Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

noch nicht ausgeschöpft; der Kampf beginnt erst, nachdem die legalen Mittel sich
erübrigen. Der Kampf auf dem Land ist gegenüber der Stadtguerilla vorzuziehen, da die
taktischen Gegebenheiten dort am vorteilhaftesten sind und die Grundlagen der
ökonomischen, d.h. kapitalistischen Unterdrückung am deutlichsten hervortreten: „Der
Guerillero ist ein Umgestalter der Gesellschaft ...; ... ist hauptsächlich und vor allem
anderen ein Agrarrevolutionär.“ 86 Dabei muss er sich „der totalen Unterstützung der
örtlichen Bevölkerung sicher“ 87 sein: darum ist die ideologische Schulung des Volkes
neben dem eigentlichen Kampf der zweite Strang der Guerrillero-Arbeit. Denn der
Guerrillero ist zunächst nur Stellvertreter der gesellschafltichen Umwälzung; seine
Stellvertreterrolle soll überflüssig werden, denn „der Guerilla-Krieg ist ... der Kampf des
ganzen Volkes gegen die herrschende Unterdrückung.“ 88 Nur strenge innerliche Disziplin
hält den Guerrillero bei diesen schwierigen Aufgaben auf Kurs.
Zwischen „Sabotage als revolutionärer ... Kampfform und Sabotage als Terror“ muss er
unbedingt unterscheiden können. Denn die Revolution, die angestrebte Vereinigung der
Foci zu einer regulären Armee darf nicht beeinträchtigt werden. „(E)infache Leute aus dem
Lager des Feindes“ 89 sollen bei Anschlägen nicht getroffen werden; „ernste(..) soziale(..)
Folgen“ 90 aus ihnen nicht zeitigen. Denn alle Menschen sind potentielle Revolutionäre,
deren Kredit nicht verspielt werden darf.
Der revolutionäre Partisan nimmt mithin keine eigene Identität an, er ist die
Transitstation zwischen politischer Idee und militärischer Offensive. Seine Identität ist rein
von der revolutionären Idee bestimmt; partisanisch verhält er sich nur aus strategischtaktischen
Gründen für eine begrenzte Zeit. Revolutionäre Partisanentheorien kennzeichnet
also eine „evolutiv angestrebte Monokephalie wie die instrumentelle Betrachtung der
Waffentechnik“ 91 . Aber gerade die Biographie Che Guevaras zeigt exemplarisch, wie die
Theorie des Partisanen als Funktionsmodus leicht von einer Partisanenidentität eingeholt
wird und revolutionäre Ideen ohne Halt in der Bevölkerung nicht einfach ex-/importiert
werden können. 92
c.Das Chamäleon und die physische Strategie
Herfried Münkler versucht sich der Thematik um Partisanen, Guerrilleros und
Terroristen analytisch-objektivierend aus einer politikwissenschaftlichen Perpektive zu
nähern. Er verfolgt den Anspruch, eine umfassende theoretische Durchdringung zu leisten,
gleichwohl kommen die zwei Fragestellungen nicht ohne weiteres zu deckungsgleichen
Ergebnissen.
1Partisanstudien
Wenn Münkler die Betrachtung ausschließlich auf das Wesen des Partisanen legt, sind
der chamäleonhafte Charakter und die Unterscheidung von Partisanen der Tradition und
der Revolution 93 zentral.
Das Chamäleonhafte im Partisanen destabilisiert seine Identität, sie tritt nur
augenblickhaft hervor: „So wenig wie das Chamöleon durch die Farbe, die es gerade
angenommen hat, hinreichend bezeichnet werden kann, so wenig kann der Partisan auf
eine seiner Erscheinungsweisen festgelegt werden.“ 94 Der Partisan ist „darum auch nicht im
86 Ebd. , S. 18.
87 Ebd., S. 25.
88 Ernesto Che Guevara, Guerilla – Theorie und Methode. Sämtliche Schriften zur Guerillamethode, zur
revolutionären Strategie und zur Figur des Guerilleros, hrsgg. v. Horst Kurnitzky, Berlin 1968, S. 16.
89 Ebd., S. 37.
90 Ebd, S. 90.
91 Münkler, Partisan 1992 I, S. 117.
92 Andreas Wolf, Che Guevara. Die Strategie des ‚foco’ und ihr Scheitern in Bolivien, 116 – 127, 124ff.
(schon im Literaturverzeichnis?)
93 Unterscheidung auch bei J. Freund, Der Partisan oder der kriegerische Friede, 387.
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