NaturschutzReport - LBV-München
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Interview<br />
Auch heute haben wir<br />
schon Biobauern im Ausland<br />
unter Vertrag, genau<br />
wie in Deutschland. Die<br />
Verbraucher wünschen<br />
keine Probleme mit der<br />
Gentechnik. Diese Meinung<br />
haben wir von<br />
Anfang an aus Überzeugung<br />
vertreten. Es konnte<br />
mir bisher auch noch niemand<br />
schlüssig die Vorteile<br />
schildern. Mögliche<br />
Vorteile sehen nur ein<br />
paar Großindustrielle,<br />
die mit der Grünen Gentechnik<br />
verbunden sind.<br />
Aber es gibt viele Nachteile.<br />
Wir suchen uns<br />
deshalb diejenigen Bauern,<br />
die uns die größte<br />
Sicherheit bieten. Wenn<br />
dies mit unseren bestehenden<br />
Biobauern nicht<br />
mehr möglich ist, was uns<br />
sehr leid täte, dann müssen<br />
wir vermehrt zu anderen<br />
Bauern gehen, und<br />
zwar zu solchen, bei<br />
denen die Sicherheit größer<br />
ist, auch wenn dies im<br />
Ausland ist.<br />
In welcher Hinsicht haben<br />
Sie die größten Bedenken<br />
gegen den Einsatz von Gentechnik<br />
in der Landwirtschaft?<br />
Es können Veränderungen<br />
in der Natur verursacht<br />
werden, die man<br />
nicht mehr rückgängig<br />
machen kann. Es könnte<br />
passieren, dass wir der<br />
nächsten Generation<br />
unlösbare Probleme<br />
hinterlassen. Wenn wir<br />
einer Pflanze ein Gen einbauen,<br />
damit sie ständig<br />
Gift erzeugt, dann können<br />
Tiere geschädigt werden,<br />
die sich von dieser Pflanze<br />
ernähren. Dafür gibt es<br />
Beweise. Es wäre wichtig,<br />
derartige Beobachtungen<br />
offen auf den Tisch zu<br />
legen, statt vieles zu verschweigen.<br />
Glauben Sie, dass wir<br />
dauerhaft und weltweit auf<br />
den Einsatz von Genpflanzen<br />
verzichten könnten?<br />
Ich bin fest überzeugt,<br />
dass wir weltweit auf den<br />
Einsatz von gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen<br />
nicht nur verzichten können,<br />
sondern verzichten<br />
müssen. Gentechnisch<br />
veränderte Pflanzen bringen<br />
uns keine Vorteile,<br />
sondern Nachteile.<br />
Die Hälfte der Fläche<br />
Deutschlands wird landwirtschaftlich<br />
genutzt. Ihre Vertragslandwirtebewirtschaften<br />
15.000 Hektar davon.<br />
Sehen Sie sich auch in der<br />
Verantwortung, die bäuerliche<br />
Kulturlandschaft mit<br />
ihrer Flora und Fauna zu<br />
erhalten?<br />
Ja, denn es ist unsere<br />
große Verantwortung, die<br />
Vielfalt in der Landwirtschaft<br />
zu erhalten – die<br />
Vielfalt bei den Pflanzen,<br />
aber auch bei den Tierrassen.<br />
Das ist ein wichtiger<br />
Teil unserer Zukunftssicherung.<br />
In einer Vielzahl<br />
von Sorten findet sich<br />
immer mindestens eine,<br />
die mit künftigen<br />
Umweltproblemen<br />
zurechtkommen wird.<br />
Wenn wir alles vereinheitlichen<br />
und es tritt ein<br />
neues Problem auf, dann<br />
haben wir keine Reserven<br />
mehr.<br />
Tut sich ein Familienunternehmen<br />
leichter, auf<br />
nachhaltiges Wirtschaften<br />
umzustellen als eine Aktiengesellschaft,<br />
die kurzfristig<br />
Gewinne vorweisen muss?<br />
Es ist sicher einfacher<br />
langfristig zu denken,<br />
wenn man in einem Inhaber<br />
geführten Unternehmen<br />
tätig ist, das Entscheidungen<br />
treffen kann,<br />
deren Erfolg erst in ein<br />
paar Jahren eintritt. Die<br />
Manager einer Kapitalgesellschaft,<br />
die vierteljährlich<br />
oder in noch kürzeren<br />
Abständen entsprechende<br />
Verzinsungen vorweisen<br />
müssen, können oft nicht<br />
