EVP-Fraktion - EPP Group
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206<br />
V<br />
Verbraucherrechte<br />
In den vergangen 2 Jahren hat die Europäische Gemeinschaft die schwerste weltweite<br />
Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts erlebt. Diese Krise hat Jahre<br />
des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts zunichte gemacht und die strukturellen Schwächen<br />
der europäischen Wirtschaft aufgedeckt. Die seit langem bestehenden Probleme - Globalisierung,<br />
Ressourcenknappheit, Alterung der Bevölkerung - werden durch die sich durch die Krise neu<br />
entstandenen Schwierigkeiten - übermäßige Staats- und Privatverschuldung, träges strukturelles<br />
Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit, Banken- und Liquiditätskrise - verschärft.<br />
Eurostat konstatierte daher auch im März 2010, dass 23.130 Mio. Männer und Frauen in der<br />
Europäischen Gemeinschaft sich arbeitslos gemeldet haben, von den 15.808 Mio. in der Eurozone<br />
lebten, wobei die Arbeitslosenrate in den Niederlanden (4.1%) und Österreich (4.9%) am<br />
niedrigsten war, während Spanien (19.1%) und Lettland (22.3%) die höchsten Arbeitslosenraten<br />
aufwiesen. Zu den offiziell registrierten Arbeitslosen, wobei die Definition Arbeitsloser in den<br />
Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt wird, müssen noch diejenigen addiert werden, die<br />
eine Beschäftigung suchen, aber sich nicht als arbeitslos haben registrieren lassen (verdeckte<br />
Arbeitslosigkeit), weil sie aufgrund bestimmter staatlicher Leistungen statistisch als nicht<br />
arbeitslos gemeldet sind oder zum ersten Mal nach dem Schulabschluss Arbeit suchen bzw. noch<br />
langer Arbeitsunterbrechung aufgrund familiärer Begebenheiten wieder arbeiten möchten (stille<br />
Reserve), so dass man in etwa von der doppelten Zahl der Arbeitslosen ausgehen muss, die dem<br />
Arbeitsmarkt theoretisch zur Verfügung ständen.<br />
> Daher ist es diesmal von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im drei Jahresrhythmus<br />
nun eine generelle Überarbeitung der beschäftigungspolitischen Leitlinien vorgenommen hat, um<br />
insbesondere auch den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren, deren Arbeitslosenrate (20%)<br />
doppelt so hoch ist als die der Gesamtarbeitslosen (10%) zu helfen. Die Anzahl der bisherigen<br />
beschäftigungspolitischen Leitlinien von 2008 wurden zur Verbesserung der Transparenz auf<br />
vier zusammengestrichen. Sie bilden die präzise Richtschnur zur Festlegung der nationalen<br />
Reformprogramme und deren Durchführung die Basis für alle länderspezifischen Empfehlungen<br />
des Rates an die Mitgliedstaaten und die Grundlage für den jährlichen Gemeinsamen<br />
Beschäftigungsbericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament. Die<br />
Kommission geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten von den positiven Spillover-Effekten<br />
koordinierter Strukturreformen insbesondere innerhalb der Eurozone profitieren werden und<br />
weist in ihrer Strategie 2020 darauf hin, dass die EU die Erreichung der Ziele überwachen und<br />
bei Nichterreichung Verwarnungen aussprechen wird, um zu bewirken, dass die Mitgliedstaaten<br />
die Leitlinien auch befolgen, was in der Vergangenheit mangels Sanktionsmöglichkeiten nicht<br />
geschehen ist. Damit bewegt sich die EU aber außerhalb der Kompetenzordnung; denn nach<br />
Artikel 121 AEUV sind Verwarnungen nur im Bereich der Wirtschaftspolitik nicht möglich,<br />
aber im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie zur Bekämpfung der sozialen<br />
Ausgrenzung. Aus diesem Grunde beschränkt sich die Kommission durchgängig bei der<br />
Festlegung der Ziele auf den Konjunktiv, was den vorgeschlagenen Maßnahmen den Charakter<br />
unverbindlicher Empfehlungen verleiht: Zu dem Bündel der beschäftigungspolitischen Leitlinien<br />
gemäß Artikel 148 AEUV gehören:<br />
> Leitlinie 7 „Erhöhung der Beschäftigungsquote und Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit mit<br />
dem Kernziel, dass 75% der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren bis 2020 in Arbeit stehen<br />
sollen“.<br />
> Leitlinie 8 „Heranbildung von Arbeitskräften, deren Qualifikationen den Anforderungen des<br />
Arbeitsmarktes entsprechen, Förderung der Arbeitsplatzqualität und lebenslangen Lernens.“<br />
Mit Blick auf Berufsanfänger sollen die Mitgliedstaaten die Ausbildungssysteme verstärken,<br />
lebenslanges Lernen sowie Weiterbildung, Qualifizierung und Berufserfahrung hochqualifizierter<br />
Arbeitskräfte fördern.<br />
> Leitlinie 9 «Steigerung der Leistungsfähigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme<br />
