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literatur & film - Auslandsösterreicher-Weltbund

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Menschen als zwischen zwei Buchdeckeln.<br />

Ein Welterfolg wurde Stefan Zweigs<br />

„Schachnovelle“ mit Curd Jürgens in der<br />

Hauptrolle.<br />

Mit Fernsehserien wie „Ein echter Wiener<br />

geht nicht unter“ und „Kaisermühlen Blues“<br />

(nach Drehbüchern von Ernst Hinterberger)<br />

eroberten sich humoristische Verzerrungen<br />

des Kleine-Leute-Milieus ein Millionenpublikum<br />

im ORF. Nach Helmut Qualtingers<br />

„Herrn Karl“ etablierte sich Hinterbergers<br />

„Mundl“ als neuer, freilich harmloserer<br />

Prototyp des Wiener Kleinbürgers.<br />

Seit Kabel und Satellit, seit dem Fall des<br />

ORF-Monopols 2001 und dem Beginn des<br />

Privatfernsehens in Österreich wurde der<br />

Anteil rotweißroter Kunstware im Viel-Kanal-Angebot<br />

dezimiert. Folgerichtig begann<br />

eine politische Debatte, ob der ORF<br />

mit seinen Zwangsgebühren zusätzlich zu<br />

seinen Werbeeinnahmen seinen gesetzlichen<br />

Kulturauftrag noch adäquat erfüllt.<br />

Anders als die öffentlich-rechtlichen Sender<br />

in Deutschland, Frankreich oder Italien<br />

hat der ORF im Fernsehen keine speziellen<br />

Büchersendungen im Programm.<br />

Der arme Poet<br />

Alle paar Jahre bekommt ein Schriftsteller<br />

neben Kritiker-Lob einen Spitzenplatz im<br />

Verkauf. Das gelang etwa Erich Hackl mit<br />

der 1989 erschienenen Erzählung „Abschied<br />

von Sidonie“ (über die Zigeunerverfolgung<br />

des NS-Regimes) und Robert<br />

Schneider mit seinem Roman „Schlafes<br />

Bruder“ (1992, in 24 Sprachen übersetzt).<br />

Daniel Kehlmann, geboren 1975, sprengte<br />

alle Limits mit seinem Roman „Die Vermessung<br />

der Welt“ (2005), von dem 1,4<br />

Millionen Exemplare allein in deutscher<br />

Sprache verkauft wurden und den die New<br />

York Times an zweiter Stelle der weltweit<br />

meistverkauften Bücher des Jahres 2006<br />

führte.<br />

Wird in einer Buchhandlung nach österreichischer<br />

Literatur gefragt, bieten sich hunderte<br />

zeitgenössische Autoren und tausende<br />

Titel an, angefangen mit der Nobelpreisgewinnerin<br />

Elfriede Jelinek bis zu regionalen<br />

Literaturzeitschriften wie „Podium“<br />

(Niederösterreich) oder „Sterz“ (Steiermark).<br />

Ebenso stehen alte und neue Klassiker<br />

zur Auswahl, von Arthur Schnitzler bis<br />

Heimito von Doderer, von Stefan Zweig bis<br />

Thomas Bernhard, von Josef Weinheber<br />

bis H. C. Artmann. Der Buchhändler, der zu<br />

raten und helfen weiß, ist am Verschwinden<br />

– verdrängt von angelerntem Regalbetreuungspersonal<br />

in neuen Outlets von Buchhandelsketten.<br />

In den Buchhandlungen bleibt viel Neues<br />

unverkauft. Was aus österreichischen<br />

Kleinverlagen kommt, hat kaum eine<br />

Chance. Die Etats der Bibliotheken erlauben<br />

keine großen Sprünge, also bleibt viel<br />

Neues ungekauft. Österreich wäre mit<br />

Bibliotheken, bis zur Pfarrbibliothek im<br />

kleinsten Dorf, gut versorgt. Aber ein<br />

Buch, von dem alle Welt spricht, sucht<br />

