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Elbufer Rundschau: Erinnerungen - Himmel und Hölle in der Bäckerei

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Wie bauten die frühen Hitzackeraner?<br />

„Womit haben die Menschen damals solche großen<br />

Häuser gebaut, wie sie hier stehen?“ fragen wir Frau<br />

Braun. Wie<strong>der</strong> lächelt sie <strong>und</strong> nimmt zwei große Beile<br />

zur Hand. „Das war das Werkzeug. Wir behaupten das<br />

nicht nur, son<strong>der</strong>n wir arbeiten auch richtig mit diesen<br />

Nachbauten. Das nennen wir Experimentelle Archäologie,<br />

<strong>und</strong> die ist uns sehr wichtig.“<br />

Auffälligkeiten im Boden werden genau dokumentiert<br />

Bodenverfärbungen geben wichtige H<strong>in</strong>weise<br />

Uns fasz<strong>in</strong>iert die Vorstellung, dass genau hier schon<br />

vor so langer Zeit reges menschliches Treiben geherrscht<br />

haben soll: „Wie haben die Menschen hier gelebt?<br />

S<strong>in</strong>d das direkte Vorfahren von uns?“ fragen wir.<br />

„Wohl nicht. Nach etwa 1300 Jahren, für die menschliches<br />

Leben nachweisbar ist, brach die Besiedelung ab.<br />

Was <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> war, wissen wir nicht.<br />

Die große Herausfor<strong>der</strong>ung für uns lautet, e<strong>in</strong>e Zeit zu<br />

rekonstruieren, über die es ke<strong>in</strong>e schriftlichen Zeugnisse<br />

gibt. Doch da s<strong>in</strong>d die zahlreichen F<strong>und</strong>e, die uns<br />

e<strong>in</strong> gewisses Bild geben. Auch Pollenproben <strong>und</strong> Reste<br />

von Knochen aus <strong>der</strong> Bronzezeit liefern uns Informationen.<br />

Und natürlich untersuchen wir auch akribisch<br />

den Boden, dabei werden Höhen <strong>und</strong> Senken sowie Bodenverfärbungen<br />

genau dokumentiert.“<br />

Frau Braun ist jetzt <strong>in</strong> ihrem Element <strong>und</strong> freut sich<br />

über unsere Fragen. Sie holt e<strong>in</strong>e große Tafel, auf <strong>der</strong><br />

die Bodenauffälligkeiten nahe <strong>der</strong> Kreisstraße e<strong>in</strong>gezeichnet<br />

s<strong>in</strong>d: „In unserem Boden erhalten sich organische<br />

Bestandteile nicht lange. Aber wenn wir die<br />

Stellen mit Bodenverfärbungen<br />

dokumentiert<br />

<strong>und</strong><br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> Bezug<br />

gesetzt haben,<br />

dann <strong>in</strong>terpretieren<br />

wir daraus, wo<br />

<strong>der</strong>e<strong>in</strong>st Pfosten im<br />

Boden saßen, die<br />

zu e<strong>in</strong>em Gebäude<br />

gehörten.“ Sie zeigt uns Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ien zwischen<br />

bräunlichen Verfärbungen.<br />

Unversehens werden wir kurz gestört. E<strong>in</strong> Mann<br />

kommt durch die Tür. Frau Braun bittet ihn: „Könntest<br />

du noch mal versuchen, die Boote zu f<strong>in</strong>den?“ Der Mitarbeiter<br />

nickt: „Mal sehen, wie hoch das Wasser steht.<br />

Vielleicht komm ich mit <strong>der</strong> Wathose ran.“<br />

Ulrike Braun erklärt uns: „Die E<strong>in</strong>bäume werden von<br />

uns vor dem W<strong>in</strong>ter an Ketten gelegt <strong>und</strong> im Wasser<br />

versenkt. Ich habe die Befürchtung, dass jemand die<br />

Seile gekappt hat. Das wäre schlimm für uns.“<br />

Das e<strong>in</strong>e Beil hat e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>ge, das an<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>e aus<br />

Bronze. „Mit beiden kann man Bäume fällen <strong>und</strong> bearbeiten.<br />

Beim Arbeiten mit dem Ste<strong>in</strong>beil zerbricht dabei<br />

die Kl<strong>in</strong>ge allerd<strong>in</strong>gs leichter. Aber wir haben e<strong>in</strong>en<br />

Mitarbeiter, <strong>der</strong> ist e<strong>in</strong> b<strong>und</strong>esweit gefragter Experte<br />

für die Herstellung von Ste<strong>in</strong>werkzeug. Das ist <strong>der</strong> Kai<br />

Martens, <strong>der</strong> gerade nebenan sitzt.“ (Sie weist auf den<br />

Rücken des Mannes, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Kasse sitzt – <strong>und</strong> wir<br />

hören so etwas wie e<strong>in</strong> zustimmendes Brummeln.)<br />

„Die bronzene Schneide geht allerd<strong>in</strong>gs auch gern<br />

mal kaputt. Das Material Bronze kann dann aber geschmolzen<br />

<strong>und</strong> wie<strong>der</strong>verwendet werden.“<br />

Nutztiere <strong>und</strong> Pflanzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bronzezeit<br />

Wir erfahren von Ulrike Braun auf Anfrage weiter: „Es<br />

gab <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bronzezeit fast alle heutigen Nutztierarten:<br />

Schafe, Ziegen, Schwe<strong>in</strong>e, R<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Pferde. Die Hühner<br />

allerd<strong>in</strong>gs kamen erst später nach Europa.<br />

Auf den Äckern hat man hauptsächlich Emmer, D<strong>in</strong>kel,<br />

Gerste <strong>und</strong> E<strong>in</strong>korn angebaut. Saubohnen, Erbsen <strong>und</strong><br />

L<strong>in</strong>sen wurden hier ebenfalls kultiviert. Auch das Wissen<br />

um die verschiedenen Wildkräuter war verbreitet.“<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong><br />

Elb-Ufer Klöndör<br />

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