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Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

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kriminelle Formen annehmen. Unterschieden werden muss danach, ob sich für politische<br />

Ziele krimineller Mittel (z.B. Taliban) oder vice versa sich ökonomischer Motive wegen<br />

terroristischer/partisanischer Mittel (Warlords) be<strong>die</strong>nt wird. Guerrilleros <strong>und</strong> <strong>Partisanen</strong><br />

zu unterscheiden hat heute keinen heuristischen Wert, fraglich, ob es historisch 137 je einen<br />

gegeben hat: <strong>die</strong> Denominationen dürfen weithin als synonym gelten. Die beiden Begriffe<br />

von Terroristen zu unterscheiden ist allerdings mit höchsten Schwierigkeiten verknüpft: es<br />

herrscht komplizierte semantische Verwirrung 138 . Besonders der „Bewegungsbegriff“<br />

Terrorismus ist bedeutungsrelativierender, ja enthistorisierender Historizität 139<br />

unterworfen; Terroristen können sich einerseits als <strong>Partisanen</strong> ausgeben, politische<br />

Gewaltakte können andererseits stets mit dem „Bezichtigungswert“ 140 <strong>des</strong><br />

Terrorismusbegriffs belegt werden. Die Problematik hängt aber auch mit der oft fraglichen<br />

Trennung von modus operandi <strong>und</strong> politischer Zielstellung, mit den mit ihren Strategien<br />

verb<strong>und</strong>enen, spezifischen Grausamkeiten der Kriegsführung zusammen. Als<br />

Unterscheidungshilfe könnte man danach fragen, ob sich <strong>die</strong> irregulären nach einem für sie<br />

geltenden ius in bello richten, das nicht mit dem geltenden humanitären Völkerrecht<br />

übereinstimmen muss, richten: wenn ja, dann ist <strong>die</strong> Zugehörigkeit zu partisanischen<br />

Formen wahrscheinlich. Theoretiker <strong>des</strong> Terrorismus <strong>und</strong> <strong>des</strong> Kriegsvölkerrechts<br />

beobachten jedenfalls eine zunehmende Ununterscheidbarkeit von Guerilla <strong>und</strong><br />

Terrorismus. 141<br />

Darüber hinaus liegt <strong>die</strong> wesentliche Problematik schillernd-schimmernd unter der<br />

Oberfläche <strong>des</strong> ius ad bellum. Zum ersten ist besonders bei Terroristen fraglich, wann es<br />

sich um Krieg handelt. Zum zweiten haben sie zwar alle nicht das Recht, Krieg zu führen –<br />

<strong>die</strong> verdeckte Schwäche der vorgeblich pazifizierenden Konstruktion 142 <strong>des</strong> juristischen<br />

Kriegsbegriffs als Staatenkrieg offenbart sich hier –, aber das Verbot wendet sich gerade<br />

nicht an sie, sondern an Staaten 143 . In der (humanitären) Intervention spiegelt sich das<br />

Problem <strong>des</strong> klassischen Völkerrechts: Die militärische Aktion kann sich naturgemäß nur<br />

an den jeweiligen Staat wenden, <strong>die</strong> möglicherweise aber nur individuellen Addressaten<br />

sitzen aber im souveränen Schutzmantel. Diese Regulierungen <strong>und</strong> Unterscheidungen, so<br />

weit sie möglich sind, münden in <strong>Schmitts</strong> Worten in einen neuen Nomos der Erde ein: den<br />

heutigen Gegensatz von kaum noch stattfindenden, normierten Staatenkriegen 144 zu<br />

alltäglichen, nichtnormierten asymmetrischen Konstellationen (s.u.).<br />

C.DER PARTISAN BEI EINEM PARTHEYGÄNGER<br />

Ça ne pas loi de texte. Die Selbstbezüglichkeiten in der <strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong> sind<br />

unübersehbar. Dies mag bei einem zum Erscheinungsjahr 1963 über 40 Jahre ge- <strong>und</strong><br />

verwachsenen Werk nicht überraschen. Die Gegnerschaft zu universalistischen Konzepten<br />

<strong>und</strong> Gesetzespositivismus, <strong>die</strong> Gefechtsstellung gegenüber Liberalismus <strong>und</strong><br />

weltrevolutionärem Kommunismus quellen – wie üblich – ungehindert durch <strong>die</strong><br />

Formulierungen. Die zentrale Fragestellung aber, wenn man sich damit auseinander setzt,<br />

wie man <strong>die</strong> <strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong> lesen soll, ist ihr Verhältnis zur <strong>Hegung</strong> <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong>.<br />

Schon von <strong>die</strong>ser Zusammenführung seiner Feind-Differenzierungen <strong>und</strong> der das Jus<br />

137 Der Partisan soll einzeln, der Guerillero eher in Gruppen auftreten: Gerhard Schulz, Irregulären (Fn. x), S.<br />

10. Die verschwommene Grenze Bande-Banditentum hat ihren Ursprung im antinapoleonischen<br />

Volkskrieg in Spanien, ebd., S. 12.<br />

138 Bruce Hoffmann, Terrorismus – der unerklärte Krieg, 3. Aufl., Frankfurt a.M: 2002, S. 35.<br />

139 Rudolf Walther, s.v. Terror, Terrorismus, in: Geschichtliche Gr<strong>und</strong>begriffe, Bd. 6, S. 323ff, 443, 324.<br />

140 Rudolf Walther, s.v. Terror, Terrorismus, in: Geschichtliche Gr<strong>und</strong>begriffe, Bd. 6, S. 324.<br />

141 Ingrid Detter, Law of War, S. 144; Walter Laqueur, The new Terrorism, New York 1999, S. 5.<br />

142 Münkler, Krieg <strong>und</strong> Frieden, S. 283.<br />

143 Schmahl/Haratsch, Terrorismus, 111.<br />

144 Etwa 10% aller Kriege sind heute Staatenkriege, Münkler, Sind wir im Krieg?, PVS 2001, auf der 4.<br />

Seite!<br />

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