NaturschutzReport - LBV-München
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6<br />
1/ 2007<br />
Das <strong>LBV</strong>-Interview:<br />
Professor Claus Hipp<br />
In dieser Reihe sprechen wir mit Menschen, die<br />
sich in besonderer Weise für den Schutz von Natur<br />
und Umwelt einsetzen. Dieses Mal traf sich unsere<br />
1. Vorsitzende, Dr. Irene Frey-Mann, mit Professor<br />
Claus Hipp. Seine Firma liegt im oberbayerischen<br />
Pfaffenhofen, beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter und<br />
bezieht Rohstoffe von ungefähr 3000 Biobauern.<br />
Claus Hipp legt großen Wert darauf, seinen Kunden<br />
Nahrungsmittel anzubieten, die garantiert gentechnikfrei<br />
sind.<br />
Herr Professor Hipp, Ihre<br />
Familie blickt auf eine über<br />
100 Jahre alte Tradition in<br />
der Herstellung von Nahrungsmitteln<br />
zurück. Wann<br />
entstand die Idee, das Unternehmen<br />
Hipp auf die Produktion<br />
von Ökolebensmitteln<br />
auszurichten?<br />
Vor 50 Jahren versuchten<br />
wir in der Schweiz,<br />
Babynahrung zu verkaufen<br />
– meine Mutter war<br />
Schweizerin –, aber es<br />
gelang uns nicht. Damals,<br />
verhältnismäßig kurz<br />
nach dem Krieg, wollte<br />
kaum jemand deutsche<br />
Produkte kaufen. Unser<br />
Geschäftsführer dort<br />
wurde sogar krank, weil<br />
die Geschäfte nicht gut<br />
liefen. Er war erst Anfang<br />
dreißig und ging zum<br />
Arzt: zu Dr. Bircher-Benner<br />
in Zürich, einem der<br />
Söhne des legendären<br />
Erfinders des Birchermüslis.<br />
Unser Geschäftsführer<br />
bekam Heilnahrung verordnet,<br />
darunter morgens<br />
ein Müsli; dies tat ihm<br />
sehr gut. Mein Vater kam<br />
daher auf die Idee, Birchermüsli<br />
auch für unsere<br />
Kunden anzubieten. Wir<br />
waren die Ersten, die<br />
Müsli industriell herstellten.<br />
In diese Zeit fällt auch<br />
der Beginn einer Freundschaft<br />
meiner Eltern mit<br />
Dr. Hans Müller, dem<br />
Begründer des organischbiologischen<br />
Landbaus.<br />
Wir übernahmen Bioprodukte<br />
der Anbaugenossenschaft<br />
von Dr. Müller,<br />
und er wurde mein Lehrer.<br />
Ich ging mit ihm oft<br />
zu Bauernberatungen; das<br />
prägte mich sehr. Schon<br />
vor 50 Jahren empfahl uns<br />
Dr. Müller, Babynahrung<br />
aus Bioprodukten herzustellen;<br />
das überzeugte<br />
uns. Unser landwirtschaftlicher<br />
Familienbetrieb<br />
wurde deshalb auf ökologischen<br />
Landbau umgestellt.<br />
Zunächst hatten wir<br />
fünf Biobauern, dann<br />
wurden es laufend mehr.<br />
Es ist sicher der richtige<br />
Weg, Stoffe gar nicht erst<br />
anzuwenden, die man<br />
nachher nicht im Produkt<br />
haben will. Es ist aber<br />
auch der richtige Weg im<br />
sorgsamen Umgang mit<br />
der uns anvertrauten<br />
Schöpfung.<br />
Ihr Unternehmen ist<br />
bekannt für Baby- und<br />
Kleinkindernahrung. Brauchen<br />
Erwachsene keine Ökolebensmittel?<br />
Selbstverständlich sind<br />
Bioprodukte auch für<br />
Erwachsene wertvoll;<br />
doch ist das Interesse an<br />
Bioprodukten größer,<br />
wenn es um Säuglinge<br />
geht. Der Säugling nimmt<br />
im Vergleich zum Körpergewicht<br />
zehnmal mehr<br />
Nahrung auf als der<br />
Erwachsene – daher ist<br />
Professor Claus Hipp<br />
der Säugling empfindlicher.<br />
Häufig ist der Vorwurf zu<br />
hören, dass die ökologische<br />
Landwirtschaft nicht billig<br />
genug produzieren kann.<br />
Sind Ökolebensmittel nur an<br />
Besserverdienende zu verkaufen<br />
oder haben sie auch<br />
auf dem Massenmarkt eine<br />
Chance?<br />
Der biologische Landbau<br />
ist wirtschaftlich sinnvoller<br />
als der konventionelle<br />
Landbau. Die Herstellung<br />
von Ökoprodukten<br />
ist genauso möglich<br />
wie die Herstellung von<br />
anderen Produkten. Derzeit<br />
sind aber der Transport<br />
und die ganzen Logistikprobleme<br />
der eigent-<br />
Interview<br />
liche Grund, warum die<br />
Preise teurer sind. Wenn<br />
ein Milchtankzug in<br />
einem einzigen Ort gefüllt<br />
werden kann, kommt es<br />
billiger, als wenn er in<br />
einem Umkreis von 30<br />
Kilometern viele Bauern<br />
anfahren muss. Je mehr<br />
Ökobauern es gibt, umso<br />
niedriger können die Preise<br />
werden. Je höher die<br />
Nachfrage, desto günstiger<br />
die Produkte.<br />
Sie drohten damit, die Rohstoffe<br />
Ihrer Produkte nur noch<br />
im Ausland einzukaufen,<br />
wenn in Deutschland gentechnikfreie<br />
Nahrungsmittel<br />
nicht mehr sicher erzeugt<br />
werden können. War diese<br />
Drohung ernst gemeint?