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Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums

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Andreas Fuchs<br />

kampfbereites Schwert hatte sie gezückt. Du stan<strong>des</strong>t vor ihr, wie<br />

e<strong>in</strong>e leibliche Mutter sprach sie mit Dir, rief sie Dir zu! Da nun teilt<br />

Dir Ištar, die hohe unter den Göttern, mit: ›Na, jetzt hast Du endlich<br />

mal e<strong>in</strong> ordentliches Gefecht vor Dir! Nun aber los <strong>und</strong> nichts<br />

wie h<strong>in</strong>, ich kann’s kaum noch erwarten!‹ Darauf sagst Du: ›Wo<br />

Du h<strong>in</strong>gehst, da will auch ich h<strong>in</strong>gehen, o Herr<strong>in</strong> der Herr<strong>in</strong>nen!‹<br />

Und sie antwortet Dir: ›(Ach, weißt Du was:) bleib Du doch ganz<br />

e<strong>in</strong>fach da, wo Du bist, iss Brot, tr<strong>in</strong>k Bier, mach Musik <strong>und</strong> preise<br />

me<strong>in</strong>e göttliche Macht! Derweil werde ich hergehen <strong>und</strong> diese Sache<br />

selber regeln! Ich werd’ schon dafür sorgen, dass Du kriegst, was Du<br />

willst! (Es ist also völlig) unnötig, dass Du erst leichenblass werden<br />

musst, dass Dir die Füße schlottern, oder dass Du (zu allem Überfluss<br />

gar noch) gezwungen wärst, Dir den Schweiß im Schlachtengetümmel<br />

abzutupfen!‹ 81<br />

Das war natürlich genau das, was Assurbanipal hören wollte! Wir dürfen<br />

vermuten, dass er den <strong>in</strong>s Feld ziehenden Kriegern begeistert nachw<strong>in</strong>kte<br />

<strong>und</strong> sich danach, mit mühevoll verhohlener, aber <strong>des</strong>to tieferer, <strong>in</strong>nerlicher<br />

Erleichterung über e<strong>in</strong> herzhaftes Bankett hermachte – mit musikalischer<br />

Begleitung versteht sich, denn wenn e<strong>in</strong>e Gött<strong>in</strong> derlei ausdrücklich<br />

befiehlt, dann muss man ja schließlich gehorchen, ob es e<strong>in</strong>em nun gefällt<br />

oder nicht.<br />

Von ihrem zerbrechlichen Monarchen nunmehr unbelastet, arbeitete die<br />

assyrische Militärmasch<strong>in</strong>e mit gewohnter Effizienz: Nachdem die Truppen<br />

im Monat Ulūlu (Aug. / Sept.) aufgebrochen waren, gelang es ihnen<br />

bereits am ersten Tag <strong>des</strong> Folgemonats Tašrītu (Sept. / Okt.), den Fe<strong>in</strong>d un-<br />

81 So die <strong>in</strong>terpretierende Übersetzung zu Prisma B § 34 B V 52–70. E<strong>in</strong>e wörtlichere Wiedergabe<br />

bietet R. Borger [1996] S. 100ff. <strong>und</strong> S. 225. E<strong>in</strong> anderer <strong>Text</strong> schildert e<strong>in</strong>e ganz ähnliche<br />

Szene, <strong>in</strong> der Assurbanipalim Emašmaš, dem Tempel der Ištar <strong>von</strong> N<strong>in</strong>ive, auf den Knien liegend<br />

herzerweichend um göttliche Hilfe fleht. Da soll es der Gott Nabū gewesen se<strong>in</strong>, der den offensichtlich<br />

verängstigten <strong>und</strong> ganz <strong>und</strong> gar niedergeschlagenen König mit folgenden Worten aufzumuntern<br />

suchte: »Ich b<strong>in</strong> der Gott Nabû! Niemals mehr sollen Dir die Be<strong>in</strong>e versagen, niemals<br />

mehr die Hände zittern! Diese De<strong>in</strong>e Lippen sollen nicht müde werden, sich stets an mich zu<br />

wenden! (Dabei) soll die Zunge zwischen De<strong>in</strong>en Lippen nie gehemmt se<strong>in</strong>, denn ich werde Dir<br />

stets (die Gabe) wohlkl<strong>in</strong>gender Rede verleihen! Ich werde dafür sorgen, dass Du wieder erhobenen<br />

Hauptes <strong>und</strong> aufrecht im Tempel Emašmaš stehen kannst!« (A. Liv<strong>in</strong>gstone [1989] S. 33<br />

Nr. 137–12).<br />

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