EVP-Fraktion - EPP Group
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V<br />
Landwirtschaft in Gebieten mit naturbedingten<br />
Nachteilen: eine gesonderte Überprüfung<br />
(Bericht Herbert Dorfmann)<br />
BENACHTEILIGTE REGIONEN IM LÄNDLICHEN RAUM<br />
UND DIE ZWEITE SÄULE<br />
Die Förderung benachteiligter Regionen im ländlichen Raum ist ein wesentlicher Bestandteil<br />
der sogenannten zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Politik zur Entwicklung der<br />
ländlichen Räume.<br />
Die <strong>EVP</strong>-<strong>Fraktion</strong> ist zutiefst davon überzeugt, dass diese multifunktionale Rolle zukünftig noch<br />
an Bedeutung gewinnen wird. Darum braucht eine starke GAP ein belastungsfähiges Fundament<br />
– die beiden Säulen „Direktzahlungen und Marktmaßnahmen“ und „Entwicklung des ländlichen<br />
Raums“. Eine starke zweite Säule ist dabei von größter Bedeutung für Landwirte und Verbraucher,<br />
für eine stabile und haltbare ländliche Entwicklung, die den Forderungen der Öffentlichkeit im<br />
Hinblick auf Umweltschutz, Naturressourcen und gesunde Lebensmittel nachkommt.<br />
Im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007 bis 2013 ist eine wichtige<br />
Weiterentwicklung dieser Regelung vorgesehen: Gemäß dem neuen strategischen Ansatz, mit<br />
dem ein größerer Beitrag der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums zu den übergeordneten<br />
Zielen der EU erreicht werden soll, wurden die Zahlungen für naturbedingte Nachteile in Bergund<br />
anderen Gebieten dem Schwerpunkt 2 zugeordnet, mit dem Umwelt und Landschaft durch<br />
Förderung der nachhaltigen Landbewirtschaftung verbessert werden sollen.<br />
Über die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche wurde von den Mitgliedstaaten als<br />
benachteiligtes Gebiet eingestuft. Dabei machen die Bergregionen ca. 16 Prozent der Fläche<br />
aus. Der größte Anteil entfällt jedoch mit über 35 Prozent auf die Regionen mit anderen, zumeist<br />
naturbedingten Nachteilen.<br />
In diesem Zusammenhang und unter Berücksichtigung der Bedenken des Rechnungshofs wurde<br />
das Konzept zur Bestimmung der benachteiligten Zwischengebiete in wesentlichen Punkten<br />
überarbeitet.<br />
SONDERBERICHT DES EUROPÄISCHEN<br />
RECHNUNGSHOFS<br />
Der Europäische Rechnungshof veröffentlichte im Jahr 2003 einen Sonderbericht über die<br />
Förderung der benachteiligten Gebiete. Darin stellte der Rechnungshof unter anderem fest,<br />
dass die „benachteiligten Zwischengebiete“ von den Mitgliedstaaten anhand einer Vielzahl<br />
unterschiedlicher Kriterien eingestuft wurden, und kritisierte, dass diese Unterschiede in der<br />
Ausweisung förderfähiger Gebiete „zu einer Ungleichbehandlung führen können“.<br />
Darüber hinaus bemängelte der Rechnungshof, dass nur ein geringer Teil der Betriebe in<br />
diesen Gebieten eine Ausgleichszahlung erhält und dass die Höhe dieser Zahlungen zwischen<br />
den Mitgliedstaaten erheblich schwankt. Der Rechnungshof sah daher eine „Gefahr von<br />
Überkompensationen“ und forderte die Kommission auf, „in enger Zusammenarbeit mit den<br />
Mitgliedstaaten ein besser geeignetes Instrumentarium an Indikatoren zur Ermittlung der<br />
benachteiligten Gebiete auszuarbeiten, das eine kohärente Vorgehensweise und eine einheitliche<br />
Behandlung der Begünstigten garantiert“.<br />
1. ARTIKEL 50 ABSATZ 3 BUCHSTABE a DER VERORDNUNG<br />
(EG) NR. 1698/2005<br />
Die Interventionslogik der Ausgleichsregelung für benachteiligte Gebiete wurde 2005 überarbeitet.<br />
Um den zur Umsetzung der EU-Strategie für eine nachhaltige Entwicklung geleisteten Beitrag<br />
der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums zu verstärken, wurde beschlossen, die Ziele<br />
der Regelung eindeutig auf die Landbewirtschaftung auszurichten.<br />
