DER KONSTRUKTEUR 06/2023
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AUTOMATISIERUNGSTECHNIK<br />
02<br />
02 Für den „Ball Bot“ fiel die Wahl auf die EC-i 40-Motoren mit<br />
Planetengetriebe, während die anderen Achsen mit den bürstenlosen<br />
ECX Torque mit 22 mm Durchmesser ausgerüstet wurden<br />
03 Eingesetzt werden soll Miroki dort, wo vor allem<br />
menschliche Beziehungen wichtig sind<br />
PRODUKTE UND ANWENDUNGEN<br />
03<br />
INTERAGIEREN, NAVIGIEREN, GREIFEN<br />
Bei der Entwicklung von Miroki sollte ein Roboter erschaffen<br />
werden, der nicht nur akzeptiert wird, sondern auch nützlich ist.<br />
So galt es drei Aufgaben in der Robotertechnik zu lösen:<br />
1. Automatisierte Navigation in halbstandardisierten Räumen:<br />
Miroki ist zugänglich und leicht zu bedienen, denn der auf einer<br />
rollbaren Kugel stehende Roboter kann sich völlig frei bewegen<br />
und bewegt werden. Steht er im Weg, genügt es, ihn leicht mit<br />
dem Finger anzustupsen, damit er wegrollt, während ein Roboter<br />
auf zwei Beinen oder Laufketten weggehoben werden müsste.<br />
Eine für die Mobilität in sozialen Bereichen oder in Arbeitsumgebungen<br />
notwendige Funktion.<br />
2. Automatisiertes Greifen von Gegenständen: Die Hände von<br />
Miroki wurden so konzipiert, dass sie ausschließlich spezielle<br />
Griffe fassen können – sogenannte „Runen“, um die Fantasy-<br />
Geschichte weiterzuführen. Diese werden an den Gegenständen<br />
befestigt, die der Roboter hochheben soll. Dank des schlichten<br />
Universalgriffs erreicht Miroki eine Erfolgsquote von 97 Prozent<br />
beim Greifen, während der Marktstandard bei etwa 60 Prozent<br />
liegt. Ein wichtiger Punkt, denn ein Tool, das fast jedes zweite Mal<br />
bei seiner Aufgabe versagt, kann nicht zufriedenstellen.<br />
3. Semantische und emotionale Interaktionen: Miroki bringt<br />
unter funktionalen Gesichtspunkten genau das richtige Maß an<br />
Interaktionsfähigkeit mit, um Sprachbefehle verstehen und ausführen<br />
zu können. Eine Programmierung ist ohne technische<br />
Kenntnisse mithilfe von „wenn dies, dann das“-Befehlen möglich.<br />
„Das Konzept von Miroki setzt auf Vereinfachung: Er gehört<br />
nicht zu den Spitzenreitern in Sachen Greifen, Navigation oder Interaktion,<br />
aber er ist in allen drei Bereichen ausreichend gut, um<br />
seine Aufgabe zu erledigen, und zwar Gegenstände in einem sozialen<br />
Umfeld zu bewegen“, erläutert der CEO von Enchanted Tools.<br />
VOM KRANKENHAUS BIS HIN ZUM HOTEL<br />
Krankenhäuser, Seniorenheime, Flughäfen, Fachmessen, Hotels,<br />
Restaurants ... Miroki kann bis zu 3 kg schwer tragen und sich in<br />
allen Betreuungsinstitutionen, Durchgangsräumen oder Freizeiteinrichtungen<br />
nützlich machen, für die Personal schwer zu finden<br />
ist und in denen menschliche Beziehungen wichtiger als logistische<br />
Aufgaben sind.<br />
Die Universalgriffe, die Miroki verwendet, funktionieren mithilfe<br />
von Tags, die Gegenstände greifbar und Räume erkennbar<br />
machen sollen. So können künftig beispielsweise alle Zimmer<br />