man nicht in der öffentlichen Bibliothek,<br />

sondern bestellt es via Internet. Die Leser<br />

bleiben aus, wo nicht laufend in Neuanschaffungen<br />

investiert wird – wie in Wiens<br />

städtischen Büchereien.<br />

Mit dem aus Serbien gebürtigen, als Student<br />

nach Wien verschleppten Milo Dor<br />

(1923–2005) als Speerspitze erkämpfte<br />

die „Interessengemeinschaft österreichischer<br />

Autoren“ zahlreiche Verbesserungen<br />

ihrer Einkünfte und Altersversorgung.<br />

Nur vielleicht 50 Schreibende erreichen<br />

das Monatseinkommen eines mittleren<br />

Angestellten. Stipendien und Preise<br />

sind punktuelle Hilfen, die Hörspielabteilungen<br />

des Radios vergeben weit mehr<br />

Aufträge als das Fernsehen mit seinem<br />

Quotendruck. Die Honorare für Lesungen<br />

vor Publikum – für die selten ein Eintrittsgeld<br />

verlangt wird – wurden längst ein<br />

wichtiger Bestandteil der Autoreneinkommen,<br />

denn von durchschnittlichen Neuerscheinungen<br />

werden selten mehr als<br />

2.000 Stück verkauft.<br />

Der Kärntner Lyriker, Dramatiker, Erzähler und<br />

Hörspielautor Gert Jonke verstarb im Jänner.<br />

ROTWEISSROT www.weltbund.at<br />

© Jung und Jung Verlag/Ingrid Ahrer<br />

schwerpunkt-thema<br />

Literaturhäuser<br />

Österreich ist mit einem Netz von „Literaturhäusern“<br />

überzogen. Das erste wurde<br />

1962 von Wolfgang Kraus im Auftrag des<br />

damaligen Unterrichtsministers Heinrich<br />

Drimmel gegründet: die „Österreichische<br />

Gesellschaft für Literatur“ im Palais Wilczek<br />

in der Wiener Herrengasse. 1975<br />

folgte die Stadt Wien mit ihrem „Literarischen<br />

Quartier“ in der Alten Schmiede in<br />

der Schönlaterngasse. 1991 bekam die<br />

Standesvertretung der Schriftsteller (IG<br />

AutorInnen) von der Regierung ein Literaturhaus<br />

in der Wiener Seidengasse.<br />

In Graz hatten sich junge Künstler schon<br />

1959 ihr „Forum Stadtpark“ gegründet –<br />

mit Alfred Kolleritsch als literarischem<br />

Herbergsvater und Herausgeber der bis<br />

heute maßgeblichen österreichischen Literaturzeitschrift<br />

„manuskripte“. Dazu gibt es<br />

ein kommunales Literaturhaus und ein Dokumentationsarchiv<br />

mit dem Namen des<br />

steirischen Erzählers Franz Nabl (seinen<br />

Roman „Die Ortliebschen Frauen“ ver<strong>film</strong>te<br />

Luc Bondy). Klagenfurt hat sein Musil-<br />

Haus, das an die Universitätsgermanistik<br />

angekoppelt ist. Das Literaturhaus Mattersburg<br />

wurde von der Landesregierung<br />

eingerichtet, das „Unabhänge Literaturhaus<br />

Niederösterreich“ in Krems von<br />

einem Schriftstellerverein. Linz hat sein<br />

„Stifter-Haus“, Salzburg hat sein „Trakl-<br />

Haus“, Innsbruck sein „Brenner-Archiv“ an<br />

der Universität, das neuerdings als „Literaturhaus<br />

am Inn“ ausgeschildert ist. Vorarlbergs<br />

literarische Adresse wurde nach<br />

dem Lehrer und Schriftsteller Franz<br />

Michael Felder (1840–1880) benannt und<br />

ist Teil der Landesbibliothek.<br />

© Alte Schmiede<br />

Literarisches Quartier im Kunstverein Wien<br />

Alte Schmiede in der Schönlaterngasse.<br />

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