Zukunft Forschung 02/2023
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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SPRUNGBRETT INNS BRUCK<br />
KANN RECHT LEID<br />
VERMEIDEN?<br />
Den Juristen Philipp Kastner zog es in die Welt, um einen Beitrag<br />
für gerechtere und friedvollere Gesellschaften zu leisten.<br />
Die Verbindung von Recht und<br />
Frieden beschäftigt Philipp Kastner<br />
seit seinem Studium und<br />
aktuell in seiner <strong>Forschung</strong> und Lehre.<br />
„Schon von Beginn an haben mich insbesondere<br />
die politischen Aspekte des Völkerrechts<br />
fasziniert, und so bin ich auch<br />
zur Friedens- und Konfliktforschung gekommen.<br />
Leider gibt es noch immer viel<br />
zu viel vermeidbares Leid und unnötige<br />
Ungerechtigkeit auf der Welt“, so der<br />
Wissenschaftler, der derzeit an der Law<br />
School der University of Western Australia<br />
(UWA) an einem Buch arbeitet, in dem<br />
er Verbindungen von Recht und Frieden<br />
kritisch beleuchtet.<br />
Wie kann das Recht, und insbesondere<br />
das Völkerrecht, effektiver und langfristiger<br />
zum Frieden beitragen? Warum hat<br />
es, trotz vieler Versuche, das Recht noch<br />
immer nicht wirklich geschafft, eine konstruktivere<br />
Rolle zu spielen? „Leider bleibt<br />
das ein aktuelles Thema“, betont Kastner<br />
und fügt hinzu: „Hoffentlich können<br />
theoretische Überlegungen wie die meinen<br />
– nicht nur aus klassisch-westlicher<br />
Sicht, sondern auch unter Einbeziehung<br />
postkolonialer oder queerer Theorien<br />
– neue Lösungsansätze bringen.“ Der<br />
Wissenschaftler möchte seine Studierenden<br />
dazu anregen, mit- und voneinander<br />
zu lernen sowie kritisch und kreativ zu<br />
denken. „Ich unterrichte unter anderem<br />
Völkerstrafrecht und Seerecht im Rahmen<br />
eines Masterstudiums im internationalen<br />
Recht, den ich an der UWA mitaufgebaut<br />
habe. In beiden Fällen versuche ich,<br />
grundlegende politische, historische und<br />
kulturelle Faktoren herauszuarbeiten, die<br />
erklären, warum es auch in diesen Bereichen<br />
frappierende Ungerechtigkeiten gibt<br />
und das Recht paradoxerweise oft eher<br />
den politisch Stärkeren von Nutzen ist“,<br />
erläutert der Rechtsexperte, der sich bereits<br />
in seiner Magisterarbeit an der Uni<br />
Inns bruck mit dem Seerecht beschäftigt<br />
hat. „Auch wenn die Meere für Binnenstaaten<br />
wie Österreich auch eine wichtige<br />
Rolle spielen, ist das im Falle von<br />
Australien freilich sehr viel offensichtlicher.<br />
Noch dazu ist der Campus der UWA<br />
nur ein paar Kilometer vom Ozean entfernt<br />
– eigentlich könnte ich von der Law<br />
School, die direkt am Swan River liegt, in<br />
einem Kajak zum Meer paddeln!“<br />
Music & Law<br />
Durch Zufall und sein musikalisches Talent<br />
ergab sich für den Wissenschaftler<br />
noch eine weitere <strong>Forschung</strong>srichtung –<br />
seit Kurzem bietet er eine Lehrveranstaltung<br />
zum Thema „Music and the Law“<br />
an. Den vielseitigen Rechtsexperten haben<br />
auch die koloniale Vergangenheit und<br />
Gegenwart in Australien geprägt. „Dieser<br />
Kontext hat meine Sensibilität nicht nur<br />
gegenüber indigenen Völkern, sondern<br />
allgemein gegenüber benachteiligten und<br />
diskriminierten Bevölkerungsgruppen geschärft<br />
– insbesondere, wenn es um die<br />
PHILIPP KASTNER studierte in Innsbruck<br />
Rechts- und Politikwissenschaft.<br />
Schon von Beginn an faszinierten ihn die<br />
politischen Aspekte des Völkerrechts, was<br />
ihn zur Friedens- und Konfliktforschung<br />
brachte. Nach Auslandserfahrungen an<br />
der Sciences Po Paris und weiteren Studien<br />
an der McGill University in Montréal<br />
wechselte er an die University of Western<br />
Australia, wo er seit fast zehn Jahren<br />
forscht und lehrt. „Meine Abschlüsse<br />
haben mir international interessante<br />
Möglichkeiten eröffnet. Insofern war die<br />
Uni Inns bruck ein gutes erstes Sprungbrett!“,<br />
freut sich Kastner.<br />
Aufarbeitung oder Beseitigung von Unrecht<br />
geht, das während eines bewaffneten<br />
Konflikts, einer Diktatur oder Kolonialherrschaft<br />
begangen wurde“, sagt Kastner.<br />
Ob es ihn wieder auf andere Erdteile<br />
zieht oder ob er in Australien bleibt, lässt<br />
das „österreichische Känguru“, wie er von<br />
seinen Kolleg:innen scherzhaft genannt<br />
wird, noch offen. <br />
df<br />
Foto: Privat<br />
zukunft forschung <strong>02</strong>/23 49