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Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums

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Waren die Assyrer grausam?<br />

nalismus oder Rassismus waren ihnen fremd <strong>und</strong> sie betrieben ke<strong>in</strong>e Ausrottungspolitik.<br />

Auch die zahlreich belegten Deportationen s<strong>in</strong>d nicht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em solchen S<strong>in</strong>ne misszuverstehen. Die Verschiebung ganzer Völker<br />

zwischen unterschiedlichen Teilen <strong>des</strong> Reiches geschah zweifellos unter<br />

Zwang <strong>und</strong> ohne jede Rücksicht auf den Willen der Betroffenen, doch<br />

war der Weg <strong>in</strong> die neu zugewiesenen Siedlungsgebiete <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall als<br />

To<strong>des</strong>marsch gedacht. Die Deportierten sollten ganz im Gegenteil möglichst<br />

vollzählig am Ziel ankommen. Das hatte weniger mit Humanität<br />

als mit der Erwartung zu tun, dass sie an ihrem Bestimmungsort fleißig<br />

arbeiten <strong>und</strong> Abgaben zahlen würden. 25<br />

Auch sonst folgte die assyrische Politik zumeist re<strong>in</strong>en Nützlichkeitserwägungen.<br />

Die Assyrerkönige wollten die Welt nicht vernichten, sondern<br />

sie beherrschen. Obwohl ihre Inschriften immer wieder das Gegenteil behaupten,<br />

hat das assyrische Reich <strong>in</strong> Wahrheit ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Siedlung <strong>von</strong><br />

bedeutender Größe so zerstört, dass sie tatsächlich für immer e<strong>in</strong>e Wüstung<br />

geblieben wäre. 26 Eroberte Städte g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den Besitz <strong>des</strong> Königs<br />

über, der sie e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heimischen Fürsten se<strong>in</strong>er Wahl unterstellte oder<br />

e<strong>in</strong>en Statthalter e<strong>in</strong>setzte. In jedem Falle war nutzbr<strong>in</strong>gender Fortbestand<br />

das Ziel.<br />

Der wertvollste Besitz aber waren Untertanen, <strong>von</strong> diesen konnte man<br />

nie genug haben, <strong>und</strong> das assyrische Reich erwies sich als außerordentlich<br />

flexibel dar<strong>in</strong>, Menschen jeglicher Herkunft <strong>in</strong> das eigene System zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Die Art <strong>von</strong> Herrschaft, die Assyrien vorschwebte, hatte jedoch<br />

zur unabd<strong>in</strong>gbaren Voraussetzung, dass sich sämtliche Untertanen dem<br />

Willen <strong>des</strong> Herrschers bed<strong>in</strong>gungslos unterwarfen, denn nur so waren sie<br />

nützlich. Da es e<strong>in</strong> Widerstandsrecht nicht gab, hatte man nur die Wahl,<br />

entweder Untertan oder Rebell zu se<strong>in</strong>. Der Untertan hatte se<strong>in</strong>e Unterwürfigkeit<br />

stets aufs Neue <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise zu bekräftigen, die ihm nicht<br />

auch nur den letzten Rest an Würde beließ: Man erwartete, dass er vor sei-<br />

25 Siehe etwa A. Fuchs [1994] S. 296 Zyl. 72–74.<br />

26 Allerd<strong>in</strong>gs war <strong>in</strong> zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t zwei spektakulären Fällen die endgültige Zerstörung zunächst<br />

beabsichtigt: Das <strong>von</strong> Sanherib 689 verwüstete <strong>und</strong> entvölkerte Babylon wurde jedoch bereits <strong>von</strong><br />

se<strong>in</strong>em Nachfolger Asarhaddon (680–669) wieder aufgebaut (G. Frame [1992] S. 52ff.). Auch die<br />

Zerstörung <strong>von</strong> Susa durch Assurbanipal im Jahre 646 war möglicherweise weniger total, als se<strong>in</strong>e<br />

Inschriften es behaupten, siehe D. T. Potts [1999] S. 297, R. Borger [1996] S. 240f. F § 32.<br />

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