einer bestimmten Krankenhausstation mit diesen Sensoren ausgestattet<br />
werden. Das Pflegefachpersonal kann verschiedene<br />
Frühstückstabletts vorbereiten und muss dem Roboter lediglich<br />
Folgendes sagen: „Hier ist das Tablett für Frau Meier. Ich möchte,<br />
dass du jeden Morgen um 8 Uhr das Tablett von Frau Meier ins<br />
Zimmer 103 bringst und es um 9 Uhr wieder abholst“, und der Roboter<br />
wird diesen Auftrag ausführen. Auch eine Anweisung an<br />
den Roboter, alle Tabletts abzuholen, die um zwölf Uhr mittags<br />
noch nicht eingesammelt wurden, ist möglich. Mithilfe dieser<br />
einfachen Sprachbefehle kann der Roboter Aufgaben erledigen<br />
und so den Menschen das Leben deutlich erleichtern.<br />
TEAM ENTWICKELT MIROKI IN REKORDZEIT<br />
Enchanted Tools wurde 2021 von Jérôme Monceaux, Multiunternehmer<br />
und Mitgründer von Aldebaran, sowie Samuel Benveniste<br />
(PhD), früherer Leiter des französischen Kompetenzzentrums<br />
für kognitive Stimulation CEN Stimco, gegründet. Bei Projektstart<br />
hatte das Start-up das höchste Kapital in der französischen Robotik-Geschichte<br />
generiert: sage und schreibe 15 Millionen Euro,<br />
mithilfe derer 50 Expertinnen und Experten unterschiedlichster<br />
Fachrichtungen eingestellt worden sind, um Miroki zum Leben<br />
zu erwecken.<br />
„Wir standen unter Zeitdruck, denn es galt, innerhalb eines Jahres<br />
einen Roboter zu bauen. Maxon reagierte schnell, verfügte<br />
über zuverlässige Produkte, die für das Prototyping infrage<br />
kamen, und stand uns anschließend bei der Serienfertigung zur<br />
Seite“, erinnert sich Jérôme Monceaux. Die Teams von Maxon<br />
unterstützten Enchanted Tools beim Auslegen der Produkte und<br />
Auswählen der verschiedenen Antriebe. Dabei wurden die technischen<br />
Anforderungen und die sehr kurzen Fristen bis zur Vorstellung<br />
des neuen Roboters berücksichtigt. Für den „Ball Bot“<br />
fiel die Wahl auf die EC-i 40-Motoren mit Planetengetriebe, während<br />
die anderen Achsen mit den bürstenlosen ECX Torque mit<br />
22 mm Durchmesser ausgerüstet wurden.<br />
„Da es sich um autonome Robotik handelt, bei der es um selbsttragende<br />
Systeme geht – und bei der die Stellantriebe folglich Teil<br />
der Lösung, aber auch des Problems (Gewicht, Trägheit, Platzbedarf)<br />
sind –, haben wir Motoren mit hoher Leistungsdichte und<br />
geringer Trägheit bezogen auf das Drehmoment empfohlen. Das<br />
bedeutet, sie haben eine niedrige mechanische Anlaufzeitkonstante,<br />
Reduktionsgetriebe mit hohem Wirkungsgrad und hohe<br />
Drehmomentdichte“, sind sich Kevin Schwartz, Vertriebsingenieur<br />
bei Maxon France und Max Erick Busse-Grawitz, Technology<br />
Transfer Manager bei Maxon International einig.<br />
Dank zahlreicher Besprechungen per Telefon und vor Ort<br />
arbeiteten die Maxon Teams Hand in Hand mit den technischen<br />
Teams von Enchanted Tools. Schrittweise konnten diese den<br />
Bedarf immer weiter konkretisieren und Achse für Achse neue<br />
20 <strong>DER</strong> <strong>KONSTRUKTEUR</strong> <strong>2023</strong>/<strong>06</strong> www.derkonstrukteur.de