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EVP-Fraktion - EPP Group

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148<br />

V<br />

Bilaterale Freihandelsabkommen<br />

der EU – Neues im Jahr 2010<br />

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2010 erlangte das Parlament Verantwortung<br />

als Mitgesetzgeber für alle Vorschläge zur Umsetzung der Gemeinsamen Handelspolitik – sowohl<br />

bei politischen als auch bei technischen Aspekten. Diese neu gewonnenen Zuständigkeiten ziehen<br />

eine höhere Verantwortung für den Ausschuss für internationalen Handel nach sich. Als größte<br />

<strong>Fraktion</strong> im INTA-Ausschuss setzte die <strong>EVP</strong>-<strong>Fraktion</strong> ihre Prioritäten im Bereich des internationalen<br />

Handels durch.<br />

Zusätzlich zum multilateralen Ansatz der WTO sollen – als zweitbeste Lösung – die<br />

Freihandelsabkommen als ergänzendes Instrument des multilateralen Rahmens ein besonderes<br />

Gewicht erhalten. Mittels dieser Abkommen soll die europäische Industrie einen besseren<br />

Zugang zu Drittmärkten bekommen. Und da der Export für die europäische Wirtschaft ein<br />

wichtiger Garant für Wachstum und Beschäftigung ist und Millionen von Arbeitsplätzen sichert,<br />

profitieren die europäischen Unternehmen unmittelbar vom Export, aber auch von den positiven<br />

Nebeneffekten für den Binnenmarkt. Schlüsselmärkte bieten das Potenzial für bedeutende neue<br />

Handelsperspektiven, und die europäischen Unternehmen fordern bessere Zugangsbedingungen<br />

zu diesen Märkten. Auf ihre Forderungen hin nahm die EU am Ende des ersten Jahrzehnts des<br />

neuen Jahrtausends Verhandlungen über neue, ehrgeizige Freihandelsabkommen mit Indien<br />

und der Republik Korea auf. Im Jahr 2010 wurden bei den Mehrparteiengesprächen über ein<br />

Freihandelsabkommen EU-Andengemeinschaft bedeutende Fortschritte mit Kolumbien und Peru<br />

erzielt. Im Folgenden geben wir einen zusammenfassenden Überblick über diese Fortschritte.<br />

Freihandelsabkommen mit Korea<br />

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der Republik Korea wurden im Mai 2007<br />

aufgenommen. Nach acht offiziellen Verhandlungsrunden haben sich beide Seiten 2009 endgültig<br />

geeinigt und das Abkommen am 6. Oktober 2010 unterzeichnet. Das Freihandelsabkommen<br />

EU-Korea ist das umfassendste aller bisher von der Europäischen Union ausgehandelten<br />

Freihandelsabkommen. Es ist außerdem das Flaggschiff der Initiative für ein global<br />

wettbewerbsfähiges Europa und erfüllt die vom Rat gebilligten Verhandlungsleitlinien sowie die<br />

Ziele der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2007 über die Handelsund<br />

Wirtschaftsbeziehungen mit Korea.<br />

Dieses Freihandelsabkommen bringt der EU sowohl im Hinblick auf den Marktzugang in Korea<br />

als auch für das Vertrauen in die Handelspolitik der EU große Vorteile. Für nahezu alle Waren<br />

sind die Einfuhrzölle abgeschafft worden, und es findet eine weitreichende Liberalisierung des<br />

Dienstleistungsverkehrs bei allen Erbringungsarten statt. Das Abkommen beinhaltet Bestimmungen<br />

zu Investitionen sowohl im Dienstleistungs- als auch im Industriesektor, strikte Vorgaben für<br />

wichtige Bereiche wie den Schutz des geistigen Eigentums (einschließlich geografischer Angaben),<br />

das öffentliche Auftragswesen, Wettbewerbsregeln, Transparenz der Regulierungsmaßnahmen und<br />

nachhaltige Entwicklung. Der im Freihandelsabkommen vereinbarte bessere Marktzugang wird die<br />

Position der EU-Lieferanten auf dem koreanischen Markt weiter festigen.<br />

Die vorläufige Anwendung des Abkommens wird für den 1. Juli 2011 erwartet, Voraussetzung<br />

ist jedoch, dass das Europäische Parlament bis dahin seine Zustimmung erteilt hat und die<br />

Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Umsetzung der bilateralen<br />

Schutzklausel des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Korea in Kraft tritt.<br />

Die von der Kommission vorgeschlagene Schutzklausel als Teil des Abkommens soll die<br />

Wiedereinführung von Zöllen sicherstellen, falls die Einfuhren eines bestimmten Produkts aus<br />

Südkorea in die EU oder in umgekehrter Richtung steigen sollten. Nach der Trilogsitzung konnte<br />

für alle ausstehenden Punkte eine Lösung gefunden werden. Die <strong>EVP</strong>-<strong>Fraktion</strong> ist dem Vorschlag<br />

des Berichterstatters Pablo ZALBA-BIDEGAIN einstimmig gefolgt. Seine politische Botschaft<br />

an den Rat während der Trilogsitzung war eindeutig: Wir wollen ein Freihandelsabkommen<br />

