich in dieser Sportart, außer im Nachwuchsbereich<br />

und in höheren Ligen. Und Hoyer weiß auch nicht, warum<br />

sich im Tischtennis eine Tradition der Trainerlosigkeit breitgemacht<br />

hat. „Vielleicht liegt es am Geld“, mutmaßt der 36-Jährige,<br />

der es in seiner Karriere bis in die Hessenliga geschafft hat.<br />

Allerdings weiß er, was im Training zu tun ist, um voranzukommen.<br />

„Auch wer dreimal die Woche trainiert, aber immer nur dasselbe<br />

macht, also keine speziellen Übungen, um sich zu verbessern,<br />

oder nur gegen seine Mannschaftskollegen spielt, der wird<br />

auch nicht besser“, betont Hoyer, der sich mit seinen 36 Jahren<br />

noch ins mittlere Tischtennisalter einstuft. „Ich denke, mit 40 Jahren<br />

kann man immer noch so gut spielen wie mit 20, aber mit 50<br />

nicht mehr, dann lassen Reaktionsfähigkeit, Beweglichkeit und<br />

Schnelligkeit schon merklich nach.“<br />

Auch im Tischtennis gibt es den Spielertyp Angreifer und Verteidiger.<br />

Hoyer stuft sich in die Kategorie Angriffsspieler ein. „Diesen<br />

typischen Defensivspieler wie es ihn früher gab, der weit hinter<br />

der Platte stand, gibt es heute eigentlich nicht mehr“, erzählt Hoyer.<br />

Er könne die Bälle ganz gut blocken, aber mehr habe seine<br />

Verteidigungskunst nicht zu bieten.<br />

Auf die Frage, bei welcher Aktion einem Tischtennisspieler das<br />

Herz aufgeht, fällt ihm keine Antwort ein. Diese inneren Freuden,<br />

die ein Fußballer bei einem Schuss ins Dreieck empfindet, scheinen<br />

Tischtennisspieler nicht zu kennen. „Ein bestimmter Schlag<br />

löst solch einen Gefühl bei uns nicht aus, dann schon eher ein<br />

Sieg, wenn man 2:8 hinten liegt und noch 11:9 gewinnt.“<br />

Allerdings hat Hoyer durchaus eine Schlagkombination, die er so<br />

oft wie möglich einsetzt, vielleicht nicht, weil er sie so sehr mag,<br />

sondern weil er sie kann. „Mit der Vorhand Topspin vorbereiten<br />

und dann mit dem Rückhandschuss den Punkt holen.“<br />

Hoyer hat kein Problem damit, eigene Schwächen zu offenbaren,<br />

die er einfach nicht los wird: Bei einigen Gegnern fällt es ihm<br />

schwer die Angabe anzunehmen. „Wenn der Rückschlag nicht<br />

klappt, ärgert mich das bis heute.“<br />

Angaben seien zwar kein Geheimnis mehr, seit sie nicht mehr verdeckt<br />

gespielt werden dürften, dennoch gebe es noch Gegner, die<br />

wegen ihres Aufschlags gefürchtet seien, die spielten aber nicht<br />

in unteren Ligen.<br />

Eine andere Schwäche ist Hoyer allerdings losgeworden. „Wenn es<br />

eng wurde im Spiel war ich nur auf Blocken eingestellt, war immer<br />

ein Ticken zu passiv, heute spiele ich trotzdem mein Angriffsspiel<br />

weiter. Das ist alles nur Kopfsache.“ Seine mentale Stärke ist<br />

gefragt, wenn Hoyer im Spiel bemerkt, es läuft nicht. Es ist sehr<br />

schwer da wieder rauszukommen. Selbstgespräche helfen dabei:<br />

„ Ich sage mir jetzt vor jedem Ballwechsel, hey jetzt konzentrieren,<br />

sobald man gedanklich abschweift ist der Punkt schon verloren“,<br />

erzählt Hoyer, der sich um die Zukunft des Tischtennissport in<br />

Waldeck-Frankenberg große Sorgen macht. „Im Jugendbereich<br />

kommt einfach zu wenig nach.“<br />

Er weiß mittlerweile auch wieder wie sich eine Niederlage anfühlt.<br />

Denn im Finale des Bezirkspokals hat es Hoyer im Einzel auch mal<br />

erwischt. Nicht schlimm. Er ist auch ein guter Verlierer.<br />

Text: Reinhard Schmidt<br />

Foto: privat<br />

SPIELFELD<br />

Die Guten spielen Tischtennis<br />

Wie stellt man sich den allgemeinen Tischtennisspieler vor, wenn<br />

man ihn noch nie hat spielen sehen? Die Männer und Frauen, die<br />

den kleinen Ball übers Netz schlagen, wirken im Leben neben der<br />

Tischtennisplatte und am Telefon dieser Sportredaktion immer so<br />

ruhig und ausgeglichen. Vielen von ihnen haben noch altmodischschöne<br />

Angewohnheiten, die die meisten Fußballer leider schon<br />

längst über Bord geworfen haben: Tischtennisspieler und -spielerinnen<br />

setzen sich nach dem Spiel oft noch mit dem Gegner von<br />

vorhin zusammen und trinken mit ihm ein oder zwei Bierchen.<br />

Erst kürzlich sagte der Korbacher Spieler Andreas Boltner etwas<br />

schwärmerisch, dass er sich mit seinen Teamkollegen wieder<br />

eine 0:9-Klatsche abgeholt habe, aber das gemeinsame Zusammensein<br />

gleiche das alles wieder aus. Der gleiche Tenor erklingt<br />

aus Wetterburg. Da haben die Frauen des TSV des Spitzenspiel<br />

in Morschen vor sich und die TSV-Kapitänin Saadia Kniwel sagt<br />

dazu: „Egal, wie das Spiel auch ausgehen mag, danach gegen wir<br />

mit den Morschenerinnen beim Thailänder Essen. Das sind gute<br />

Freundinnen von uns.“ So viel Harmonie, so wenig Rivalität, Worte,<br />

die wie ein Monolog in einem Rosemunde-Pilcher-Film klingen.<br />

Aber genauso stellen wir uns Tischtennisspieler vor, denn die Großen<br />

dieser Sportart leben uns auch diesen Charakter vor, ob Timo<br />

Boll, Dimitrij Ovtcharov oder Nina Mittelham. Nicht einmal bei<br />

Olympia sieht man einen, der während des Spiels ausrastet oder<br />

den Schiedsrichter beschimpft. Die Gelbe oder gar Rote Karte ist<br />

in diesen einfühlsamen Kreisen nicht notwendig. Aber stimmt das<br />

so? Vermutlich nicht, denn es muss sie geben, die cholerischen,<br />

die unfairen Tischtennisspieler. Diese Spielverderber gibt es doch<br />

in jeder Sportart. Allerdings kann der Tischtennissport seine<br />

Schreihälse, Quertreiber und die anderen Schwarzen Schafe wirklich<br />

gut verstecken.<br />

Text: Reinhard Schmidt

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