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Zukunft Forschung 02/2023

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

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ZOOLOGIE<br />

Lauren Rodriguez erinnert sich gerne<br />

an den vergangenen Juli, den<br />

sie größtenteils in einem großen,<br />

schaukelnden Schlauchboot rund um<br />

die Azoren-Inseln Pico und Faial verbracht<br />

hat. Ausgerüstet mit Kübel und<br />

Pumpe hat sie nach jeder Walsichtung<br />

zwei Mal Wasser entnommen: einmal<br />

aus dem „frischen“ Fluken-Abdruck –<br />

jener spiegelglatten Wasserfläche, die<br />

die Schwanzflosse eines Wals hinterlässt<br />

– und ein weiteres Mal rund zwanzig<br />

Minuten später. Die aus den USA stammende<br />

Nachwuchswissenschaftlerin ist<br />

PhD-Studentin im Biodiversa+-Projekt<br />

eWHALE, in dem unter Inns brucker Leitung<br />

eine neue Strategie für ein weitreichendes,<br />

nicht-invasives Walmonitoring<br />

mittels Umwelt-DNA entwickelt wird.<br />

In Zusammenarbeit mit der Walbeobachtungsagentur<br />

CW Azores und einem<br />

wissenschaftlichen Team von der Universidade<br />

dos Açores sammelte Rodriguez<br />

im Juli über 80 Wasserproben und testete<br />

dabei verschiedene Filter und Pumpen<br />

sowie die Rahmenbedingungen für die<br />

Probenentnahme an Bord. Für sie und<br />

ihre Projekt-Kolleg:innen aus Portugal,<br />

Frankreich, Italien, Irland, Norwegen<br />

und Island, vor allem aber für Projektleiterin<br />

Bettina Thalinger, Senior Scientist<br />

am Institut für Zoologie, war der vergangene<br />

Sommer sozusagen die Generalprobe<br />

für die kommende Saison. Es galt,<br />

das richtige Timing und die geeigneten<br />

Geräte für die Entnahme und Filterung<br />

des Wassers zu finden, denn 2<strong>02</strong>4 muss<br />

alles nach Plan laufen, um zusammen<br />

mit freiwilligen Helfer:innen möglichst<br />

viele Proben mit hohem Wal-DNA-Gehalt<br />

in den Meeren rund um Europa zu<br />

sammeln.<br />

Proben-Vergleich<br />

„Einmal, als ich mit dem Uni-Team unterwegs<br />

war, hatten wir besonderes Glück:<br />

Wir konnten Delfine und ihre Jungen und<br />

sogar ein Pottwal-Neugeborenes beobachten,<br />

was sehr selten ist. Am selben Tag<br />

haben wir außerdem noch Nördliche Entenwale<br />

gesehen und konnten nicht nur<br />

Wasser-, sondern auch Gewebeproben<br />

entnehmen“, erzählt Lauren Rodriguez<br />

von einem besonderen Feldforschungstag.<br />

Die Fahrten mit dem Team der Universidade<br />

dos Açores dienten vor allem<br />

der gleichzeitigen Entnahme von Gewebe-<br />

und Wasserproben. Rodriguez wird<br />

in ihrer Doktorarbeit unter anderem die<br />

Qualität der populationsgenomischen Informationen<br />

aus beiden Probenvarianten<br />

vergleichen und hat dabei Unterstützung<br />

von gleich drei wissenschaftlichen Betreuer:innen:<br />

Monica Silva von der Universidade<br />

dos Açores sowie Michael Traugott<br />

und Bettina Thalinger von der Universität<br />

Inns bruck. „Wir haben hier an der Universität<br />

Inns bruck langjährige Erfahrung<br />

in der Auswertung von Umwelt-DNA<br />

und eine hervorragende Laborinfrastruktur“,<br />

sagt Michael Traugott, Leiter<br />

der Abteilung für Angewandte Tierökologie,<br />

nicht ohne Stolz und beantwortet<br />

damit die Frage, warum eigentlich gerade<br />

eine österreichische Universität mitten in<br />

den Bergen Walforschung betreibt. „Das<br />

musste ich bei den Walbeobachtungstouren<br />

auch öfter erklären“, ergänzt Lauren<br />

Rodriguez lachend.<br />

Umweltproben als Alternative<br />

Als Umwelt-DNA (englisch: „environmental<br />

DNA“, kurz: eDNA) bezeichnet<br />

man kleinste Mengen Erbgut, die von Organismen<br />

an ihre Umgebung abgegeben<br />

werden. Das große wissenschaftliche Ziel<br />

von eWHALE ist, anhand der im Wasser<br />

enthaltenen Umwelt-DNA solide Daten<br />

zum Populationsbestand zahlreicher,<br />

teils bedrohter Wal- und Hai-Arten zu<br />

schaffen. „Bei manchen Walarten lassen<br />

sich Individuen anhand von äußerlichen<br />

Merkmalen nicht voneinander<br />

unterscheiden. Gewebeproben dürfen<br />

nur unter strengen Auflagen von <strong>Forschung</strong>steams<br />

entnommen werden, sind<br />

schwierig zu bekommen und nicht ganz<br />

unumstritten. Daher eignen sie sich nicht<br />

für ein weitreichendes Monitoring unter<br />

Einbeziehung von Walbeobachtungsanbietern<br />

und Citizen-Scientists“, erklärt<br />

Bettina Thalinger den Grund dafür. Als<br />

Expertin mit langjähriger Erfahrung in<br />

der Analyse von Umwelt-DNA mithilfe<br />

molekularer Methoden ist sie überzeugt,<br />

dass die aus dem Wasser gefilterte Wal-<br />

DNA ausreichend populationsgenomi-<br />

LAUREN RODRIGUEZ bei der Probenentnahme<br />

auf den Azoren.<br />

zukunft forschung <strong>02</strong>/23 27

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