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Carl Schmitts Theorie des Partisanen und die Hegung des Krieges

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Ordnung aus. Ähnlich verhält es sich beim <strong>Partisanen</strong>. Er hat <strong>die</strong> Aufgabe der Ordnung an<br />

sich genommen, der Ordnung, <strong>die</strong> untrennbar mit seiner Ortung verb<strong>und</strong>en ist.<br />

Ideologisierungen <strong>und</strong> Technisierungen sind <strong>die</strong> Gefahren, denen seine Verhaftetheit, seine<br />

Ordnung widerstehen muss. Allerdings hat der Partisan kein eigentliches Gegenmittel wie<br />

<strong>die</strong> staatliche Ordnung <strong>die</strong> Diktatur. In<strong>des</strong>sen ist sein Feind in <strong>die</strong>sem Maße nicht wie <strong>die</strong><br />

Aufständischen eine Gefahr für seine Ordnung, sondern geradezu eine Bestätigung seiner<br />

Identität: <strong>die</strong> eigene Antwort als Gestalt.<br />

3Asymmetrische Kriege – ein Völkerrecht im Ausnahmezustand?<br />

Dass der Normalzustand <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong> als illegitimer angegriffen wird, ist das Geschäft<br />

<strong>des</strong> <strong>Partisanen</strong> <strong>und</strong> ist vom Gesichtspunkt <strong>des</strong> Ausnahmezustands nicht weiter<br />

bemerkenswert, soweit der Partisan eine Randfigur bleibt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Prämien auf den legalen<br />

Machtbesitz weiter ausgezahlt werden. Für Schmitt ist <strong>die</strong>s schon bei ideologischrevolutionären<br />

Kriegen nicht mehr gewährleistet – <strong>die</strong> Perspektive eines globalen<br />

Weltbürgerkrieges soll hier allerdings hintangestellt bleiben, da auch ideologische<br />

Kriegführung sich an „klassische“ Kriegsformen halten kann 220 . Nichts<strong>des</strong>totrotz muss man<br />

– fragt man nach dem Ausnahmezustand <strong>des</strong> Völkerrechts – Ist- <strong>und</strong> Soll-Zustand <strong>des</strong><br />

kriegsvölkerrechtlichen Mediums identifizieren <strong>und</strong> vergleichen, um zu einer Bewertung<br />

der Rechtsverwirklichung zu kommen.<br />

Die entscheidenden Völkerrechtssubjekte sind – trotz individualisierender Tendenzen –<br />

nach wie vor sich gleiche Staaten: Sie sind daher auch <strong>die</strong> primären Adressaten <strong>des</strong><br />

Kriegsvölkerrechts. Wenn Krieg geführt wird, soll er unter Staaten ausgetragen werden.<br />

Auf <strong>die</strong>ser Voraussetzung basiert <strong>die</strong> wichtigste Steuerungsleistung <strong>des</strong><br />

Kriegsvölkerrechts: eine Normierung <strong>und</strong> damit Humanisierung <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong>. Gleiche<br />

Staaten können – schon rein rational aus Gründen der vorhersehbaren Wiederholbarkeit<br />

bewaffneter Konflikte <strong>und</strong> <strong>des</strong> antizipierten diplomatischen Kontakts – reziproke,<br />

handlungsleitende Normen akzeptieren. Die <strong>Hegung</strong> <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong> wird durch eine<br />

Monopolisierung <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong> bewirkt, von der <strong>die</strong> weiteren gewaltbegrenzenden<br />

Unterscheidungen – wie Kombattant/Nonkombattant – abgeleitet sind. Den irregulären<br />

Adressaten kommt in <strong>die</strong>ser Ordnung Ausnahmecharakter zu; ihre Privilegierung<br />

verdanken sie – wie <strong>die</strong> nationalen Befreiungsbewegungen – ihrer Verankerung im<br />

Selbstbestimmungsrecht der Völker <strong>und</strong> damit ihrer antizipierten Übernahme der<br />

staatlichen Völkerrechtssubjektivität.<br />

Doch gerade <strong>die</strong> Regel ist heute zur Ausnahme geworden. Vom „Zusammenbruch <strong>des</strong><br />

gesamten Ordnungssystems“ 221 ist bereits <strong>die</strong> Rede: Die „Chancen zu einer Begrenzung der<br />

Gewalt durch das Mittel der Verrechtlichung sind eher im Schwinden begriffen“. 222 Zwar<br />

sind <strong>die</strong> zwischenstaatlichen Kriege immer seltener geworden. Dafür haben<br />

innergesellschaftliche Kriege überhand genommen: Sie werden größtenteils von privaten<br />

Akteuren 223 – darunter Gewaltunternehmer <strong>und</strong> Kindersoldaten – geführt 224 , <strong>die</strong> zuvörderst<br />

kein Interesse <strong>und</strong> in den meisten Fällen auch nicht <strong>die</strong> Berechtigung haben werden, <strong>die</strong><br />

privilegierten Status <strong>des</strong> humanitären Völkerrechts anzunehmen. Den dort verorteteten<br />

Minimalkonsens der Kriegführung in <strong>die</strong> „moralische Sprache vor Ort“ 225 zu übersetzen –<br />

das Bemühen der Mitarbeiter <strong>des</strong> IKRK –, scheitert schon meist daran, dass <strong>die</strong><br />

Zugehörigkeitsregeln zu einer „Kriegerkaste“ <strong>und</strong>efinierbar geworden sind. Dann kommt<br />

dazu, <strong>die</strong> partikularistische Logik der Zugehörigkeit mit einer universalen<br />

8.10.47, Glossarium, S. 29.<br />

221 Münkler, Neue Kriege, S. 73.<br />

222 Münkler, Neue Kriege, S. 43.<br />

223 Llanque/Münkler, Vorwort, S. 20 sprechen in <strong>die</strong>sem Zusammenhang von „prognostischer Qualität“ <strong>des</strong><br />

retrospektiv gemeinten Verdikts <strong>des</strong> En<strong>des</strong> von Staatlichkeit bei <strong>Carl</strong> Schmitt.<br />

224 Münkler, Die neuen Kriege, Hamburg 2004.<br />

225 Michael Ignatieff, Die Zivilisierung <strong>des</strong> <strong>Krieges</strong>, Hamburg 2000, S. 186.<br />

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