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Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

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<strong>Krieges</strong>, eine personifizierte Behauptungsstrategie; <strong>die</strong> letztgültigen Subjekte seiner<br />

politischen <strong>Theorie</strong> bleiben Bevölkerungen, Nationen, Völker. 254 Deren spirituelle<br />

Substanz soll sich durchsetzen 255 : Hoffnung auf einen uralten Nomos. Denn hier zeigt sich<br />

eine starke Quer-Verbindung zu den Trägern der rechtlichen Ur-Akte, eine schwache zum<br />

mütterlichen Sein bei Jünger. Die ungeklärte Rolle <strong>des</strong> individuellen Subjekts als Träger<br />

<strong>des</strong> Politischen kann man sich nach Llanque folgendermaßen erklären: Schmitt setze <strong>die</strong><br />

„Exotik“ <strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong> geschickt ein, um im „theoretische(n) Freiraum“ der „Unsicherheit<br />

der Begrifflichkeit <strong>und</strong> Phänomenalität“ seine politische <strong>Theorie</strong> zu rechtfertigen. 256 Somit<br />

bleibt letztlich ungeklärt, ob das Öffentliche privat wird oder das Private öffentlich.<br />

Entscheidend ist aber, dass <strong>Schmitts</strong> flächige Perspektive weiterhin in großen politischen<br />

Einheiten dachte.<br />

III.Intellektuelles <strong>Partisanen</strong>tum zwischen Anarchie <strong>und</strong> Nihilismus?<br />

Eine erschütternde Lage ist gezeichnet: eine scheinbar unmöglich gewordene <strong>Hegung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Krieges</strong>, eine Zerreibung herkömmlicher staatlicher Kategorien, ein das Recht<br />

möglicherweise auflösender Riss von Recht <strong>und</strong> Realität. Die Überantwortung an <strong>die</strong><br />

Selbstentfaltung von Weltgeschichte, der eine Entmündigung menschlicher Aktivität<br />

entspricht, begleitet <strong>die</strong>se Szenierung. In einer poststaatlichen Welt <strong>des</strong> globalen<br />

Bürgerkriegs überträgt sich <strong>die</strong> kriegerische Verantwortung auf den Einzelnen, der stehts<br />

droht, in <strong>die</strong> weltgeschichtlichen Selbstbewegungen fortgerissen zu werden. Die von<br />

Ideologien disaggregierten politischen Einheiten überlassen es dem allein Gestellten, seine<br />

durch den Ort bestimmte Feindschaft gegen entortete Absolutismen zu retten. Der Partisan<br />

scheint <strong>die</strong> letzte Möglichkeit, <strong>die</strong> spirituelle Substanz der Nationen <strong>und</strong> Völker gegen<br />

existenziale Geschichtlichkeiten zu verteidigen. Diese Diagnose lässt sich nun leicht als<br />

Inszenierung eines intellektuellen Partisans nach Art <strong>des</strong> letzten Mohikaners übertragen 257 .<br />

Schmitt scheint zu widersprechen:<br />

„In manchen Fällen geht <strong>die</strong> Umdeutung (<strong>des</strong> Begriffs Partisan, S.M.) bis zu<br />

einer allgemeinen Symbolisierug <strong>und</strong> Begriffsauflösung. Dann kann schließlich<br />

jeder Einzelgänger oder Nicht-Konformist ein Partisan genannt werden, ohne<br />

Rücksicht darauf, ob er überhaupt noch daran denkt, eine Waffe in <strong>die</strong> Hand zu<br />

nehmen. Als Metapher braucht das nicht unzulässig zu sein; ich selber habe<br />

mich ihrer zur Kennzeichnung geistesgeschichtlicher Figuren <strong>und</strong> Situationen<br />

be<strong>die</strong>nt. In einem übertragengen Sinne heißt ja ‚Mensch sein ein Kämpfer sein’,<br />

<strong>und</strong> der konsequente Individualist kämpft eben auf eigene Rechnung <strong>und</strong>, wenn<br />

er mutig ist, auch auf eigene Gefahr. Er wird dann eben sein eigener<br />

Parteigänger. Solche Begriffsaufläsungen sind beachtenswerte Zeichen der Zeit,<br />

<strong>die</strong> eine eigene Untersuchung ver<strong>die</strong>nen. Für eine <strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong>, wie<br />

sie hier gemeint ist, müssen aber einige Kriterien im Auge behalten werden,<br />

damit das Thema nicht in einer abstrakten Allgemeinheit zergeht.“ (S. 25f.)<br />

Wenn Schmitt vom konsequenten Individualisten spricht, grenzt er sich nochmals von<br />

Jünger ab. In<strong>des</strong>sen spricht aus der Stelle, dass es intellektuelles <strong>Partisanen</strong>tum<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich geben kann, nur ist es im Hinblick auf eine geschichtliche, militärische<br />

<strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong> nicht von Interesse. Außerdem spricht Schmitt in der Fußnote auf<br />

der gleichen Seite in Bezug auf Schroers vom „letzten Widerstand gegen den Nihilismus<br />

254 S. nur Schmitt, Begriff, Vorwort, S. 18.<br />

255 Schmitt, Ordnung der Welt, S. 28.<br />

256 Llanque, Träger (Fn. X), S. 61. „15.8.48. Ich bin uneinholbar, weil ich in schnellster Fahrt, aber durchaus<br />

nicht auf der Flucht vor meinen Feinden bin. Wie sollten <strong>die</strong>se mich einholen können? Es versteht sich von<br />

selbst, nämlich vom Wesen der Feindschaft her: daß unerklärliche Feindschaften <strong>die</strong> aufschlußreichsten<br />

sind (<strong>und</strong> <strong>die</strong> erklärlichsten).“, Glossarium, S. 190.<br />

257 So zumin<strong>des</strong>t Ridder, xxx (Fn. X), S. xx; s. auch Spinner, Aussprache zu dem Referat von Julien Fre<strong>und</strong>,<br />

S. 394.<br />

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