ELMA, Juni Juli 2023

34 Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Tierheim
TITELTHEMA
wurde ein Kater eingeliefert, dem nach einem Unfall
das rechte Hinterbein amputiert werden musste. Er war
schwarz, aber wenn er stand, sahen zwei weiße große
Elitärer Blödsinn, viel zu kostspielig, und außerdem:
Wer mag denn Pferdemädchen? „ICH!“
Flecken aus, als trüge er kurze Hosen, was ihm den Namen
„Shorty“ einbrachte. Wir waren sofort verliebt ineinander,
der Kater und ich. Nur meinem Mann mussten
hab ich meinen Eltern entgegengeschrien,
wann immer die mir auseinandersetzten, warum
ich als allerallerallereinziger Mensch auf
wir das noch beibringen, denn wir hatten ja bereits zwei
Katzen daheim, die sich prima verstanden.
Ich erzählte ihm also von einem Wurf
der ganzen Welt keinen Reitunterricht nehmen
durfte. In den nahegelegenen Wald könne ich
junger Katzenbabys, die er unbedingt
ja wohl auch laufen, mich fortbewegen mit
UNSERE
sehen müsse, um ihn emotional zu instabilisieren.
Nachdem sein Herz nach 20
Fahrrad oder Skateboard, und auf dem Fußballbolzplatz
seien Reitgerte und hohe Stiefel
LIEBSTEN Minuten mit den Kleinen weichgekocht
ja wohl ohnehin fehl am Platz. Ich war hochbeleidigt
und tiefempört, rannte nach gegenüber
war, stellte ich ihm den wunderbaren
TIERGE-
Dreibeiner Shorty vor – der Plan ging auf
zu meiner Freundin Michelle, die ich Wendy
und er war nicht mehr in der Lage, nein zu
nannte und sie mich Bianca, und versank dort
SCHICHTEN sagen, als ich ihn bat, den kleinen Kater
in genau demjenigen rosa Barbie-Traum, der
mit nach Hause nehmen zu dürfen. Nur
mir auf der anderen Straßenseite so vehement
MIAU. WAU. GRRÄH. unsere Katzendame Lina, die wurde vom
verwehrt wurde. Dabei war doch ein Leben auf
ersten bis zum letzten Moment ihres Lebens
– immerhin 19 Jahre lang – nicht mit
Amadeus und Sabrina das einzig Erstrebenswerte,
und also hab ich mir das eben selbst
dem Katerchen warm. Die beiden sind
gebaut: Im elterlichen Garten konzipierten wir
sich gekonnt aus dem Weg gegangen und hatten
Springparcours inklusive Wassergraben und
sich auch sonst recht wenig zu sagen; aber das
Heckenhindernisse, die es in vollstem Galopp
läuft ja in so manchen Menschen-Beziehungen
zu überwinden galt. Der Garagenhof wurde zur
auch nicht anders.
Dressur- und Longier-Arena, in der ich auf mir
Astrid Schmitt
selbst im Zirkel ritt und alle gängigen Befehle
lernte oder meinen kleinen Bruder an die Leine
spannte und ihn durch die Straßen des Speckgürtels
führte, was er dankbar annahm und
wobei er artig wieherte, wann immer ich ihn
„Minipony“ rief. Fürs adäquate Geruchserlebnis
sorgte „Amigo“, ein alter Gaul in der Nach-
Meine schönste Tiergeschichte? Hmm – mal
überlegen. Vielleicht die von Odysseus, meiner
griechischen Landschildkröte aus Kinder-
hatten und dessen Besitzerin wir mehrfach
barschaft, den wir zum Pflegepferd auserkoren
tagen, und wie sie eine großangelegte Suchaktion
nötig machte? Schssss Coco, weg von
Amigo putzen?“ heimsuchten, um das Tier dann
wöchentlich mit den Worten „Dürfen wir den
der Tastatur! Ich muss nachdenken. Oder soll
einer professionellen Rundumpflege inklusive
ich von Ploppi erzählen, dem Zwergkaninchen?
Stallausmisten zu unterziehen. Ich hätte furchtbar
gern gewusst, was die Dame sich eigentlich
Ffghdbkjdnjdfgr – COCO! Sorry, meine Katze ist
schon wieder über den Laptop gelatscht. Runter
vom Tisch, du wuselige Nervensäge! Also,
mehr ein Spielplatz, der tatsächlich nach mei-
dachte, leider erinnert an die alten Zeiten nur
wo war ich? Genau, Tiergeschichte. Es gab da
nem „Amigo“ benannt ist. Besonderes Highlight
aber waren die mehrfach wöchentlich ab-
auch noch die Weinbergschnecken im Garten,
deren Häuser ich mit blauer Farbe bemalte, um
solvierten Reitstunden, die mir meine Freundin
herauszufinden, wie weit sie so herumkriechen.
Nina gab: Im Kinderzimmer türmten wir Tische
Aua! Himmelherrschaftszeiten, Coco! Jetzt hat
und Polster zu Pferden auf, die wir ordnungsgemäß
sattelten und auftrensten und auf denen
sich der kleine Fregger doch tatsächlich meinen
Filzpantoffel gekrallt – mit meinem Fuß drin. Fishing
for Aufmerksamkeit, das kann das resolute
tung lernte … Irgendwann war es dann so weit:
ich unter strengem Blick jede Gangart und Hal-
Samtpfötchen wirklich prima. Na gut, dann also
Ich durfte eine Woche „Reitferien“ machen – zumindest
tagsüber bei Pferden sein und abends
eine Runde spielen. Macht ja auch mehr Spaß,
als einen Text zu schreiben. Und stets den Kopf
bei Oma und Opa. Beim ersten Probe-Aufsitzen
frei. Moment! Das ist es doch! Warum in die Vergangenheit
schweifen, wo ich doch die perfekte
sen unten, leichter Druck in die Flanken, und los.
nahm ich Haltung an. Die Zügel korrekt, die Fer-
Tieranekdote direkt vor der Nase habe? Danke,
„Du willst mir doch nicht erzählen, dass du noch
Coco!
nie geritten bist??“ zweifelte der Pferdewirt. Ich
Manuela Prill
war stolz wie Bolle. Es hatte sich alles gelohnt..
Katharina Wasmeier