Dass die sozioökonomische Komponente aus den Hauptzielen der Zahlungen für benachteiligte<br />
Gebiete (nunmehr „Zahlungen für naturbedingte Nachteile“ genannt) herausgenommen wurde,<br />
ist so zu verstehen, dass hierdurch gezieltere Maßnahmen zur Sicherstellung des Einkommens<br />
der Landwirte und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und der Wirtschaft im ländlichen Raum<br />
insgesamt durchgeführt werden können. In einem marktorientierten Kontext wird das Einkommen<br />
der Landwirte hauptsächlich durch entkoppelte Direktzahlungen und durch Beihilfen für die ländliche<br />
Entwicklung gestützt, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe führen sollen. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den ländlichen Gebieten<br />
wird vorwiegend durch Maßnahmen im Rahmen der Politik zur ländlichen Entwicklung und<br />
der Kohäsionspolitik vorangetrieben, die die Diversifizierung hin zu nichtlandwirtschaftlichen<br />
Tätigkeiten, die Entwicklung von Kleinst- und kleinen und mittleren Betrieben sowie von<br />
Fremdenverkehrstätigkeiten und die Bereitstellung von Grundversorgungsdiensten fördern.<br />
Artikel 50 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 enthält eine neue<br />
Definition für Gebiete mit naturbedingten Nachteilen, die nicht Berggebiete sind und nicht<br />
zu den Gebieten mit spezifischen Nachteilen gehören; diese Gebiete müssen „von anderen<br />
naturbedingten Nachteilen betroffen sein, insbesondere einer geringeren Bodenproduktivität<br />
oder von schwierigen klimatischen Verhältnissen, und [Gebiete sein,] in denen die Erhaltung<br />
einer extensiven Landwirtschaft wichtig für die Landbewirtschaftung ist“. 2005 konnte sich der<br />
Rat jedoch nicht auf ein durchführbares, gemeinschaftsweites System für die Einstufung dieser<br />
Gebiete einigen, das der neuen Definition und den neuen politischen Zielen entspricht. So wurde<br />
beschlossen, das frühere System für eine begrenzte Zeit beizubehalten. Die Kommission wurde<br />
beauftragt, die Beihilferegelung für benachteiligte Gebiete zu überarbeiten und einen Vorschlag für<br />
ein künftiges Ausweisungs- und Zahlungssystem vorzulegen.<br />
NEUE KRITERIEN<br />
In der Folge des Sonderberichts des Rechnungshofs sowie der Neufassung der Verordnung für<br />
die Entwicklung des ländlichen Raums von 2005 unternahm die Kommission eine Vielzahl von<br />
Aktivitäten zur Evaluierung der bisherigen Abgrenzungskriterien sowie zur näheren Definition der<br />
Gebiete mit naturbedingten Nachteilen. Zunächst betrauten die Kommissionsdienststellen die<br />
Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) mit der Aufgabe, eine Reihe von Boden- und Klimakriterien<br />
auszuwählen, die als Grundlage für ein neues System zur Abgrenzung der benachteiligten<br />
Zwischengebiete dienen könnten. Zu diesem Zweck wurde eine Gruppe von hochrangigen<br />
Bewertungssachverständigen für Boden, Klima und Topografie eingesetzt, deren Arbeit von der<br />
GFS koordiniert wurde.<br />
Die Sachverständigengruppe ermittelte acht Boden- und Klimakriterien, die bei Überschreitung<br />
bestimmter Grenzwerte auf große Beschränkungen für die Landwirtschaft in Europa hinweisen:<br />
klimatische Kriterien (langfristig niedrige Temperatur oder Hitzestress), bodenphysikalische<br />
Kriterien (schlecht drainierte Böden; steinige, sandige oder lehmige Böden; geringer Wurzelraum;<br />
salzige Böden) sowie Standorte mit sehr ungünstiger Feuchtigkeitsbalance oder starker Neigung<br />
des Terrains. Ein Gebiet gilt als von ausgeprägten naturbedingten Nachteilen betroffen, wenn ein<br />
Großteil seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche (mindestens 66 %) mindestens einem Kriterium<br />
mit dem vorgegebenen Schwellenwert entspricht. Die biophysikalischen Kriterien sind daher laut<br />
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