langfristig denken. Sie<br />
sind in einer viel schwieri-<br />
1/ 2007<br />
geren Situation, auch<br />
wenn sie es anders wollten.<br />
Sie führen das größte<br />
deutsche Unternehmen für<br />
Ökonahrungsmittel. Sind<br />
Sie mit den gesetzlichen und<br />
politischen Rahmenbedingungen<br />
hierzulande zufrieden?<br />
Vielfach leiden wir<br />
unter einer Überregulierung<br />
Deutschlands,<br />
auch im Naturschutzrecht.<br />
Wenn wir einen<br />
gewissen Rahmen haben<br />
– den brauchen wir –<br />
und zusätzlich auf das<br />
Prinzip der Freiwilligkeit<br />
setzen, dann könnten wir<br />
sicher noch viel mehr<br />
erreichen. Ich erinnere<br />
mich noch an die Zeit, in<br />
der ich von der Politik<br />
verfolgt wurde, weil ich<br />
mich für den ökologischen<br />
Landbau stark<br />
machte. Damals gab es<br />
keinerlei gesetzliche Regelungen<br />
in dieser Hinsicht.<br />
Von staatlicher Seite wurden<br />
wir eher behindert.<br />
Heute brauchen wir für<br />
unsere Firma nicht ein<br />
Übermaß an Staat, um das<br />
zu tun, was wir ohnehin<br />
seit Jahrzehnten tun.<br />
Was sollte sich als Erstes<br />
ändern, damit sich eine<br />
nachhaltige Wirtschaftsweise<br />
in Deutschland schneller<br />
entfalten kann?<br />
Die nachhaltige Wirtschaftsweise<br />
– die wir aus<br />
Verantwortung für die<br />
nächste Generation bereits<br />
heute betreiben müssen –<br />
wird dann am erfolgreichsten<br />
sein, wenn alle<br />
Beteiligten davon überzeugt<br />
sind, dass dies der<br />
richtige Weg ist. Also wir<br />
müssen viel Überzeugungsarbeit<br />
leisten. Die<br />
junge Generation ist in<br />
dieser Richtung stark<br />
interessiert. Wir müssen<br />
solche Strömungen<br />
weiterhin fördern, dann<br />
sehe ich positiv in die<br />
Zukunft.<br />
7<br />
Haben Sie für die Leser<br />
unseres <strong>NaturschutzReport</strong>s<br />
noch eine Botschaft?<br />
Jeder sollte seine Mitmenschen<br />
davon zu überzeugen<br />
versuchen, dass<br />
wir mit den uns anvertrauten<br />
Gütern sorgsam<br />
umgehen müssen. Ich<br />
empfehle bewusstes Einkaufen,<br />
denn die Macht<br />
der Verbraucher ist groß.<br />
Jeder kann durch sein<br />
Kaufverhalten mitbestimmen,<br />
was gefördert werden<br />
soll und was nicht.<br />
Für die Grüne Gentechnik<br />
setzten sich anfänglich<br />
ganze Konzerne ein – wir<br />
aber waren dagegen. Weil<br />
die Mehrheit der Verbraucher<br />
ähnlich dachte wie<br />
wir, schwenkten die Großen<br />
schließlich auf unsere<br />
Linie ein. Auch der Bauernverband<br />
lernte hinzu<br />
und erkannte, dass sich<br />
auf Dauer nicht gegen den<br />
Willen der Verbraucher<br />
wirtschaften lässt. Auf der<br />
Grünen Woche betonte<br />
der Bundeslandwirtschaftsminister,<br />
dass er<br />
nicht gegen den Willen<br />
der Verbraucher handeln<br />
möchte und dass ökologischer<br />
und konventioneller<br />
Landbau nebeneinander<br />
existieren sollen, ohne<br />
dass der eine den anderen<br />
schädigt. Wir müssen die<br />
Politiker immer an die<br />
Worte erinnern, die sie<br />
einmal gesagt haben.<br />
Haben Sie noch ein<br />
Schlusswort?<br />
Ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir stark genug sind,<br />
zu verhindern, was wir<br />
nicht haben wollen. Dass<br />
dies möglich ist, zeigen<br />
uns Österreich und die<br />
Schweiz. In dieser Zuversicht<br />
sollten wir auch in<br />
Deutschland handeln und<br />
den Politikern deutlich<br />
machen, was wir möchten<br />
und was nicht.<br />
Herr Professor Hipp, vielen<br />
Dank für das Gespräch.