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Rio+20 Report - Terre des Hommes

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Jens Martens | Rio + 20<br />

Allerdings sind die Rio-Beschlüsse, und insbesondere die<br />

Agenda 21 nicht frei von inneren Widersprüchen. Denn während<br />

die Industrieländer dort einerseits einräumten, dass ihre<br />

Produktions- und Konsumweise hauptverantwortlich sei für<br />

die sich krisenhaft zuspitzenden globalen Umweltprobleme,<br />

galt andererseits wirtschaftliches Wachstum weiterhin als<br />

natürlicher Imperativ und die Liberalisierung <strong>des</strong> Handels als<br />

Königsweg hin zu mehr Entwicklung und Umweltschutz.<br />

Zugleich erteilten die Regierungen in Rio rein (zwischen-)<br />

staatlichen Lösungen eine Absage. Die Rio-Konferenz fand zu<br />

einem Zeitpunkt statt, an dem Viele die traditionelle Rolle <strong>des</strong><br />

Staates mit seiner starken Steuerungs- und Verteilungsfunktion<br />

zunehmend in Frage stellten. Zum einen hatte der Ideologiewechsel<br />

der Reagan/Thatcher-Ära mit seiner Hinwendung<br />

zum Primat der freien Marktwirtschaft in vielen Ländern seine<br />

Spuren hinterlassen, zum anderen waren kurz zuvor die<br />

osteuropäischen Zentralverwaltungswirtschaften zusammengebrochen.<br />

In diesem weltpolitischen Klima betonten die Regierungen<br />

in der Agenda 21 die besondere Rolle wichtiger gesellschaftlicher<br />

Gruppen, der sog. „major groups“. Darunter<br />

wurden so heterogene Gruppen wie Kinder und Jugendliche,<br />

Frauen, Bauern, indigene Völker, Kommunen, Gewerkschaften,<br />

Privatunternehmen, Wissenschaftler und nicht zuletzt<br />

nichtstaatliche Organisationen (Non-Governmental Organizations,<br />

NGOs) zusammengefasst. Unter der Überschrift<br />

„Stärkung der Rolle der Privatwirtschaft“ befasste sich die<br />

Agenda 21 ausdrücklich mit dem (positiven) Beitrag der Wirtschaft<br />

im Entwicklungsprozess und forderte:<br />

„Die Regierungen und die Wirtschaft einschließlich der transnationalen<br />

Unternehmen sollten verstärkt Partnerschaften<br />

bilden, um die Prinzipien und Kriterien einer nachhaltigen<br />

Entwicklung umzusetzen.“ 39<br />

Die Agenda 21 zeichnete damit die Richtung vor, in die<br />

sich der Diskurs über die Rolle nichtstaatlicher Akteure in<br />

der internationalen Politik in den darauffolgenden Jahren<br />

entwickelte. Für die Umsetzung der Agenda 21 und<br />

den Rio-Folgeprozess gewannen in den folgenden Jahren<br />

Multistakeholder-Ansätze zunehmend an Bedeutung, insbesondere<br />

in der Arbeit der UN-Kommission für nachhalti-<br />

UN-Sondergeneralversammlung<br />

„5 Jahre nach Rio“,<br />

23.-27. Juni in New York<br />

39 Agenda 21, Kap. 30, Pkt. 7 (UN Dok. A/CONF.151/26 (Band III), 30.7).<br />

14<br />

Kyoto-Protokoll auf der<br />

3. Vertragsstaatenkonferenz<br />

der Klimarahmenkonvention<br />

unterzeichnet<br />

Millenniumserklärung der<br />

Vereinten Nationen am<br />

8. September in New York<br />

verabschiedet<br />

ge Entwicklung (Commission on Sustainable Development,<br />

CSD). 1995 stellte der UN-Generalsekretär in einem Bericht<br />

an die CSD fest:<br />

“Enabling partnerships with major groups are one of the few<br />

guarantees that Agenda 21 possesses for its successful implementation.<br />

(…) it might be argued that the political and<br />

practical significance of the major groups concept has, to<br />

some degree, influenced the way individuals, organizations<br />

and institutions at all levels are looking at the economic and<br />

social challenges that are before humanity.“ 40<br />

Der Typ-2-Gipfel von Johannesburg<br />

Dieser Trend setzte sich in den folgenden Jahren fort und erreichte<br />

beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung (WSSD)<br />

im September 2002 in Johannesburg einen Höhepunkt. Zehn<br />

Jahre nach Rio war er gedacht als „Implementierungsgipfel”.<br />

Er sollte den Status der in Rio getroffenen Vereinbarungen<br />

überprüfen und weitere Maßnahmen für ihre Umsetzung<br />

sowie Gebiete, auf denen zusätzliche Anstrengungen nötig<br />

seien, identifizieren. Dies gelang allerdings nur unzureichend.<br />

Der sogenannte Durchführungsplan <strong>des</strong> Weltgipfels<br />

weist gravierende Lücken auf, etwa im Bereich erneuerbarer<br />

Energien oder bei der Einführung innovativer Finanzierungsinstrumente,<br />

weil ein Konsens unter den Regierungen nicht<br />

möglich war. Vor allem die US-Regierung unter ihrem neuen<br />

Präsidenten George W. Bush lehnte verbindliche Vereinbarungen<br />

ab und setzte statt<strong>des</strong>sen auf freiwillige Partnerschaften<br />

öffentlicher und privater Akteure.<br />

Derartige Partnerschaften bildeten als so genannte „Type-2-<br />

Outcomes“ einen integralen Bestandteil der Gipfelergebnisse<br />

von Johannesburg. 41 An den mehr als 300 Partnerschaften<br />

waren neben Regierungen und internationalen Organisationen<br />

auch hunderte von Unternehmen und NGOs beteiligt. 42<br />

40 UN Dok. E/CN.17/1995/9 vom 22. März 1995, Pkt. 2.<br />

41 Beim Johannesburg-Gipfel wurde zwischen den offiziellen zwischenstaatlichen<br />

Ergebnissen <strong>des</strong> Gipfels, d.h. der Abschussdeklaration und dem Durchführungsplan<br />

(„Type 1“), und den Partnerschaftsinitiativen („Type 2“) unterschieden.<br />

42 Das UN-Sekretariat hat eine Datenbank für diese Partnerschaften eingerichtet,<br />

s. http://webapps01.un.org/dsd/partnerships/public/welcome.do. Derzeit sind<br />

dort 349 Partnerschaften registriert (Stand: 31.1.2012).<br />

1997 1997 2000 2001 2001<br />

Doha-Verhandlungsrunde<br />

der WTO beginnt<br />

Gründung <strong>des</strong> deutschen<br />

Rates für nachhaltige<br />

Entwicklung

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