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Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums

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Waren die Assyrer grausam?<br />

Hochbefriedigt zog Assurbanipal jetzt mit se<strong>in</strong>er Beute als siegreicher<br />

Held <strong>in</strong> die Stadt e<strong>in</strong>, ganz so, als sei er selber soeben aus dem Krieg heimgekehrt,<br />

<strong>und</strong> bahnte sich den Weg durch die sicherlich jubelnde Bevölkerung<br />

bis zum Tor der Zitadelle, auf der die wichtigsten Tempel <strong>und</strong><br />

die Königspaläste gen Himmel ragten. Vor dieser majestätischen Kulisse<br />

führte Assurbanipal e<strong>in</strong>e feierliche Opferzeremonie durch, <strong>in</strong> deren Verlauf<br />

er <strong>in</strong> Siegerpose se<strong>in</strong>en Bogen auf den Schädel <strong>des</strong> Te‘umman stellte<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Trankopfer über ihm ausgoss. 86<br />

Wie unendlich kostbar ihm se<strong>in</strong>e Trophäe war, lässt sich daran ersehen,<br />

dass man Assurbanipal selbst während se<strong>in</strong>er Mahlzeiten nicht dazu bewegen<br />

konnte, sich <strong>von</strong> ihr zu trennen. Während er mit se<strong>in</strong>er Gemahl<strong>in</strong><br />

speiste, h<strong>in</strong>g der Kopf an e<strong>in</strong>em Baum ganz <strong>in</strong> der Nähe, <strong>in</strong> Sichtweite<br />

zwar, jedoch mit gutem Gr<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>iger Entfernung zu den Schmausenden,<br />

denn nach e<strong>in</strong>em Transport über mehrere h<strong>und</strong>ert Kilometer <strong>und</strong><br />

den anschließenden Misshandlungen <strong>in</strong> N<strong>in</strong>ive dürfte er recht bald e<strong>in</strong><br />

den Umständen angemessenes Flair <strong>von</strong> Fäulnis <strong>und</strong> Verwesung verströmt<br />

haben. Der elamische Herrscher könnte se<strong>in</strong>em assyrischen Widersacher<br />

bei diesen Gelegenheiten gar noch e<strong>in</strong>en unfreiwilligen Dienst erwiesen<br />

haben, <strong>in</strong> dem er die Fliegen <strong>von</strong> der Tafel fortlockte. 87<br />

Man kann nur rätseln, <strong>in</strong> welchem Zustand sich dieses Leichenteil bef<strong>und</strong>en<br />

haben mag, als Assurbanipal sich mit ihm schließlich auf den Weg<br />

nach Arbela machte, um dort eben jener Ištar se<strong>in</strong>en Dank abzustatten,<br />

die ihm so viel Mühe <strong>und</strong> Gefahr erspart <strong>und</strong> gleichzeitig e<strong>in</strong>en solch<br />

gewaltigen Sieg beschert hatte. Dies sollte anlässlich jenes Akītu-Festes<br />

der Gött<strong>in</strong> geschehen, das im Monat Addāru, d. h. im Februar / März <strong>des</strong><br />

86 R. Borger [1996] S. 301f. Nr. 13–14 bzw. O. Kael<strong>in</strong> [1999] S. 121 TD A2 4–5 <strong>und</strong> S. 118 A1 9.<br />

Außerdem R. Borger [1996] S. 103 K. 2652 Z. 44–45 <strong>und</strong> S. 227 B § 38 mit E. Weissert [1997] S. 352<br />

bzw. O. Kael<strong>in</strong> [1999] S. 121 Anm. 280. Die Opferzeremonie ist diesselbe, die Assurbanipal über<br />

erlegten Löwen praktizierte, siehe E. Weissert [1997] S. 352f. mit H<strong>in</strong>weis auf Abbildungen. Zum<br />

Zitadellen-Tor, dem Ort <strong>des</strong> Geschehens, siehe wiederum J. Reade [1998–2001] S. 391 fig. 2 <strong>und</strong><br />

S. 398f. § 11. 2.<br />

87 R. D. Barnett, A. Lorenz<strong>in</strong>i [1975] Tafeln 169–171, R. D. Barnett [1976] LXIII–LXV. Glaubt<br />

man der Reliefabbildung, so wäre der Kopf ungeschützt, ganz ohne Konservierungsmaßnahmen<br />

nach Assyrien gebracht worden (R. D. Barnett, A. Lorenz<strong>in</strong>i [1975] Tafel 151). Demgegenüber<br />

wurde der Leichnam <strong>des</strong> Rebellen Nabû-bēl-šumāte ausdrücklich <strong>in</strong> Salz e<strong>in</strong>gelegt, bevor man ihn<br />

nach Assyrien transportierte (Borger [1996] S. 243 A § 62 A VII, 38–44).<br />

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