EVP-Fraktion - EPP Group
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V<br />
Regulierung und Beaufsichtigung<br />
von Finanzdienstleistungen<br />
Einleitung<br />
2010 war ein Jahr großer legislativer Erfolge im Bereich der Regulierung und Beaufsichtigung von<br />
Finanzdienstleistungen in der EU. In der zweiten Jahreshälfte – nach mehrmonatigen schwierigen<br />
interinstitutionellen Verhandlungen – wurden endlich die AIFM-Richtlinie (Hedgefonds-Richtlinie)<br />
und die neue Aufsichtsarchitektur verabschiedet. Bei der Suche nach einem EU-weiten Kompromiss<br />
zu diesen wichtigen Themen kam der <strong>EVP</strong> eine entscheidende Rolle zu. Zwei <strong>EVP</strong>-Mitglieder<br />
verfassten die Berichte des Europäischen Parlaments: José Manuel Garcia-Margallo (Europäische<br />
Bankaufsichtsbehörde) und Jean-Paul Gauzés (AIFM-Richtlinie).<br />
Finanzdienstleistungen stehen im Mittelpunkt der Reformagenda, die die internationale<br />
Gemeinschaft als Antwort auf die Finanzkrise verabschiedet hat. Ausgetragen wurden die Debatten<br />
um die Reform in der G20. Das Paket „Basel III“ bildet den Eckstein der Reaktion der Gruppe der<br />
20 führenden Länder auf die weltweite Finanzkrise, durch die sich die Regierungen gezwungen<br />
sahen, das Bankensystem zu stützen. Auf dem Gipfel von Seoul im November erhielt die Reform<br />
grünes Licht von den Staats- und Regierungschefs der G20. Die Vereinbarung wird durch Änderung<br />
der Richtlinie über die Eigenkapitalausstattung (CRD) in EU-Recht umgesetzt. Berichterstatter<br />
des Europäischen Parlaments für diesen grundlegenden Rechtsetzungsakt ist das <strong>EVP</strong>-MdEP<br />
Othmar Karas. Durch die Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie werden bessere Normen für die<br />
Kapitalausstattung in Finanzinstituten eingeführt, um eine erneute Finanzkrise in der Zukunft zu<br />
verhindern.<br />
Die Hedgefonds-Richtlinie<br />
Der Bereich der alternativen Investmentfonds (AIF) in der EU ist groß; er umfasste Ende 2008<br />
ein Vermögen von etwa 2 Bio. EUR. Zudem ist er sehr vielfältig: So fallen in diese Kategorie<br />
unter anderem Hedgefonds, „Private Equity“-Fonds, Rohstofffonds, Immobilienfonds und<br />
Infrastrukturfonds. Diese investieren in ein breites Spektrum von Vermögenswerten und bedienen<br />
sich unterschiedlicher Anlagestrategien und techniken. AIF investieren in Finanzinstrumente<br />
wie Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere oder Waren sowie in Anteile von Immobilien- und<br />
Infrastrukturprojekten und Kontrollbeteiligungen an Unternehmen.<br />
Die Finanzkrise hat eine Reihe von Schwachstellen im globalen Finanzsystem offengelegt.<br />
Sie hat gezeigt, wie die Risiken eines Sektors rasch auf das gesamte System übergreifen und<br />
schwerwiegende Folgen für alle Finanzmarktteilnehmer und die Stabilität der Finanzmärkte<br />
nach sich ziehen können. Die Richtlinie ist Teil eines ehrgeizigen und den Zusagen der G20<br />
entsprechenden EU-Programms, das darauf abzielt, alle Akteure und Tätigkeiten, die erheblichen<br />
Risiken unterliegen, einer wirkungsvollen Regulierung und Aufsicht zu unterwerfen. Ziel ist es,<br />
einen sicheren und harmonisierten EU-Rahmen für die Beobachtung und Überwachung der Risiken<br />
zu schaffen, die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) für ihre Anleger, Gegenparteien,<br />
andere Finanzmarktteilnehmer und für die Stabilität des Finanzsystems darstellen.<br />
Seit die Europäische Kommission im April 2009 ihren Vorschlag verabschiedet hat, waren<br />
