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Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums

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Andreas Fuchs<br />

<strong>des</strong> siegreichen Herrschers diente, führte Assurbanipal anschaulich vor,<br />

als er sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Triumphwagen <strong>von</strong> vier besiegten Königen anstelle<br />

<strong>von</strong> Pferden ziehen ließ. 66 Und damit die erfolgreiche Exekution über den<br />

kurzen Moment der H<strong>in</strong>richtung h<strong>in</strong>aus gegenwärtig blieb, wurden im<br />

Anschluss die signifikanteren Überreste <strong>des</strong> vollzogenen Strafaktes zur<br />

Schau gestellt. So ließ Asarhaddon abgeschlagene Rebellenköpfe begleitet<br />

<strong>von</strong> Sängern <strong>und</strong> Harfenspielern durch die Straßen N<strong>in</strong>ives tragen, »um<br />

den Leuten die Macht Assurs, me<strong>in</strong>es Herrn, vor Augen zu führen.« 67<br />

Und an den Stadtmauern klebend er<strong>in</strong>nerten abgezogene Menschenhäute<br />

daran, dass Fe<strong>in</strong>den <strong>des</strong> Herrschers nicht nur das Köpfen, sondern auch<br />

das Sch<strong>in</strong>den drohte. 68 Die meisten Inschriften <strong>des</strong> 9. bis 7. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

nehmen im besten Falle durch verstreute E<strong>in</strong>zelh<strong>in</strong>weise auf derartige Inszenierungen<br />

Bezug. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige assyrische Siegesfeier jedoch lässt sich<br />

detailliert rekonstruieren, <strong>und</strong> zwar diejenige, die Assurbanipal <strong>in</strong> mehreren<br />

Etappen 653–652 veranstalten <strong>und</strong> anschließend <strong>in</strong> Wort <strong>und</strong> <strong>Bild</strong><br />

großzügig der Nachwelt überliefern ließ. Hier wird die Rolle <strong>des</strong> Herrschers<br />

<strong>des</strong>halb besonders deutlich, weil dieser König nur unter Vorbehalt<br />

bereit war, die traditionell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en assyrischen Herrscher gesetzten Erwartungen<br />

zu erfüllen.<br />

Assurbanipal war zwar als Pr<strong>in</strong>z die wohl übliche Ausbildung zum Bogenschützen<br />

<strong>und</strong> Streitwagenkämpfer zuteil geworden, 69 doch als König<br />

weigerte er sich hartnäckig, se<strong>in</strong>en kostbaren, unersetzlichen Leib den Risiken<br />

e<strong>in</strong>es Krieges auszusetzen. Das heißt nicht, dass er e<strong>in</strong> friedfertiger<br />

Kriegern, e<strong>in</strong> anderer geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>em Bären, e<strong>in</strong>em H<strong>und</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Schwe<strong>in</strong> angeb<strong>und</strong>en<br />

(R. Borger [1967] S. 54 Episode 14 Z. 28–31 <strong>und</strong> S. 50 Episode 7). Dem Araberfürsten Waite‘ ließ<br />

Assurbanipal zunächst die K<strong>in</strong>nbacken durchbohren <strong>und</strong> durch die W<strong>und</strong>e e<strong>in</strong> Zaumseil ziehen,<br />

anschließend legte man ihm e<strong>in</strong> H<strong>und</strong>ehalsband an <strong>und</strong> zwang ihn <strong>in</strong> die Rolle e<strong>in</strong>es Wachh<strong>und</strong>es.<br />

Trotz allem hatte er seltenes Glück, da er am Ende begnadigt wurde (R. Borger [1996] S. 249 A<br />

§ 80). Zum Schauplatz <strong>in</strong> N<strong>in</strong>ive, dem Tor der Palaststadt, dem abullu ša qabal āli, siehe J. Reade<br />

[1998–2001] S. 398 § 11. 2 bzw. S. 391 fig. 2.<br />

66 Borger [1996] S. 249f. A § 85. Schauplatz: N<strong>in</strong>ive. Siehe auch M. W. Waters [2000] S. 80<br />

Anm. 59.<br />

67 R. Borger [1967] S. 50 Episode 6 Z. 32–38. Vgl. oben die <strong>in</strong> <strong>Text</strong> 3. a beschriebene Szene, die<br />

sich allerd<strong>in</strong>gs im Fe<strong>in</strong><strong>des</strong>land abspielt.<br />

68 A. K. Grayson [1991] S. 198 A. 0. 101. 1 i,67–68 (Arbela), S. 200 A. 0. 101. 1 i, 93 (N<strong>in</strong>ive, siehe<br />

oben <strong>Text</strong> 1) für die Zeit Assurnasirpals II. Vgl. R. Borger [1996] S. 214 B § 10 bzw. C § 19.<br />

69 M. Streck [1916] S. 257 <strong>Text</strong> L 4 Z. 20–24 mit R. Borger [1996] S. 187.<br />

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