Rio+20 Report - Terre des Hommes
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<strong>des</strong> Südens wie Indien unterstützt, sondern auch von einigen<br />
westlichen Ländern, wie z.B. Norwegen.<br />
Dass es unter Regierungen bislang keinen Konsens über die<br />
Beförderung UNEPs zu einer UN-Sonderorganisation gibt,<br />
zeigt auch der <strong>Report</strong> <strong>des</strong> hochrangigen Nachhaltigkeitspanels<br />
<strong>des</strong> UN-Generalsekretärs (vgl. Kasten 3). Die 22 Mitglieder<br />
<strong>des</strong> Panels unter Vorsitz der Präsidenten Finnlands<br />
und Südafrikas konnten sich nicht auf die Unterstützung <strong>des</strong><br />
UNEO-Vorschlags verständigen und beließen es bei der lapidaren<br />
Empfehlung:<br />
“As international sustainable development policy is fragmented<br />
and, in particular, the environmental pillar is weak, UNEP<br />
should be strengthened.“ 115<br />
Ähnlich ambivalent ist auch die Haltung der NGOs. Umweltorganisationen<br />
wie der BUND und das Europäische Umweltbüro<br />
(EEB) fordern ausdrücklich das „Upgrade“ von UNEP zu<br />
einer UN-Sonderorganisation. Andere NGOs vermeiden eine<br />
klare institutionelle Festlegung, unterstützen aber generell<br />
die Stärkung von UNEP. So spricht sich beispielsweise das<br />
Third World Network dafür aus, das Mandat von UNEP zu erweitern<br />
und seine finanziellen Ressourcen zu erhöhen. UNEP<br />
solle vor allem Entwicklungsländer bei der Umsetzung ihrer<br />
Nachhaltigkeitsagenden unterstützen und die Koordination<br />
zwischen den diversen Umweltinstitutionen auf internationaler<br />
wie nationaler Ebene verbessern. 116<br />
Einige NGOs wie auch Regierungsvertreter <strong>des</strong> Südens haben<br />
Bedenken, dass die Stärkung von UNEP zu einem Ungleichgewicht<br />
zwischen den Umwelt- und Entwicklungsinstitutionen<br />
<strong>des</strong> UN-Systems führen könnte. Warum sollte das Umweltprogramm<br />
der UN zu einer Sonderorganisation aufgewertet<br />
werden, nicht aber das Entwicklungsprogramm UNDP? 117<br />
Diese Argumentation verkennt allerdings, dass bereits heute<br />
erhebliche Machtdiskrepanzen zwischen den globalen Wirtschafts-,<br />
Sozial- und Umweltorganisationen bestehen. Im<br />
gegenwärtigen UN-System mit machtvollen Institutionen wie<br />
der Weltbank und dem IWF aber auch einflussreichen Sonderorganisationen<br />
wie ILO, FAO, WHO und UNESCO ist UNEP<br />
derzeit das schwächste Glied. Seine Aufwertung zu einer<br />
Sonderorganisation könnte dazu beitragen, das Machtgefälle<br />
zu reduzieren – vorausgesetzt, die neue UNEO wird mit den<br />
notwendigen Kompetenzen und Finanzmitteln ausgestattet.<br />
115 United Nations Secretary-General’s High-level Panel on Global Sustainability<br />
(2012), Empfehlung 47.<br />
116 Vgl. Third World Network (2011).<br />
117 Derartige Bedenken äußert beispielsweise das South Centre in seiner<br />
Stellungnahme zu <strong>Rio+20</strong>, vgl. South Centre (2011).<br />
Die Rio + 20-Agenda<br />
Die Stärkung der Umwelt-Säule im UN-System kann allerdings<br />
nicht die Kohärenzprobleme in der internationalen Politik und<br />
die fortbestehende „Silo-Mentalität“ in den einzelnen Disziplinen<br />
(Wirtschaft, Finanzen, Entwicklung, Umwelt, Menschenrechte,<br />
etc.) überwinden. Dazu wäre ein sektorübergreifen<strong>des</strong><br />
Nachhaltigkeitsgremium der UN nötig, das, anders als<br />
die bisherige CSD, über politische Steuerungs- und Entscheidungskompetenzen<br />
verfügt.<br />
Von der CSD zum UN-Nachhaltigkeitsrat?<br />
Bislang gibt es im internationalen Institutionengefüge kein<br />
universelles Gremium, in dem die ökologischen, sozialen und<br />
ökonomischen Herausforderungen der Welt und ihre Wechselwirkungen<br />
gemeinsam erörtert, politische Schlussfolgerungen<br />
gezogen, Entscheidungen koordiniert und ihre Umsetzung<br />
kontrolliert werden.<br />
Die CSD hätte im Rio-Folgeprozess eine solche Funktion<br />
übernehmen können, erhielt aber von den Regierungen weder<br />
das Mandat noch das politische Instrumentarium dafür.<br />
Angesichts ihrer Unzulänglichkeiten und der fortbestehenden<br />
Governance-Lücke an der Schnittstelle globaler Wirtschafts-,<br />
Sozial- und Umweltpolitik wurden nach dem Erdgipfel von<br />
Rio zahlreiche Reformvorschläge entwickelt. Dazu gehörte<br />
beispielsweise das Modell einer Weltorganisation für Umwelt<br />
und Entwicklung – auch als Alternative zu den auf den Umweltbereich<br />
beschränkten UNEO/WEO-Ideen. 118 Derart weitreichende<br />
Initiativen waren in den UN jedoch politisch nicht<br />
mehrheitsfähig.<br />
Pragmatischere Ansätze setzen im Vorfeld der <strong>Rio+20</strong>-Konferenz<br />
nun bei einer Stärkung der CSD bzw. <strong>des</strong> ECOSOC an.<br />
In der Diskussion sind derzeit eine Vielzahl von Reformoptionen.<br />
119 Das Spektrum reicht von der schrittweisen institutionellen<br />
Stärkung der bestehenden CSD bis zur Gründung<br />
eines neuen Nachhaltigkeitsrates als Hauptorgan der UN,<br />
der dem Sicherheitsrat ebenbürtig wäre. Allerdings würden<br />
kleinteilige interne Reformen von Struktur und Arbeitsweise<br />
der CSD nichts an der schwachen politischen Stellung und<br />
dem begrenzten Handlungsspielraum der Kommission ändern<br />
und wären keine Antwort auf die bestehenden Governance-<br />
Defizite. Auf der anderen Seite würde die Schaffung eines<br />
„Nachhaltigkeits-Sicherheitsrates“ als Hauptorgan der UN<br />
eine Änderung der Charta der Vereinten Nationen erforderlich<br />
machen. Für sie wären eine Zweidrittelmehrheit in der Generalversammlung<br />
und die Zustimmung der ständigen Mitglieder<br />
<strong>des</strong> Sicherheitsrates, einschließlich der Ratifizierung durch<br />
118 Vgl. Biermann/Simonis (1998).<br />
119 Vgl. dazu z.B. Beisheim/Lode/Simon (2011) und Strandenaes (2011).<br />
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