schwierige Verhandlungen nötig, um zu einer Einigung zwischen den beiden gesetzgebenden<br />
Organen, dem Europäischen Parlament und dem Rat, zu gelangen. Der Berichterstatter des<br />
Europäischen Parlaments, Jean-Paul Gauzés (<strong>EVP</strong>, FR) führte Verhandlungen mit den drei<br />
aufeinander folgenden Ratsvorsitzen Schweden, Spanien und Belgien. Strittigstes Thema waren<br />
dabei die Vorschriften des Drittlandes. Nach ihrer Zulassung sollten die AIFM in der Lage sein,<br />
ihre Fonds mit Sitz in der Union in der gesamten Union zu verwalten und an professionelle Anleger<br />
zu vertreiben. Der Europäische Pass (einmalige Zulassung) sollte bei Einhaltung eines einfachen<br />
Meldeverfahrens den Vertrieb aller Fonds ermöglichen, die ihren Sitz innerhalb der Union haben<br />
und von einem in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zugelassenen AIFM verwaltet werden. Dieser<br />
Europäische Pass wird im Jahr 2013 eingeführt, der Europäische Pass für AIFM mit Sitz in einem<br />
Drittland im Jahr 2015.<br />
Die neue Aufsichtsarchitektur<br />
Die Finanzkrise hat erhebliche Schwachstellen in der Finanzaufsicht offengelegt. Im September<br />
2010 wurde eine neue europäische Finanzaufsichtsstruktur verabschiedet, die 2011 umgesetzt<br />
werden soll. Die neue Aufsichtsarchitektur hat folgende Bestandteile:<br />
ein Europäisches Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervisors – ESFS),<br />
in dem die nationalen Finanzaufsichtsbehörden im Netzverbund mit neuen Europäischen<br />
Finanzaufsichtsbehörden (European Supervisory Authority – ESA) zusammenarbeiten, welche<br />
aus der Umwandlung der bestehenden europäischen Aufsichtsausschüsse in eine Europäische<br />
Bankaufsichtsbehörde (Europäische Banking Association – EBA), eine Europäische Aufsichtsbehörde<br />
für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and<br />
Occupational Pensions Authority – EIOPA) und eine Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde<br />
(Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde – ESMA) hervorgehen, und das die Vorteile eines<br />
gesamteuropäischen Finanzaufsichtsrahmens mit der Sachkenntnis der für die Einzelaufsicht<br />
zuständigen nationalen Aufsichtsstellen, die den in ihrem Rechtskreis tätigen Instituten am<br />
nächsten sind, verknüpft, und ein Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), der die<br />
potenziellen Risiken für die Finanzstabilität, die sich aus makroökonomischen Entwicklungen<br />
und aus Entwicklungen innerhalb des Finanzsystems insgesamt ergeben, überwachen soll. Zu<br />
diesem Zweck würde der ESRB frühzeitig vor sich abzeichnenden systemweiten Risiken warnen<br />
und erforderlichenfalls Empfehlungen für Maßnahmen zur Eindämmung dieser Risiken ausgeben.<br />
Die Einigung zwischen den beiden Mitgesetzgebern Parlament und Rat war sehr schwierig.<br />
Den Europäischen Aufsichtsbehörden werden in verschiedenen Situationen verbindliche<br />
Befugnisse gegenüber den nationalen Behörden eingeräumt, etwa bei einem Verstoß gegen die<br />
EU-Finanzvorschriften und im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den nationalen<br />
Behörden in den Kollegien der Aufsichtsbehörden. Um die wirksame Anwendung der Richtlinie<br />
sicherzustellen, erhalten die ESA die Befugnis, technische Normen zu erlassen, wobei das EP das<br />
Recht hat, diese Normen vor ihrer Billigung durch die Kommission zu überprüfen.<br />
José Botella,<br />
Referent<br />
14.11.2010<br />
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