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MAGNIFICAT Mai 2024

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5Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Bis ich Paulus schätzen gelernt habe, hat gedauert. Gegenüber<br />

den erzählerisch packenden Evangelien fand und finde ich<br />

seine theologisch anspruchsvollen Briefe bis heute anstrengend.<br />

Paulus wirkt so sperrig neben den ansprechenden Jesus-Geschichten.<br />

Aber er hat eine Authentizität, die mich fasziniert.<br />

Das hat damit zu tun, wie aus dem Pharisäer Scha’ul der Apostel<br />

Christi Jesu wurde, den wir mit seinem römischen Namen Paulus<br />

kennen. Alles läuft auf ein Stichwort hinaus: Gnade. Gratia,<br />

cháris. Es steht im Mittelpunkt von Paulus’ eigener Bekehrungsgeschichte<br />

Gal 1, 10–24, die grundlegend für sein Amtsverständnis<br />

ist: „Als es aber Gott gefiel, der mich schon im Mutterleib<br />

auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, in mir seinen<br />

Sohn zu offenbaren, damit ich ihn unter den Völkern verkünde,<br />

da zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate“ (15 f.) heißt es dort.<br />

Die Gnade steht von Anfang an über seiner Existenz und kommt<br />

in dem einen Moment zum Durchbruch, als er Jesus als Gottes<br />

Christus erkennt. Gnade hat schon griechisch und lateinisch mit<br />

Anmut und Wohlgefallen (das von Anmut hervorgerufen wird) zu<br />

tun. Wie bei Eltern, die ihre Kinder, bei Liebenden, die einander<br />

anschauen. Das hebräische chen (vgl. channa: Hanna, Jo-hannes)<br />

meint das Gleiche, doch es wird ergänzt durch chésed, das für<br />

Wohlwollen und Treue unter Bündnispartnern steht. Die Nah-Erfahrung<br />

der göttlichen Zuneigung macht Paulus zum Verkünder<br />

Jesu Christi. Sie wird auch dort nicht verblassen, wo sich Paulus<br />

in Situationen größter Gottferne wiederfindet, in Verfolgung und<br />

Gefängnis.<br />

Bischof Jung aus Würzburg bezieht seine Oster- und Pfingstansprache<br />

(siehe <strong>MAGNIFICAT</strong> 03/2023, 400–404, sowie S. 209–<br />

214) jeweils auf eine Paulus-Lesung. Seine Ausführungen zeigen:<br />

Paulus lesen bedeutet Arbeit. Aber: es ist der Mühe wert.<br />

Ihr Johannes Bernhard Uphus

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