auf allen Ebenen und Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung mit dem Kernziel,<br />
dass mindestens 40% der 30 bis 34 Jährigen einen Hochschulabschluss der gleichwertigen<br />
Bildungsabschluss haben sollen und höchstens 10% eines Jahrgangs sollen ohne Schulabschluss<br />
sein.<br />
> Leitlinie 10 „Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut“ dadurch, dass die<br />
Zahl der unterhalb der nationalen Armutsgrenzen lebenden Europäer um 20 Mio. auf 60 Mio.<br />
verringert werden soll.<br />
Das Kernziel, den Anteil der Hochschulabsolventen und der Inhaber vergleichbarer Abschlüsse auf<br />
40% zu erhöhen sowie den Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss auf 10% zu begrenzen, könnte<br />
jedoch dazu führen, dass die Mitgliedstaaten, um diese Ziele zu erreichen, die Anforderungen an<br />
den Abschlüssen senken, anstatt wie es die Kommission beabsichtigt, die Qualität der Bildung zu<br />
verbessern. Ebenso erwartet die Kommission von den Mitgliedstaaten, dass sie ihre Steuer- und<br />
Sozialsysteme so aufeinander abstimmen, dass sie einer Arbeitsaufnahme nicht im Wege stehen.<br />
Doch darf dies nicht dazu führen, dass über zu teure Kombilohnmodelle Arbeitslose aus der<br />
Arbeitslosigkeit herausgekauft werden. Stets sollte bei aktiver Arbeitsmarktpolitik sichergestellt<br />
sein, dass die Wertschöpfung des Produktes höher ist als seine Kosten, damit Arbeitsplätze ohne<br />
Subventionen entstehen.<br />
Auch werden sich die Erwartungen, die die Kommission an den Flexicurity Ansatz knüpft, werden<br />
sich wohl nicht erfüllen, da mit diesem Konzept zwei widersprüchliche Ziele gleichzeitig verfolgt<br />
werden. Eine angestrebte höhere Sicherheit für Arbeitnehmer durch eine höhere finanzielle<br />
Absicherung bei Arbeitslosigkeit kann nur durch zusätzliche finanzielle Aufwendungen und<br />
flexibilitätsfeindliche Regulierungen erreicht werden, wobei zudem Tradition und Struktur der<br />
Arbeitsmärkte in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind, so dass das dänische Erfolgsmodell<br />
nicht ohne weiteres auf andere Länder übertragen werden kann. Zudem fördert die Vergabe von<br />
Mindestlöhnen nicht gerade die Zahl der Beschäftigten, da Arbeitsplätze immer dann vernichtet<br />
werden, deren Wertschöpfung unterhalb der Mindestlöhne liegt, und behinderte und ausgegrenzte<br />
Personen zunächst nicht von Beginn der Arbeitsaufnahme an schon die Wertschöpfung erzielen,<br />
die erfahrene und voll einsatzfähige Arbeitskräfte besitzen.<br />
Auch wenn konkrete Vorgaben auf europäischer Ebene stets die Gefahr in sich tragen, dass<br />
sie der tatsächlichen Situation in dem einen oder anderen Mitgliedsland nicht gerecht werden,<br />
hat das Parlament den Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen und Ziele vorgegeben, um die<br />
hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren und die Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden, damit<br />
jeder der arbeiten möchte, auch arbeiten und sich in der Arbeit verwirklichen kann. Nicht von<br />
Transferzahlungen abhängig zu sein, fördert das Selbstbewusstsein und erlaubt, ein aktives und<br />
gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft zu sein.<br />
Generell wird der Ansatz der Kommission zur zahlenmäßigen Beschränkung der Leitlinien<br />
unterstützt, jedoch möchte man die Leitlinien 8 und 9 zu einer zusammenfassen, um<br />
Überschneidungen zu vermeiden und die Leitlinien um die Leitlinie der Kohäsion erweitern.<br />
Zudem sieht man das Gender Mainstreaming als eine für alle Leitlinien gültige Maxime an.<br />
Darüber hinaus müsse die Kohärenz der Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten in den<br />
Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung und Soziales getroffen werden, sichergestellt sein und in<br />
nachhaltiges Wirtschaftswachstum investiert werden, das auch die Schaffung von nachhaltigen<br />
Arbeitsplätzen gewährleistet. Darüber hinaus seien die Anwendung von Flexicurityansätzen, gute<br />
Ausbildung, lebenslanges Lernen und die Bekämpfung struktureller Arbeitslosigkeit unabdingbare<br />
Voraussetzungen zur Erreichung und Verwirklichung der Beschäftigungs- und sozialen Ziele.<br />
Ebenso erwartet das Parlament einen geeigneten Rechtsrahmen für die neuen Arbeitsreformen<br />
und für die verstärkte Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern. Da die Ziele der Kommission zu<br />
allgemein gefasst angesehen worden sind, sind konkrete Zielvorgaben vorgeschlagen worden und<br />
zwar:<br />
> eine Erhöhung der Erwerbsbevölkerung auf 75%<br />
> eine Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20 - 24 Jährigen in Ausbildung oder in Beschäftigung<br />
auf 90%<br />
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