NaturschutzReport - LBV-München
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Greifvögel<br />
Geäst der hohen Tannen<br />
seine Wohnung auf ein<br />
paar Tage aufschlägt, bis<br />
er (wie es im September<br />
1884 auch einem seit einer<br />
Woche hier nächtigenden<br />
rothen Milan erging) dem<br />
‚Sonntagsjäger auf der<br />
Aufhütte’ zum Opfer<br />
fällt.“ Das ist schon alles<br />
und gewiss nicht viel für<br />
jahrelange Beobachtungen<br />
im Nymphenburger Park<br />
vor rund 120 Jahren.<br />
Doch wer als Grund für<br />
so spärliche Angaben zu<br />
den Greifvögeln mit nur<br />
drei festgestellten Arten<br />
Oberflächlichkeit und ein<br />
nicht ausreichendes Beobachten<br />
annimmt, liegt<br />
wahrscheinlich falsch.<br />
Denn das zeigen die<br />
gründlichen, methodisch<br />
genau ausgeführten Kontrollen<br />
von Walter WÜST<br />
(1973) ein gutes halbes<br />
Jahrhundert danach und<br />
dessen Urteil über die<br />
Qualitäten von HELLE-<br />
RER. Walter WÜST beobachte<br />
von 1926 bis 1973<br />
stets stundenlang (und<br />
auch noch nach seiner<br />
1973 erschienenen Veröffentlichung)<br />
an 511 Tagen<br />
vor allem auch zu den<br />
Zugzeiten der Greifvögel.<br />
Dennoch sah er nur vier<br />
Arten (Sperber, Mäusebussard,<br />
Wespenbussard<br />
und Turmfalke). Vier weitere<br />
führt er an, weil sie<br />
damals von anderen Beobachtern<br />
gesehen und ihm<br />
gemeldet worden waren:<br />
einen Rotmilan, eine<br />
Rohrweihe, einen Merlin<br />
und zweimal einen Baumfalken.<br />
Sperber sah er in 46 Jahren<br />
nur 13 Exemplare (!)<br />
und auch nur je zwei<br />
Mäuse- und Wespenbussarde.<br />
Ohne Beobachtungszahlen<br />
führt er aber<br />
„ein bis zwei, vielleicht<br />
sogar drei Brutpaare<br />
Turmfalken“ an. Damit<br />
kommt er insgesamt auf<br />
nur 23 Greifvogelindividuen<br />
und die nicht näher<br />
aufgeschlüsselten Turm-<br />
falkenbruten. Allein in<br />
dieser Art unterscheiden<br />
sich also HELLERER und<br />
WÜST wirklich, denn der<br />
Turmfalke fehlte vor 1890<br />
und Greifvogelbruten<br />
hatte es aus den beschriebenen<br />
Gründen damals<br />
gar keine gegeben. In seiner<br />
Ergänzungsarbeit fügt<br />
Walter WÜST (1992) nun<br />
aber den Habicht mit der<br />
Erstbeobachtung am 2.<br />
September 1977 und fünf<br />
weiteren Feststellungen<br />
hinzu. Am 10. Mai 1976<br />
hatte er zudem einen Rotfußfalken<br />
gesehen. Vor<br />
allem die Ergänzung zum<br />
Habicht weist jedoch auf<br />
eine Entwicklung hin, die<br />
mit der Vollschonung aller<br />
Greifvögel seit 1974 in<br />
Gang gekommen war: Sie<br />
fingen an zuzunehmen.<br />
Greifvögel in<br />
<strong>München</strong> in den<br />
letzten 20 Jahren<br />
1986 begann ich, alle<br />
Greifvogelbeobachtungen<br />
im westlichen Stadtgebiet<br />
von <strong>München</strong> genau zu<br />
notieren. Den Schwerpunkt<br />
bildet die Zoologische<br />
Staatssammlung in<br />
Obermenzing mit ihrer<br />
näheren Umgebung. Diese<br />
grenzt direkt an den<br />
Artenzahl pro Jahr<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Abb. 2<br />
1/ 2007<br />
Nymphenburger Park an.<br />
So ergibt sich für die 20<br />
Jahre von 1986 bis 2005<br />
eine gute Vergleichbarkeit<br />
mit den früheren Veröffentlichungen,<br />
die sogar<br />
ziemlich genau die gleiche<br />
Flächenausdehnung aufweist.<br />
Schon 1974 notierte<br />
ich das Jahr über drei<br />
Sperber, zehn Turmfalken<br />
und einen Habicht vom<br />
Nordflügel des Nymphenburger<br />
Schlosses aus, in<br />
dem damals noch die<br />
Zoologische Staatssammlung<br />
untergebracht war,<br />
sah aber keinen Mäusebussard.<br />
1976 registrierte<br />
ich den (für mich) ersten<br />
Wanderfalken am 30. Juli<br />
über dem Schlosspark.<br />
Diese Vorläufer zu den<br />
systematischen Aufzeichnungen<br />
ergaben für das<br />
Anschlussjahr zu WÜST<br />
(1973) immerhin schon<br />
eine rund doppelt so hohe<br />
Anzahl von Greifvögeln<br />
wie pro Jahr im halben<br />
Jahrhundert davor. Aber<br />
erst mit der Verlagerung<br />
der Zoologischen Staatssammlung<br />
nach Obermenzing<br />
in übersichtlicheres<br />
Gelände bot sich ab<br />
Mitte 1985 die Möglichkeit<br />
zum genauen Beobachten.<br />
Für die zwei Jahrzehnte<br />
von 1986 bis 2005<br />
Greifvögel in <strong>München</strong> (ZSM)<br />
9<br />
geht nun die von mir registrierte<br />
Entwicklung der<br />
Greifvogelhäufigkeit aus<br />
Abb. 2 hervor.<br />
Die 14 Greifvögel von<br />
1976 hätten also durchaus<br />
noch zu den niedrigen<br />
Zahlen von 1986 und 1987<br />
(27 und 22 Exemplare)<br />
gepasst. Nach dem<br />
Zwischenhoch von<br />
1988/89 ging es jedoch<br />
Ende der 1990er-Jahre<br />
richtig hoch auf ein neues<br />
Häufigkeitsniveau. Allein<br />
schon dieser Gesamtbefund<br />
aus Abb. 2 wirft die<br />
Frage auf, ob denn die<br />
Greifvögel allgemein<br />
zugenommen haben oder<br />
ob es an einigen wenigen<br />
Arten, vielleicht an gar<br />
nur einer liegt, dass für<br />
die letzten sieben Jahre<br />
der Durchschnitt auf 110<br />
Greifvögel pro Jahr<br />
anstieg, während es in<br />
den 13 Jahren davor mit<br />
43 pro Jahr nur weniger<br />
als halb so viele gegeben<br />
hatte, das sehr gute Jahr<br />
1989 mit eingerechnet.<br />
Welche ist überhaupt<br />
die (gegenwärtig) häufigste<br />
Greifvogelart in <strong>München</strong>?<br />
Der Kartierung von<br />
KURTH (1970) zufolge<br />
könnte man auf den<br />
Turmfalken tippen. Tatsächlich<br />
übertrifft ihn der<br />
1986 - 1990 1991 - 1995 1996 - 2000 2001 - 2005