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Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

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Agambens Analyse 34 – <strong>die</strong> Selbstwahrnehmung <strong>des</strong> Rechts für <strong>des</strong>sen Grenzphänome im<br />

Zentrum stehen.<br />

B.GESCHICHTE UND IRREGULÄRE FORMEN DES KLEINKRIEGES<br />

Ganz in der Tradition <strong>Schmitts</strong> müssen nicht nur vorab, sondern überhaupt <strong>die</strong> Begriffe<br />

geklärt werden: Was sind „Kleinkriege“? Wie lassen sich deren irreguläre Träger<br />

differenzieren? Sind „Guer(r)illero“, „Partisan“, „Terrorist“ nicht dem historischbeliebigen<br />

Urteil unterworfen? Ganz grob sammelt der Begriff „Kleinkrieg“ – keineswegs<br />

außergewöhnliche – Kampfweisen „außerhalb der herkömmlichen geschlossenen<br />

Gefechtsordnung“ 35 . Der Kleinkrieg steht somit immer im Bezug zu seinem Gegensatz der<br />

Normalität <strong>des</strong> Großkrieges. Der Volkskrieg könnte allerdings <strong>die</strong>se begriffliche<br />

Dichotomisierung fraglich erscheinen lassen. Problematisch ist der Begriff „Volkskrieg“<br />

aber dann nicht, wenn man ihn als Steigerungsform 36 <strong>des</strong> Kleinkrieges begreift <strong>und</strong> Wert<br />

auf <strong>die</strong> militärische Aktionsform legt: Die ist im Volkskrieg zwar großflächig, aber zumeist<br />

heterogen <strong>und</strong> dezentral organisiert. Die hier interessierenden <strong>Partisanen</strong>kriege sind mithin<br />

immer Manifestationen in der Geschichte <strong>des</strong> (irregulären) Kleinkrieges.<br />

I.Historische Erscheinungsformen <strong>des</strong> (irregulären) Kleinkrieges<br />

Für jede Darstellung einer Entwicklung (irregulärer) Kleinkriegsformen mag es<br />

angebracht sein zu konstatieren, dass ihr Blick selbstverständlich getrübt ist – hier durch<br />

eine eurozentrische Geschichtsschreibung <strong>und</strong> eine auf <strong>die</strong> Kriegstheorie <strong>des</strong> modernen<br />

Staates fokussierte Perspektive 37 . Ferner werden <strong>die</strong> regulären Ausgestaltungen nur am<br />

Rande behandelt. Das folgende Dreista<strong>die</strong>nmodell der angesprochenen Entwicklung ist<br />

höchst willkürlich gewählt <strong>und</strong> hat eher eine vereinfachende <strong>und</strong> nicht strikt zu verstehende<br />

Jahrh<strong>und</strong>erteinteilung zur Gr<strong>und</strong>lage.<br />

a.Frühformen von der Antike bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Zwar reicht <strong>die</strong> Geschichte <strong>des</strong> Kleinkrieges <strong>und</strong> insbesondere <strong>die</strong> partisanischer<br />

Kriegsformen bis in <strong>die</strong> Antike zurück, <strong>die</strong> Schlacht im Teutoburger Wald ist geradezu ein<br />

Paradebeispiel, als eigenständige Kampfformen erweisen sie sich jedoch erst in der Brücke<br />

vom 18. zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. 38 Auch im Mittelalter gab es Beispiele von<br />

<strong>Partisanen</strong>kämpfen, beispielsweise <strong>die</strong>, <strong>die</strong> zur Gründung der schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft geführt haben, oder im H<strong>und</strong>ertjährigen Krieg. 39 Berühmte Terroristen<br />

aus dem 12. Jahrh<strong>und</strong>ert sind <strong>die</strong> Assasinen. Im niederländischen Aufstand gegen <strong>die</strong><br />

Spanier in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden ebenfalls Guerillamethoden<br />

eingesetzt. 40 Im Dreißigjähriger Krieg kann man requirierende Streifscharen als irreguläre<br />

Gewaltformen werten. 41 Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert ist der Kleinkrieg durch den<br />

aufgabenbezogenen, aus der Lineartaktik ausscherenden Einsatz leichter Truppen 42 geprägt;<br />

moderne Heere entstehen aus der Entwicklung rationaler Kriegsführung <strong>und</strong><br />

32 Walter Benjamin, Zur Kritik der Gewalt, in: ders., Gesammelte Schriften, Rolf Tiedemann/Herbert<br />

Schweppenhäuser (Hrsg.), Frankfurt a.M. 1980, Bd. II/1, S. 179 – 203.<br />

33 Giorgio Agamben, Der Ausnahmezustand, S. 103f.<br />

34 Denn nicht nur <strong>die</strong> Erlösung vom Recht ist Mythos, auch das Recht hat mythische Funktionen. Das Recht<br />

hat den Vorteil der Evidenz der bereits bestehenden, sozialen Praxis.<br />

35 Martin Rink, Vom „Partheygänger“ zum <strong>Partisanen</strong>, Frankfurt a.M. u.a. 1999, XV.<br />

36 Schulz, Irregulären (Fn. x), S. 18.<br />

37 S. Herfried Münkler, Neue Kriege, Fn. 15 (Kapitel 5).<br />

38 Werner Hahlweg, Moderner Guerillakrieg <strong>und</strong> Terrorismus, in: Manfred Funke (Hrsg.), Terrorismus,<br />

Düsseldorf 1977, S. 132.<br />

39 Andreas Götze, S 146.<br />

40 Werner Hahlweg, Moderner Guerillakrieg <strong>und</strong> Terrorismus, in: Manfred Funke (Hrsg.), Terrorismus,<br />

Düsseldorf 1977, S. 128.<br />

41 Münkler, Krieg <strong>und</strong> Frieden, 297.<br />

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