EU-Korea, aber nicht um jeden Preis, und die Bedingungen, unter denen die Klausel zum Schutz<br />

der Wirtschaft der EU angewandt werden könnte, sind für unsere abschließende Bewertung von<br />

größter Bedeutung. Die größten Bedenken äußerte die europäische Automobilindustrie. Auch sie<br />

wurden vom Berichterstatter der <strong>EVP</strong> im Verlauf der Trilogsitzung weitgehend mitberücksichtigt.<br />

Das im Ergebnis der Trilogsitzung getroffene Übereinkommen bewertet die <strong>Fraktion</strong> als völlig<br />

zufriedenstellend.<br />

Freihandelsabkommen mit Indien<br />

Indien ist ein wichtiger Handelspartner der EU und eine wachsende globale Wirtschaftsmacht.<br />

2004 wurde das Land ein „strategischer Partner“ der EU. Der Gemeinsame Aktionsplan EU-Indien,<br />

der seit 2005 besteht und 2008 überarbeitet wurde, zielt auf die vollständige Entfaltung des<br />

Potenzials dieser Partnerschaft in den für Indien und die EU wichtigen Hauptbereichen ab.<br />

Die indische Wirtschaft verbindet einen großen und wachsenden Markt von über einer Milliarde<br />

Menschen mit einer Wachstumsrate von 8 % bis 10 % und ist damit eine der am schnellsten<br />

wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Obwohl die Lage in Indien kaum noch an den<br />

abgeschotteten Markt von vor 20 Jahren erinnert, bestehen nach wie vor erhebliche tarifäre und<br />

nicht-tarifäre Hemmnisse, die den Handel mit der EU behindern. Die Europäische Union und<br />

Indien hoffen, durch die 2007 aufgenommenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen<br />

ihr Handelsvolumen bei Waren und Dienstleistungen zu steigern.<br />

Wegen des schnellen Wachstums, verbunden mit einer relativ starken Abschottung des<br />

Marktes, lag es auf der Hand, Indien als möglichen Partner für die neue Generation von<br />

EU-Freihandelsabkommen zu gewinnen, die als Teil der Strategie für das global orientierte Europa<br />

im Jahr 2006 ins Leben gerufen wurde. Die Parameter für ein ambitioniertes Freihandelsabkommen<br />

wurden im Bericht der Hochrangigen Gruppe EU-Indien für Handel im Oktober 2006 festgelegt,<br />

der zur Bewertung der Tragfähigkeit eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien<br />

erstellt wurde. Auch die Verfasser weiterer Studien haben das wirtschaftliche Potenzial eines<br />

Abkommens zwischen der EU und Indien bekräftigt. Verhandlungen darüber wurden im Juni 2007<br />

aufgenommen, und bislang fanden zehn Verhandlungsrunden statt, die letzte im Oktober 2010.<br />

Das diesjährige Gipfeltreffen EU-Indien ist für den 10. Dezember in Brüssel angesetzt. Experten<br />

zufolge hat das Freihandelsabkommen EU-Indien unter allen Abkommen, die die Europäische<br />

Union derzeit abzuschließen gedenkt, den höchsten Stellenwert.<br />

Die Verhandlungen verlaufen planmäßig, aber es bleibt noch viel zu tun. Auf der Tagesordnung<br />

steht unter anderem die Frage, wie der Marktzugang für Güter und die Einbeziehung des<br />

öffentlichen Auftragswesens verbessert werden können. Vereinbart wurde eine Intensivierung<br />

der Gespräche mit Blick auf einen möglichst schnellen Abschluss.<br />

Allerdings ergeben sich aufgrund des Beharrens der EU auf Einbeziehung politischer oder nicht<br />

handelsbezogener Aspekte wie Menschenrechtsfragen, Regierungsführung und Umweltstandards<br />

in den Vertrag einige Verzögerungen. Ihrer Behandlung im Kontext des Freihandelsabkommens<br />

widersetzen sich die indischen Vertreter entschieden. Hinsichtlich des Klimawandels verlangt die<br />

EU klare Zusagen und verbindliche Zielvorgaben zur Senkung der Emissionen. Indien möchte seiner<br />

Industrie keine Beschränkungen auferlegen, weil es seine überaus wichtigen Entwicklungsziele<br />

nicht gefährden will. Auch die <strong>EVP</strong>-<strong>Fraktion</strong> teilt diese Ansichten. Bei einem Besuch in Indien<br />

im April 2010 betonte Iuliu WINKLER die große Bedeutung eines Freihandelsabkommens und<br />

hob zugleich die Wichtigkeit solcher Fragen hervor, zum Beispiel hinsichtlich der Umsetzung der<br />

Rechte am geistigen Eigentum oder der Aufnahme von sozialen und Umweltstandards.<br />

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