literatur & film - Auslandsösterreicher-Weltbund
literatur & film - Auslandsösterreicher-Weltbund
literatur & film - Auslandsösterreicher-Weltbund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Umso größer war dann die Überraschung,<br />
als der ORF am 7. Juni um 17 Uhr die erste<br />
Hochrechnung von SORA veröffentlichte<br />
und einen Verlust von fast 10 % für die<br />
SPÖ benannte. Auch die ÖVP hatte Stimmen<br />
verloren, wurde trotz etwas mehr als<br />
minus 3 % stimmenstärkste Partei und<br />
wird mit – nach wie vor – sechs Mandataren<br />
im EU-Parlament vertreten sein. Die<br />
SPÖ muss drei Mandate abgeben: die<br />
Verschiebung des dritten Mandats ergab<br />
sich erst durch die Auszählung der Wahlkarten.<br />
An dritter Stelle findet sich Hans-<br />
Peter Martin, der mit einem Zuwachs von<br />
3,7 % letztlich 17,7 % der Stimmen und<br />
damit drei Mandate erlangen konnte.<br />
Die FPÖ konnte mit einem Zuwachs von<br />
6,5 % ihren Anteil nahezu verdoppeln und<br />
liegt im Endergebnis mit 12,7 % und zwei<br />
Mandaten an vierter Stelle. Die Grünen<br />
müssen einen Verlust von 2,9 % verkraften,<br />
bleiben aber – nach wie vor – mit zwei<br />
Mandaten im EU-Parlament vertreten.<br />
Nicht geschafft hat es das BZÖ, das erstmals<br />
angetreten war: Mit 4,66 % der Stimmen<br />
wurde die Mindestgrenze um mehr<br />
als 1 % verfehlt.<br />
Sollte der – vom BZÖ vehement bekämpfte<br />
– Vertrag von Lissabon irgendwann in<br />
Kraft treten, so würde es gerade jener<br />
BZÖ doch noch einen Sitz im EU-Parlament<br />
bescheren, denn: Besagter Vertrag<br />
sieht eine Erhöhung der EU-Mandate vor,<br />
wodurch Österreich drei weitere in Brüssel<br />
bzw. Straßburg belegen könnte, eines davon<br />
ginge dann an den EU-Vertragsgegner<br />
BZÖ.<br />
Der Vorgängerregierung (Gusenbauer<br />
und Molterer) hatte man vorgeworfen, die<br />
beiden Koalitionspartner würden nur streiten,<br />
nicht arbeiten. Der jetzigen Regierung<br />
Feymann und Pröll, die angetreten war,<br />
„um gemeinsam zu arbeiten“, verpassten<br />
heimische Medien das Synonym „Kuschelkoalition“.<br />
Zu wenig Streit hatte es<br />
gegeben. Und all jene, die vorausgesehen<br />
hatten, SPÖ und ÖVP würden, als Nachwehen<br />
der EU-Wahl, nun aufeinander losgehen,<br />
sehen sich eines Besseren belehrt.<br />
Beide Parteien sind, von ein paar<br />
Ausnahmen abgesehen, zur Regierungsarbeit<br />
zurückgekehrt und gehen höflich<br />
miteinander um. Das wird sich aber möglicherweise<br />
im Herbst doch ändern, denn<br />
ROTWEISSROT www.weltbund.at<br />
ÖVP-Bundesparteiobmann und Vizekanzler Josef Pröll (li.), im Bild mit Spitzenkandidat<br />
Ernst Strasser, ging trotz Stimmenverlusten als Gewinner aus der EU-Wahl.<br />
sowohl in der SPÖ als auch in der ÖVP<br />
werden zunehmend Stimmen laut, man<br />
müsse sich stärker profilieren – und das<br />
müsse möglichst rasch geschehen, denn<br />
die nächsten Wahlen (siehe oben) stehen<br />
bevor.<br />
Und, worauf vielfach vergessen wird: Beide<br />
Parteien stellen, aufgrund eines Koalitionsvertrages,<br />
eine gemeinsame Regierung.<br />
Sie bleiben aber zwei eigenständige<br />
Parteien, die jeweils um die Führung des<br />
Landes kämpfen, und dies mit möglichst<br />
großem Vorsprung zur Nummer 2. Ein<br />
Gutteil der WählerInnen trifft nicht erst am<br />
Tag der nächsten Nationalratswahl die<br />
Entscheidung, wer ihrer Meinung nach das<br />
Land zu führen habe. Schon geraume Zeit<br />
vorher werden Positionierungen und Zukunftspläne<br />
der politischen Gruppen beobachtet,<br />
die sich – so schwer es für eine<br />
amtierende Koalition auch sein mag – von<br />
ihren Mitbewerbern deutlich zu unterscheiden<br />
hoffen. Solange nicht nur unser Land<br />
von der aktuellen Wirtschaftskrise gefordert<br />
ist, solange neben internationalen<br />
und europäischen auch nationale Kraftanstrengungen<br />
notwendig sind, werden Höf-<br />
Aktuell<br />
lichkeit und bemühte Sachlichkeit das innenpolitische<br />
Klima dominieren. Doch<br />
spätestens, wenn diese gemeinsame Hürde<br />
eines Tages überwunden sein wird,<br />
können sich SPÖ und ÖVP wieder in niedrigere<br />
Gefilde begeben, um den anderen<br />
zu überholen. Was sich derzeit jedenfalls<br />
keiner der Beteiligten leisten könnte, wäre<br />
der Bruch der Koalition und eine damit verbundene<br />
Neuwahl. Und es sieht auch nicht<br />
danach aus.<br />
Obwohl: Es wurde eben ein neuer innenpolitischer<br />
Schauplatz eröffnet – mit Spekulationen<br />
über mögliche Gegenkandidaten<br />
zu Bundespräsident Heinz Fischer,<br />
der, so sah es zu Redaktionsschluss dieser<br />
Ausgabe aus, für eine weitere Amtszeit<br />
ab dem Frühjahr 2010 zur Verfügung<br />
stehen will. Die SPÖ würde ihren Kandidaten<br />
jedenfalls wieder unterstützen. Sollten<br />
sich Ankündigungen aus ÖVP, FPÖ,<br />
BZÖ und von den Grünen bewahrheiten,<br />
jeweils eigene Kandidaten zu nominieren,<br />
wird es möglicherweise in Österreich zum<br />
zweiten Mal zu einem zweiten Wahlgang<br />
und einer Stichwahl bei einer Bundespräsidentenwahl<br />
kommen. �<br />
©: ÖVP / Jakob Glaser<br />
9