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BAU & HAUS<br />
GU-/TU-MODELLE<br />
DOSIERUNG DER<br />
RISIKEN<br />
Die Planung und Realisierung eines<br />
Bauvorhabens lässt sich an eine<br />
General- oder Totalunternehmung<br />
delegieren. Die Unterschiede liegen<br />
in der Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse.<br />
Verschiedene Aspekte<br />
können für die Wahl ausschlaggebend<br />
sein. TEXT— MANUEL PESTALOZZI*<br />
BILDER: RENÉ DÜRR<br />
The Circle beim Flughafen<br />
Zürich wurde<br />
von 2016–2022 mit einem<br />
Totalunternehmervertrag<br />
realisiert.<br />
DELEGIERUNG VON VERANT-<br />
WORTUNG<br />
Der General- und der Totalunternehmung<br />
(GU und TU) ist gemeinsam, dass sie Leistungen<br />
der an einem bestimmten Projekt<br />
beteiligten Subunternehmen bündeln, koordinieren<br />
und überwachen. Das ist oft<br />
notwendig, denn «Allrounder-Baukonzerne»,<br />
wie sie der Schweizer Branchengigant<br />
Ernst Göhner (1900–1971) exemplarisch<br />
verkörperte, sind heute eher rar. Für jedes<br />
Bauvorhaben ist ein spezifisches Team aus<br />
diversen Firmen zusammenzustellen. Jemand<br />
muss die Besetzung des «Orchesters»<br />
auswählen und anschliessend den<br />
Taktstock schwingen. Die Bauherrschaft<br />
kann dies selbst tun. Die Aufgabe – und<br />
mitunter auch das Risiko – lässt sich aber<br />
delegieren. Im Maximum beschafft man<br />
sich eine Art «Sorglos-Paket» und wartet<br />
gelassen die pünktliche Schlüsselübergabe<br />
und eine Schlussabrechnung ab.<br />
Das Übertragen von koordinierenden<br />
Aufgaben rund um ein Bauprojekt ist gang<br />
und gäbe; bei kleineren Umbauprojekten<br />
kann eines der beteiligten Unternehmen<br />
den Lead übernehmen. Je grösser das Vorhaben,<br />
desto höher ist die Komplexität und<br />
die Spezialisierung unter einer wachsenden<br />
Zahl von Beteiligten. Der administrative<br />
Aufwand wächst. Die Bauherrschaft muss<br />
sich etwa überlegen, ob sie selbst Leistungen<br />
ausschreiben soll oder dies Profis überlassen<br />
möchte, etwa dem Architekturbüro,<br />
das sich in diesem Fall neben dem Entwurf<br />
und dem Erstellen von Plänen auch um die<br />
Wahl der beteiligten Unternehmen kümmert.<br />
General- und Totalunternehmen befassen<br />
sich schwerpunktmässig mit administrativen<br />
Aufgaben und der Koordination.<br />
Architekturbüros werden unter ihm Teil des<br />
Teams, in dem sie für den räumlichen Entwurf<br />
zuständig sind. Man erkennt: Bei der<br />
Delegierung von Aufgaben geht es immer<br />
auch um die Dosierung von Einfluss und die<br />
Regulierung der Mitsprachemöglichkeiten.<br />
PLANEN UND AUSFÜHREN<br />
General- und Totalunternehmung sind<br />
keine geschützten Begriffe. Alle natürlichen<br />
und juristischen Personen sind grundsätzlich<br />
befugt, als solche aufzutreten und entsprechende<br />
Leistungen zu erbringen. Es ist<br />
grundsätzlich der Inhalt der abgeschlossenen<br />
Werkverträge, welche den Begriffen Leben<br />
einhaucht. Bei einem GU-Vertrag werden<br />
sämtliche Bauleistungen inklusive der<br />
Bauleitung in einem einzigen Vertrag zusammengefasst.<br />
Der TU-Vertrag umfasst zusätzlich die<br />
Planungsleistungen. Für Letztere lässt sich<br />
auch ein separater Generalplanervertrag<br />
abschliessen. Wie bereits erwähnt, werden<br />
in den Verträgen für konkrete Leistungspakete<br />
Preise und Termine vereinbart. Für<br />
die Bauherrschaft ändert sich im Wesentlichen<br />
der Kontrollaufwand. Sie muss den<br />
General- und Totalunternehmungen im Gegenzug<br />
Vertrauen schenken.<br />
Für die Vertrauenswürdigkeit der Vertragspartner<br />
steht beispielsweise der Verband<br />
Entwicklung Schweiz (ES), der sich<br />
aus der Vorgängerorganisation VSGU Verband<br />
Schweizerischer Generalunternehmer<br />
entwickelt hat. «Mit zahlreichen branchentypischen<br />
Veranstaltungen nährt ES<br />
ein gesamtschweizerisches Netzwerk. Er<br />
verfügt über Best Practice zu aktuellen<br />
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IMMOBILIA / Juni <strong>2023</strong>