EVP-Fraktion - EPP Group
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V<br />
> eine Reduzierung der Schulabbruchquote auf unter 10%<br />
> eine Senkung der Anzahl, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, um 25%<br />
> eine Entlastung der KMUs von administrativen und nichttarifären Hindernissen<br />
> eine Bereitstellung eines außerfamiliären Betreuungsplatzes für jedes Kind im Vorschulalter<br />
> eine Garantie für einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz innerhalb von 4 Monaten nach Abschluss<br />
der Schulausbildung<br />
> eine Erhöhung der Qualität der Arbeitsvermittlungsstellen<br />
> flexiblere Arbeitszeitvorschriften, die den Bedürfnissen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
entsprechen<br />
> eine höhere Qualifizierung und Weiterbildung finanziert durch Arbeitgeber, Regierung und<br />
Einzelnem sowie<br />
> Investitionen in Verkehrs-, Energie, Telekommunikations- und IT Infrastrukturen, um durch<br />
derartige Maßnahmen und Garantien die Arbeitslosigkeit in den Mitgliedstaaten signifikant zu<br />
reduzieren.<br />
Klaus Kellersman,<br />
Referent<br />
Die Schuldenkrise<br />
Nachdem die PASOK 2009 die Macht in Griechenland übernahm, hatte sie nichts Eiligeres<br />
zu tun, als scharfe Kritik an ihren Vorgängern zu üben. So prangerte sie unter anderem das<br />
Haushaltsdefizit an, das weit über den zuvor veröffentlichten Zahlen lag. Allerdings waren sich<br />
die griechischen Sozialisten zu jener Zeit über drei Dinge nicht im Klaren: Die Anfänge des<br />
Betrugs reichten viele Jahre bis in die Regierungszeit der eigenen Partei zurück. Das tatsächliche<br />
Defizit war wesentlich höher als zunächst angenommen. Und sie ahnten nicht, dass sie eine weit<br />
über die Landesgrenzen hinausgehende Vertrauenskrise auslösen würden, die mittlerweile als<br />
Schuldenkrise bekannt ist.<br />
Bis dahin unterschied sich das Jahr 2009 von anderen Jahren insofern, als viele Menschen<br />
glaubten, endlich Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Es zeichnete sich ab, dass die Talsohle<br />
der Finanzkrise durchschritten war und der Konjunkturmotor wieder ansprang. Daher traf die<br />
Schuldenkrise das Land zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.<br />
Im Gegensatz zur Finanzkrise, von der fast die gesamte Weltwirtschaft betroffen war, beschränkt sich<br />
die Schuldenkrise größtenteils auf die Eurozone. Um eine gemeinsame Währung ohne eine mit klaren<br />
Wirtschafts- und Finanzbefugnissen ausgestattete europäische Zentralregierung aufrechtzuerhalten,<br />
muss sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten eine Reihe von fiskalischen Grundsätzen<br />
einhalten. Das wichtigste Instrument zur Durchsetzung dieser Prinzipien ist der Stabilitäts- und<br />
Wachstumspakt (SWP), der sich auf Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen<br />
Union (AEUV) stützt. Daneben existieren andere Mechanismen, wie beispielsweise die in Artikel<br />
125 festgeschriebene Nichtbeistandsklausel (No-Bail-Out-Klausel). [FUSSNOTE: Nach Artikel 125<br />
AEUV sind Projektanleihen im Gegensatz zu Eurobonds gestattet. In den Schlussfolgerungen<br />
des Europäischen Rates vom 28. und 29. Oktober 2010 hinsichtlich einer möglichen begrenzten<br />
Vertragsänderung wird jedoch eine Änderung von Artikel 125 ausdrücklich ausgeschlossen.] Sie soll –<br />
so die Grundüberlegung – bewirken, dass sich die Mitgliedstaaten bemühen, nicht in Schwierigkeiten<br />
zu geraten, denn ihnen wäre bewusst, dass sie mit den Konsequenzen allein fertig werden<br />
müssten. Weitere Mechanismen umfassen zum Beispiel die Überwachung der wirtschaftspolitischen<br />
Entwicklung durch die Kommission. Sie soll unter anderem gewährleisten, dass Löhne und Gehälter<br />
in den Mitgliedstaaten an die Produktivitätssteigerungen angepasst werden, um die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit zu wahren.<br />
Rückblickend hat offenbar keiner der genannten Mechanismen wie vorgesehen funktioniert.<br />
Die bei den Mitgliedstaaten auch vor der Finanzkrise ohnehin nicht hoch im Kurs stehende<br />
Haushaltsdisziplin war nach den Bemühungen der Regierungen, den Zusammenbruch der Banken<br />
und eine tiefe Rezession abzuwenden, kaum einzuhalten. [FUSSNOTE: Neben der Notwendigkeit<br />
eines SWP im Kontext der Europäischen Währungsunion ist die Haushaltsdisziplin für die<br />
Bewältigung der demografischen Veränderung von grundlegender Bedeutung. Die Finanzkrise<br />
hat den zwanzig Jahre verfolgten Konsolidierungskurs zur Sicherung der Rentensysteme zunichte<br />
gemacht.] Erste Konsequenzen zeigten sich, als klar wurde, dass Löhne im öffentlichen Dienst -<br />
gefolgt von der Privatwirtschaft - in einigen Mitgliedstaaten unverhältnismäßig angestiegen waren,<br />
wodurch die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaften empfindlich<br />
geschwächt wurden. Statt einer wirtschaftlichen Konvergenz taten sich in den Volkswirtschaften<br />
des Euro Währungsgebiets zunehmend große Wachstumsunterschiede auf.<br />
Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst in einigen Mitgliedstaaten sowie außergewöhnliche<br />
Freigiebigkeit bei der Verteilung öffentlicher Mittel resultierten aus den extrem niedrigen Zinsen<br />
in der Eurozone. Für viele Regierungen war der niedrige Leitzins der Zentralbank historisch<br />
ungewohnt. Alle, auch die Rating Agenturen, wähnten sich in Sicherheit vor der Zahlungsunfähigkeit<br />
eines Landes im Euroraum. In der Folge wurde das Wirtschaftswachstum auf Pump finanziert, von<br />
Nachhaltigkeit konnte allerdings keine Rede mehr sein, so dass eine Rückzahlung der Schulden<br />
in der Zukunft in weite Ferne rückte. [FUSSNOTE: Interessanterweise hatte die EZB über Jahre bei<br />
Treffen der Eurogruppe vor solchen Entwicklungen gewarnt, allerdings waren ihre Rufe auf taube<br />
Ohren gestoßen.]<br />
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