ruc_2-2023
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seine guten Gene: «Meine Mutter ist 95 Jahre alt und fährt<br />
jeden Tag mit dem Auto 200 Meter zum Shoppingcenter,<br />
um mit ihren Freunden einen Kaffee zu nehmen», sagt er<br />
nicht ohne Stolz und zeigt auf seinem Smartphone ein<br />
Foto von ihr. «Schauen Sie: Bevor sie zum Arzt geht, um<br />
sich attestieren zu lassen, dass sie noch fahrtüchtig ist,<br />
lässt sie sich die Haare frisch blondieren und geht noch ins<br />
Solarium.» Die schlanke ältere Dame auf dem Foto wirkt<br />
wie aus dem Ei gepellt. Auch die Grossmutter ging noch<br />
mit 90 Jahren zur Chorprobe und gab mit ihren Gesangskollegen<br />
Konzerte in Altersheimen.<br />
Wann ist der Mann ein Mann?<br />
In der Schule sei er sehr gut gewesen, erinnert sich Herbert<br />
Mattle. Das Lernen sei ihm leichtgefallen, er besuchte<br />
auch kurz das Gymnasium. Doch mit der neunten Klasse<br />
endete seine Schulzeit, denn er zog es vor, eine KV-Lehre<br />
in der Verwaltung und im Grosshandel von Coop Luzern<br />
zu absolvieren: «Mit 16 Jahren steckte ich bei der Arbeit<br />
schon in einem Anzug», beschreibt er fast ungläubig sein<br />
damaliges Outfit. Mit 17 und 18 Jahren hörte er Beatles<br />
und Rolling Stones, lief in einem dunkelbraunen, bodenlangen<br />
Mantel mit goldenem Futter herum und trug Stiefel<br />
und einen alten Militärbrotsack zum Umhängen. Den<br />
Mantel hätte ihm seine Mutter gekauft, berichtet Mattle.<br />
«Sie hat mir immer gerne so schöne Sachen gekauft, weil<br />
sie ein schlechtes Gewissen hatte. Die 7-Tage Woche in<br />
der Gastronomie hat ihr wenig Zeit für meinen jüngeren<br />
Bruder und mich gelassen.»<br />
Schon in der Lehre bereitete ihm das Kaufmännische besonders<br />
Spass. Doch nun im Alter von 19 Jahren stand<br />
erst mal die Rekrutenschule auf dem Plan. Er habe nicht<br />
damit gerechnet, dass sie ihn nehmen. Als dies doch der<br />
Fall war, habe er geweint. Doch dann machte Herbert<br />
Mattle Nägel mit Köpfen, besuchte die Offiziersschule und<br />
brachte es zum Major. «Besonders strategisches Denken<br />
und der Umgang mit Krisen haben mich sehr interessiert.»<br />
Man lerne beim Militär früh Verantwortung zu übernehmen.<br />
«Wenn man fünf Stunden lang mit seinen Untergebenen in<br />
die falsche Richtung läuft, dann hat dies Konsequenzen.»<br />
Beim Militär gäbe es keine Standesunterschiede – 100<br />
Männer gemeinsam im gleichen Schlafsaal, fertig. Dann<br />
fällt ein Satz, der vermutlich nicht allen gefällt: «Nur beim<br />
Militär wird man ein richtiger Mann!» Aber immerhin muss<br />
Herbert Mattle so empfinden, denn für ihn hat das so<br />
gestimmt. Und wohl auch für seinen Sohn Joël (*1981),<br />
Berufsoffizier mit Bachelorabschluss ETH und HWZ MAS<br />
Digital Business, Leiter Fachkommission Führung der<br />
höheren Prüfungen in Rechnungswesen und Controlling<br />
und Dozent im Bereich Leadership für veb.ch, könnte das<br />
stimmen. Sein jüngerer Sohn Gilles (*1983), eidg. Verkaufsfachmann<br />
mit Fachausweis, mag es buchstäblich<br />
plakativ, denn er hat sich für das Unternehmen APG/SGA<br />
auf analoge Plakate, digitale Screens, ÖV-Innenformate<br />
oder mobile Werbung spezialisiert. Zuvor hat er sich im<br />
Bereich Personal-Training und in leitenden Positionen im<br />
Fitnesswesen einen Namen gemacht.<br />
Bürgerrechte verloren, Ehemann gewonnen<br />
Seit 1980 ist Herbert Mattle mit Fabienne verheiratet. «Mit<br />
der Ehe musste sie ihr Bürgerrecht für Wollishofen Zürich,<br />
das direkt am See liegt, abgeben. Als sie zum dritten Mal<br />
Porträt<br />
2 I <strong>2023</strong> rechnungswesen & controlling I 53