NaturschutzReport - LBV-München
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Artenschutz an Gebäuden<br />
1/ 2007<br />
Fassadenhacker am Werk<br />
Seit einigen Wochen laufen die Telefone in unserer<br />
Geschäftstelle heiß: Fast im Stundentakt erreichen<br />
uns Klagen über Vögel, die Löcher in Hausfassaden<br />
schlagen. Betroffen sind Gebäude jeder Größenordnung<br />
– am Münchner Stadtrand genauso wie in Giesing,<br />
Schwabing oder Haidhausen. Täter ist der Buntspecht,<br />
der wärmegedämmte Fassaden für seine Aktivitäten<br />
bevorzugt.<br />
Vom Wald<br />
zur Stadt<br />
Der typische Waldvogel<br />
Buntspecht liebt eigentlich<br />
nur Bäume. Unter ihrer<br />
Borke findet er seine Nahrung,<br />
und in Baumstämme<br />
schlägt er seine Bruthöhlen.<br />
Er erfüllt so eine<br />
wichtige Doppelfunktion:<br />
als Baumschützer beim<br />
Borkenkäferfang und als<br />
Baumeister für viele andere<br />
Höhlenbrüter. Warum<br />
also wurde dieser nützliche<br />
Vogel zum Fassadenhacker?<br />
Buntspechte ziehen<br />
immer öfter in die Stadt<br />
um. Dort stehen ihnen<br />
aber zu wenige Bäume<br />
zur Nahrungssuche und<br />
zum Höhlenbau zur Verfügung.<br />
Doch Spechte<br />
sind lernfähig: Statt Insekten<br />
nur unter der Borke<br />
morscher Bäume zu<br />
suchen, nutzen sie das<br />
Speisenangebot ihres<br />
Stadtreviers, wo sie viele<br />
Insekten einfach vom Putz<br />
der Häuser ablesen können.<br />
Dabei wird schon<br />
mal genauer nachgeschaut.<br />
Klingt die „Häuserrinde“<br />
beim ersten<br />
Klopfen hohl, wird es für<br />
den Hacker interessant.<br />
Der Specht klopft und<br />
hämmert, und nach kurzer<br />
Zeit ziert ein golfballgroßes<br />
Loch die Fassade,<br />
dem in der Regel weitere<br />
Löcher folgen. Oft bleibt<br />
es nicht dabei, sondern<br />
das hinter dem Putz liegende<br />
Styropormaterial<br />
wird ausgeräumt, bis eine<br />
wohlig warme Höhle entsteht,<br />
in der die Tiere im<br />
Winter übernachten. Und<br />
weil die Anlage der Höhlen<br />
so gut funktioniert hat,<br />
wird im Frühjahr weitergehämmert<br />
und eine<br />
Wohnung für die Brut<br />
gebaut.<br />
Geschützter Anpassungskünstler<br />
Spechte zeigen mit<br />
ihrer Verhaltensweise,<br />
wie gut sie in der Lage<br />
sind, sich auf veränderte<br />
Lebensraumbedingungen<br />
einzustellen. Hausbesitzer<br />
hingegen sind<br />
wenig erfreut über diese<br />
Anpassungsfähigkeit.<br />
Die Löcher sind nicht nur<br />
eine optische Beeinträchtigung<br />
der Fassade,<br />
sondern führen zu einem<br />
Wärmeverlust, durch<br />
eindringende Feuchtigkeit<br />
kann sogar ein Schaden<br />
an der Bausubstanz<br />
entstehen.<br />
So mancher Hausbesitzer<br />
mag angesichts dieser<br />
Ohnmacht des Menschen<br />
vor der Natur schon mal<br />
in Gedanken zur Flinte<br />
greifen. Aber der Specht<br />
ist – wie alle frei lebenden<br />
europäischen Wildvögel –<br />
eine geschützte Vogelart.<br />
Abschuss oder Abfangen<br />
von Spechten sind nicht<br />
nur gesetzlich verboten,<br />
sie würden auch nicht die<br />
gewünschte Abhilfe schaffen:<br />
Das frei gewordene<br />
Revier wird einfach vom<br />
nächsten Fassadenhacker<br />
bezogen.<br />
Empfehlungen<br />
Deshalb empfiehlt der<br />
<strong>LBV</strong>, die Hauswände für<br />
Spechte unattraktiv zu<br />
machen. Bewegliche,<br />
raschelnde und glitzernde<br />
Gegenstände an den vom<br />
Specht bevorzugten Stellen<br />
– das sind vor allem<br />
die Gebäudeecken – halten<br />
ihn vom Picken ab.<br />
Der Fantasie sind dabei<br />
keine Grenzen gesetzt.<br />
Auch vor die Fassade<br />
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gehängte Greifvogelsilhouetten<br />
oder -attrappen<br />
können helfen, Spechte zu<br />
vertreiben. Eine absolut<br />
sichere Vergrämungsmethode<br />
ist noch nicht<br />
gefunden. Deshalb kann<br />
der <strong>LBV</strong> die betroffenen<br />
Hausbesitzer nur zum<br />
Ausprobieren animieren.<br />
Die Lösung, die im Einzelfall<br />
funktioniert, ist nämlich<br />
oft so individuell wie<br />
der Übeltäter selbst.<br />
Langfristig sind also<br />
Spechtlöcher in einer Münchner Hausfassade<br />
Foto: Antonius von Vacano