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Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

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einer durchtechnisierten Welt“, ja vom „letzten Menschen“. Dies lässt nicht nur den<br />

Schluss auf <strong>Schmitts</strong> wissenschaftliches Werk zu, sondern auch <strong>die</strong> Verknüpfung mit<br />

<strong>Schmitts</strong> sonstigen „Mythologisierungen <strong>des</strong> eigenen Ichs“ 258 <strong>und</strong> versteckten Hinweisen<br />

auf eine intellektuelle Unabhängigkeit unter der Faust eines drückenden Regimes, z.B. als<br />

christlicher Epimetheus 259 , als Benito Cereno 260 . Hintersinnig wie ambivalent heißt es<br />

ferner in der „Lage der europäischen Rechtswissenschaft“:<br />

„Wir können uns <strong>die</strong> wechselnden Machthaber <strong>und</strong> Regime nicht nach unserem<br />

Geschmack aussuchen, aber wir wahren in der wechselnden Situation <strong>die</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage eines rationalen Mensch-Seins, das der Prinzipien <strong>des</strong> Rechts nicht<br />

entbehren kann. Zu <strong>die</strong>sen Prinzipien gehröt eine auch im Kampf nicht<br />

entfallene, auf gegenseiiger Achtung beruhende Anerkennung der Person; Sinn<br />

für Logik <strong>und</strong> Folgerichtigkeit der Begriffe <strong>und</strong> Institutionen; Sinn für<br />

Reziprozität <strong>und</strong> für das Minimum eines geordneten Verfahrens.“ 261<br />

Ebenso deutbar ist folgende Stelle in Bezug auf Hobbes geschrieben:<br />

„Heute begreifen wir <strong>die</strong> unverminderte Kraft seiner Polemik, verstehen wir <strong>die</strong><br />

innere Geradheit seines Gedankens <strong>und</strong> lieben wir den unbeirrbaren Geist, der<br />

<strong>die</strong> existenzielle Angst <strong>des</strong> Menschen furchtlos zu Ende dachte ... So ist er für uns<br />

der echte Lehrer einer großen politischen Erfahrung; einsam wie jeder<br />

Wegbereiter; verkannt, wie jeder, <strong>des</strong>sen politischer Gedanke sich nicht im<br />

eigenen Volk verwirklicht; ungelohnt, wie der, der ein Tor öffnet, durch das<br />

andere weitermarschieren; <strong>und</strong> doch in der unsterblichen Gemeinschaft der<br />

großen Wissenden der Zeiten ...“ 262<br />

Schmitt als intellektuellen <strong>Partisanen</strong> zu bezeichnen, würde ihm sicher schmeicheln.<br />

Denn hat er nicht auch Bruno Bauer, Max Stirner, Donoso Cortés <strong>und</strong> Jean Jacques<br />

Rousseau als solche bezeichnet. Sieht man Schmitt mit gewichtigen Unterbrechungen als<br />

Bekämpfer <strong>des</strong> status quo, kann man seine Methode möglicherweise als partisanisch – im<br />

Sinne einer schillernden, chamäleonhaften Gestalt, <strong>die</strong> transitorisch zu einer Ordnung<br />

führen soll – bezeichnen. Hier ist Nietzsche nicht weit: In der Tat meint Hofmann, dass<br />

„<strong>Schmitts</strong> Existenzphilosophie fortwährend mit dem Versuch verquickt ist, eine<br />

substanzielle Ordnungsvorstellung zu entwickeln <strong>und</strong> auf <strong>die</strong>se Weise <strong>die</strong> eigene<br />

existenzphilosophische Position zu überwinden.“ 263 Schmitt stehe in der nachchristlichen<br />

Erfahrung absoluter Kontingenz, eine Unterscheidung von Ordnung <strong>und</strong> Unordnung wird<br />

fraglich, da <strong>die</strong> weisende Autorität abhanden gekommen ist. Die Menschen befinden sich<br />

so in Zeiten der Mittelbarkeit, sie müssen andere Quellen <strong>des</strong> Rechts aufsuchen, da <strong>die</strong><br />

unmittelbare Offenbarung nicht mehr möglich erscheint. Daher rührt es, dass Schmitt<br />

historischen Relativismus betreiben muss, der den „Zustand einer naturlosen ... Existenz<br />

(<strong>des</strong> Menschen) im permanenten Ausnahmezustand“ 264 zur Gr<strong>und</strong>lage hat. Schmitt zweifelt<br />

<strong>die</strong> von ihm identizierten nachchristlichen Ordnungsvorstellungen – Technik <strong>und</strong> liberale<br />

Demokratie – an <strong>und</strong> verfolgt somit „sein Programm der Desktruktion, seinen Nihilismus –<br />

ähnlich wie vordem Nietzsche – zugleich als notwendiges Durchgangsstadium auf dem<br />

Wege zu einer neuen, substanziell verstandenen natürlichen Ordnung.“ 265<br />

258 Noack, Schmitt, S. 294ff.<br />

259 <strong>Carl</strong> Schmitt, Ex captivate salus. Erfahrungen der Zeit 1945/47, Köln 1950, S. 12.<br />

260 Ex captivate salus, S. 75.<br />

261 In: Verfassungsrechtliche Aufsätze (Fn. ), S. 422f.<br />

262 Schmitt, Leviathan, S. 131f.<br />

263 Hofmann, Legitimität, S. 166.<br />

264 Ebd., S. 164.<br />

265 Ebd., S. 168.<br />

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